Azathoth - Vermischte Schriften
Meinung nach gibt es vier deutlich unterschiedene Typen unheimlicher Geschichten: einen, welcher eine Stimmung oder ein Gefühl ausdrückt; einen anderen, der ein bildliches Konzept, einen dritten, welcher eine allgemeine Situation, einen Zustand, eine Erläuterung oder ein intellektuelles Konzept ausdrückt; und einen vierten, welcher eine bestimmte dramatische Szene, eine spezifische dramatische Situation oder einen dramatischen Höhepunkt erklärt. Anders gesagt, man kann unheimliche Geschichten grob in zwei Kategorien einteilen -
diejenigen, in denen sich das Wunder oder das Grauen auf einen Zustand oder eine Naturerscheinung bezieht, und diejenigen, in denen es sich auf ein Handeln von Personen im Zusammenhang mit einem ausgefallenen Zustand oder einer Naturerscheinung bezieht.
Jede unheimliche Geschichte - speziell die Gruselgeschichte scheint fünf bestimmte Elemente zu umfassen: (a) ein fundamentales Grauen oder eine Abnormität - eine Situation, ein Wesen usw. -, (b) die allgemeinen Auswirkungen oder die Tragweite des Grauens, (c) die Art und Weise, wie es sich manifestiert - das Objekt, welches das Grauen und die beobachteten Naturerscheinungen verkörpert - , (d) die Typen der Furchtreaktion, die sich auf das Grauen beziehen, und (e) die spezifischen Auswirkungen des Grauens in bezug auf die jeweilige Situation.
Beim Verfassen einer unheimlichen Geschichte achte ich stets darauf, die richtige Stimmung und Atmosphäre zu erzielen und das hervorzuheben, was hervorgehoben werden soll. Außer in infantiler schwindelhafter Groschenheftliteratur läßt sich die Schilderung unmöglicher, unwahrscheinlicher oder undenkbarer Naturerscheinungen nicht als alltägliche Erzählung objektiver Handlungen und konventioneller Gefühle darbieten.
Unvorstellbare Ereignisse und Umstände müssen nämlich ein besonderes Handikap überwinden, und das läßt sich nur erreichen, wenn man in jedem Stadium der Geschichte außer einem, das das eine als gegeben genommene Wunder anbelangt, auf striktesten Realismus achtet. Dieses Wunder jedoch muß sehr eindrücklich und wohlbedacht behandelt werden - mit einem sorgfältigen, gefühlsmäßigen "Aufbau" -, andernfalls wirkt es flach und wenig überzeugend.
Da es in der Geschichte die Hauptsache ist, sollte sein bloßes Vorhandensein die Charaktere und Ereignisse überschatten. Die Charaktere und Ereignisse müssen jedoch stimmig und natürlich sein außer dort, wo sie mit dem einen Wunder zu tun haben.
Inbezug auf das zentrale Wunder sollten die Charaktere dieselbe überwältigende Gemütsbewegung zeigen, die ähnliche Charaktere für ein solches Wunder im wirklichen Leben zeigen würden. Ein Wunder darf nie als selbstverständlich genommen werden. Selbst wenn anzunehmen ist, daß die Gestalten an das Wunder gewöhnt sind, versuche ich, eine Atmosphäre von Ehrfurcht und Eindrücklichkeit zu weben, die dem entspricht, was der Leser empfinden soll. Ein beiläufiger Stil ist der Ruin jedweder ernsthaften Phantastik.
Atmosphäre, nicht die Handlung ist das große Desiderat in der unheimlichen Literatur. Eine Geschichte von einem Wunder kann fürwahr nie etwas anderes sein als ein lebendiges Bild einer bestimmten Art menschlicher Stimmung. Sobald sie etwas anderes zu sein versucht, wird sie billig, infantil, ohne Überzeugungskraft. Der Nachdruck sollte primär auf raffinierte Andeutung gelegt werden - kaum wahrnehmbare Andeutungen und ein Hauch sparsamer assoziativer Einzelheiten, die Stimmungsschattierungen ausdrücken und eine vage Illusion der seltsamen Wirklichkeit des Unwirklichen aufbauen. Man vermeide bloße Kataloge unglaublicher Ereignisse, die weder Substanz noch Bedeutung haben können, abgesehen von einem alles überziehenden Schleier von Farbe und Symbolik.
Das sind die Regeln oder Normen, denen ich - bewußt oder unbewußt - seit der Zeit gefolgt bin, da ich ernsthaft begann, phantastische Literatur zu schreiben. Daß meine Anstrengungen von Erfolg gekrönt sind, mag man bezweifeln - doch bin ich mir sicher, daß sie, hätte ich die Überlegungen außer acht gelassen, die ich in den letzten Absätzen anführe, weit schlimmer ausgefallen wären, als es der Fall ist.
Einige Anmerkungen zu interplanetarischen Erzählungen
Trotz der derzeitigen Flut von Geschichten, die sich mit anderen Welten und Universen befassen und mit wagemutigen Flügen durch kosmische Weiten zu und von ihnen, ist es wohl keine Übertreibung zu behaupten, daß nicht mehr als ein halbes
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