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Azathoth - Vermischte Schriften

Azathoth - Vermischte Schriften

Titel: Azathoth - Vermischte Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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Toten der Welt seinen Festschmaus hält.

Essays

Autobiographie. Einige Anmerkungen zu  einer Null
    Mit Fußnoten von August W. Derleth [Der verstorbene H. P.
    Lovecraft hat zahlreiche autobiographische Äußerungen zu Papier gebracht - seine Briefe wimmeln davon -, doch sind seine
    »Anmerkungen zu einer Null. die längste und einer förmlichen Autobiographie am nächsten kommende Darstellung, die er je abfaßte. Sie ist mit dem 23. November 19 3 3 datiert, weniger als vier Jahre vor seinem Tod also. Damals hatte Lovecraft bereits den Großteil seines schöpferischen Werkes abgeschlossen; und wirklich wurde ja nur eine einzige seiner wichtigsten Geschichten - »Der leuchtende Trapezoeder« - nach diesem autobiographischen Zeugnis verfaßt, wiewohl auch die gemeinsam mit Kenneth Sterling geschriebene Erzählung »In den Mauern von Eryx« wie »Der leuchtende Trapezoeder« aus dem Jahre 193 j stammt. Was nach der Autobiographie unter Lovecrafts Namen gedruckt wurde, sind bis dahin unveröffentlichte frühere Erzählungen; dazu gehören »Berge des Wahnsinns«, »Der Fall Charles Dexter Ward«,
    »Psychopompos«, »Der Schatten aus der Zeit«, »Schatten über Innsmouth« und »Das Ding auf der Schwelle«. »Einige Anmerkungen zu einer Null« ist folglich eine ziemlich abgeschlossene Darstellung. Meine Anmerkungen folgen der Darstellung in Form von Fußnoten. A. W. D.] Für mich liegt die Hauptschwierigkeit beim Schreiben einer Autobiographie darin, etwas von genügender Wichtigkeit aufzuspüren, das sich lohnt, festgehalten zu werden.1 Mein Leben ist so still, so ereignislos und so unauffällig verlaufen, daß es, zu Papier gebracht, bestenfalls erbärmlich glanzlos und fade erscheinen muß.
    Ich wurde am 10. August 1890 in Providence, Rhode Island, geboren, und dort habe ich auch, von zwei kleineren Unterbrechungen abgesehen, mein ganzes Leben verbracht.

    Mütterlicherseits stamme ich aus einer alten Familie in Rhode Island, väterlicherseits von Einwanderern aus Devonshire, die seit 1827 im Staat New York ansässig waren.2 Die Interessen, die mich zur phantastischen Literatur hinführten, traten schon frühzeitig zutage, denn so weit ich mich klar zurückerinnern kann, haben seltsame Erzählungen und Einfälle mich stets sehr angezogen, desgleichen der Anblick uralter Gegenstände.
    Niemals hat mich wohl etwas stärker fasziniert als der Gedanke an merkwürdige Störungen alltäglicher Naturgesetze oder an das ungeheuerliche Eindringen unbekannter Wesen aus einem grenzenlosen Draußen in unsere Welt.3 Als ich etwa drei Jahre alt war, lauschte ich begierig den bekannten Kindermärchen.
    Die Märchen der Gebrüder Grimm gehörten zu meiner ersten Lektüre im Alter von vier Jahren. Im Alter von fünf Jahren geriet ich in den Bann von »Tausendundeine Nacht«, und stundenlang konnte ich Araber spielen - ich nannte mich »Abdul Alhazred«, weil mir ein netter Erwachsener erklärt hatte, das sei ein typisch sarazenischer Name. Erst Jahre später kam mir der Einfall, Abdul Alhazred in das Milieu des 8.
    Jahrhunderts zu verpflanzen und ihm das gefürchtete und unaussprechliche Ne cronomicon zuzuschreiben!
    Aber nicht nur Bücher und Sagen beschäftigten meine Phantasie. In den alten hügeligen Straßen meiner Heimatstadt, wo mit gefächerten Oberlichten ausgestattete Türen im Kolonialstil, winzige Fenster und anmutige Dachfirste aus der Zeit König Georgs den Glanz des achtzehnten Jahrhunderts lebendig erhalten, verspürte ich einen Zauber, der damals wie heute schwer zu erklären ist. Der Sonnenuntergang über den weithingebreiteten Dächern, wie er sich von der Aussicht des größten Hügels aus bot, besaß für mich eine besondere Bedeutung.4 Ehe es mir noch zu Bewußtsein gekommen war, hatte mich das achtzehnte Jahrhundert unwiderstehlicher gefangengenommen, als es dem Held von Berkeley Square je passiert war, und darum auch hockte ich auf dem Dachboden stundenlang über den längst aus der Bibliothek unten verbannten Büchern mit den alten, langen »s« und machte mir ganz unbewußt den Stil Popes und Dr. Johnsons als natürliche Ausdrucksweise zu eigen. Diese Versenkung wirkte um so nachhaltiger, als mein schlechter Gesundheitszustand mir den Schulbesuch nur selten und unregelmäßig erlaubte. Dadurch fühlte ich mich als Zeitgenosse irgendwie fehl am Platze und stellte mir folglich die Zeit als mystisches, verheißungsvolles Etwas vor, das alle möglichen unerwarteten Wunder in sich bergen mochte.5 Auch die Natur

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