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Dunkle Rosen: Roman (German Edition)

Dunkle Rosen: Roman (German Edition)

Titel: Dunkle Rosen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Prolog
    Memphis, Tennessee
Dezember 1892
     
    Sie kleidete sich sorgfältig an und achtete dabei so genau auf Einzelheiten ihrer Erscheinung, wie sie es seit Monaten nicht mehr getan hatte. Ihre Kammerzofe war schon vor Wochen davongelaufen, und sie konnte und wollte keine neue einstellen. Also verbrachte sie selbst eine Stunde mit der Brennschere – wie in den Jahren, bevor sie von vorn und hinten bedient worden war – und kräuselte und frisierte ihr frisch gewaschenes Haar mit peinlicher Genauigkeit.
    Im Laufe des langen, trüben Herbstes hatte es seinen hellen Goldschimmer verloren, doch sie wusste, welche Mittelchen und Wässerchen seinen Glanz zurückbringen würden, in welche Tiegelchen sie greifen musste, um falsches Rot auf ihre Wangen, ihre Lippen zu legen.
    Sie kannte alle Tricks. Wie sonst hätte sie einen Mann wie Reginald Harper auf sich aufmerksam machen können? Wie sonst hätte sie ihn dazu bringen können, sie zu seiner Geliebten zu machen?
    Sie würde erneut auf alle diese Tricks zurückgreifen, dachte Amelia, um ihn noch einmal zu bezirzen, damit er tat, was getan werden musste.
    Er war nicht gekommen – in all dieser Zeit, all diesen Monaten war er nicht zu ihr gekommen. So war sie gezwungen gewesen, ihm an seine Geschäftsadressen Nachrichten zu senden, in denen sie ihn anflehte, sie aufzusuchen. Er hatte sie ignoriert.
    Ignoriert, nach allem, was sie getan hatte, nach allem, was sie gewesen war, nach allem, was sie verloren hatte.
    Was war ihr anderes übrig geblieben, als ihm weitere Zeilen
zu schreiben, und zwar nach Hause? An das große Harper House, in dem seine bleiche Gattin das Regiment führte. In das eine Geliebte niemals einen Fuß setzen konnte.
    Hatte sie ihm nicht alles gegeben, was er sich wünschen, was er begehren konnte? Sie hatte ihren Körper feilgeboten für die komfortable Einrichtung dieses Hauses, für die Annehmlichkeit von Hauspersonal, für den Tand wie die Perlenohrgehänge, die sie nun an ihren Ohren befestigte.
    Kein hoher Preis für einen Mann von seinem Format und seinem Reichtum, und darauf hatte sich einst ihr Ehrgeiz beschränkt. Sie hatte nur einen Mann gewollt und das, was er ihr geben konnte. Doch er hatte ihr mehr geschenkt, als einer von ihnen beiden erwartet hatte. Der Verlust davon war mehr, als sie ertragen konnte.
    Warum war er nicht gekommen, um sie zu trösten? Um mit ihr zu trauern?
    Hatte sie sich jemals beklagt? Hatte sie ihn je im Bett abgewiesen? Oder auch nur einmal die anderen Frauen erwähnt, die er sich hielt?
    Sie hatte ihm ihre Jugend geopfert und ihre Schönheit. Und, so wie es aussah, ihre Gesundheit.
    Und nun würde er sie im Stich lassen? Sich von ihr abwenden  – jetzt?
    Sie sagten, das Baby sei bei der Geburt nicht am Leben gewesen. Eine Totgeburt, hatte es geheißen. Ein tot geborenes Mädchen, das in ihr gestorben war.
    Aber …
    Hatte sie nicht gespürt, wie es sich bewegte? Gespürt, wie es trat und unter ihrem Herzen lebendig wurde? In ihrem Herzen. Dieses Kind, das sie nicht gewollt hatte, das ihr Ein und Alles geworden war. Ihr Leben. Der Sohn, den sie in sich großzog.
    Der Sohn, der Sohn, dachte sie nun, während ihre Finger an den Knöpfen ihres Gewandes zupften. Immer wieder formten ihre angemalten Lippen diese Wörter.
    Sie hatte ihn schreien gehört. Ja, ja, sie war sich sicher. Manchmal hörte sie ihn immer noch schreien, in der Nacht, er schrie nach ihr, damit sie kam und ihn tröstete.
    Doch wenn sie ins Kinderzimmer ging, in das Bettchen schaute, war es leer. So leer wie ihr Mutterschoß.
    Sie sagten, sie sei verrückt. Oh, sie hörte, was die Dienstboten, die noch übrig waren, flüsterten; sie sah, wie sie sie anschauten. Doch sie war nicht verrückt.
    Nicht verrückt, nicht verrückt, dachte sie, als sie in dem Schlafzimmer auf und ab lief, das sie einst wie einen Palast der Sinnlichkeit behandelt hatte.
    Nun wurde die Bettwäsche nur noch selten gewechselt, und die Vorhänge waren stets fest zugezogen, um die Stadt auszusperren. Und es verschwanden Dinge. Ihre Dienstboten waren Diebe. Oh, sie wusste, dass sie Diebe und Halunken waren. Und Spione.
    Sie beobachteten sie, und sie flüsterten.
    Eines Nachts würden sie sie in ihrem Bett umbringen. Eines Nachts.
    Vor lauter Angst davor konnte sie nicht schlafen. Konnte nicht schlafen wegen der Schreie ihres Sohnes in ihrem Kopf. Er rief nach ihr. Rief nach ihr.
    Sie war zu der Voodoo-Priesterin gegangen, erinnerte sie sich selbst. War zu ihr gegangen, um

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