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Azathoth - Vermischte Schriften

Azathoth - Vermischte Schriften

Titel: Azathoth - Vermischte Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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sobald ich sie gelesen hatte, schon zuvor gekannt zu haben schien.
    Jetzt, da ich diese Worte schreibe, liegt der Schlüssel vor mir.
    Ich blicke ihn an mit einer Mischung aus Abscheu und Sehnsucht und finde keine Worte, sein Aussehen zu
    beschreiben. Er ist von demselben leicht grünlich angehauchten Metall wie das Schloß, ein Metall, das man am besten mit von Grünspan überzogenem Messing vergleicht. Seine Form ist fremdartig und phantastisch, und das sargförmige Ende der gewaltigen Form läßt keinen Zweifel über das Schloß zu, in das es passen sollte. Der Griff bildet grob ein seltsames, nichtmenschliches Bild, dessen exakte Umrisse und
    Beschaffenheit jetzt nicht zu verfolgen sind. Wenn ich ihn längere Zeit halte, scheine ich ein fremdartiges, anormales Leben in dem kalten Metall zu spüren -, eine Beschleunigung oder ein Pulsieren, die für ein gewöhnliches Erkennen zu schwach sind.
    Unterhalb des Abbildes ist eine schwache, in Äonen verblaßte Inschrift in diesen gotteslästerlichen, chinesisch aussehenden Hieroglyphen angebracht, die ich mittlerweile so gut kenne. Ich kann nur den Anfang ausmachen - die Worte: »Meine Rache lauert...«-, dann wird der Text unleserlich. In diesem rechtzeitigen Auffinden des Schlüssels liegt eine gewisse Schicksalhaftigkeit denn morgen nacht ist der höllische Sabbat.

    Merkwürdigerweise jedoch, unter all dieser entsetzlichen Gespanntheit aufkommende Dinge, gibt mir der Name Sieght immer mehr Anlaß zu Beunruhigung. Warum sollte ich fürchten, ihn mit dem der van der Heyls verknüpft zu finden?
    Walpurgisnacht, 30. April Die Zeit ist gekommen. Ich bin letzte Nacht aufgewacht, um den Schlüssel in einer grellen grünlichen Strahlung leuchten zu sehen dasselbe morbide Grün, das ich in den Augen und der Haut gewisser Porträts hier gesehen habe, auf dem schockierenden Schloß und Schlüssel, den monströsen Menhirs des Hügels und in tausend anderen Kammern meines Bewußtseins. In der Luft lag durchdringendes Geflüster - ein zischendes Pfeifen wie das des Windes um den gräßlichen druidischen Opferstein.
    Etwas sprach zu mir aus dem fernen Äther des Weltraums und sagte: »Die Stunde naht.« Das ist ein Omen, und ich lache über meine eigenen Ängste. Habe ich nicht die gefürchteten Schwerter und die Sieben Versunkenen Zeichen des Grauens -
    die Macht, die jeden Bewohner des Kosmos oder der
    unbekannten dunklen Räume bezwingen kann? Es gibt für mich kein Zögern mehr.
    Der Himmel ist tiefdunkel, als stünde ein heftiger Sturm bevor - ein Sturm noch heftiger als in jener Nacht, in der ich vor nahezu vierzehn Tagen hier ankam. Aus dem Dorf, weniger als eineinhalb Kilometer entfernt, vernehme ich ein seltsames und ungewohntes Gemurmel. Es ist, wie ich vermutet habe - diese armen Idioten sind in das Geheimnis eingeweiht und halten auf dem Hügel den entsetzlichen Sabbat ab.
    Hier im Haus sammeln sich die Schatten dicht an dicht. In der Dunkelheit leuchtet der Himmel vor mir beinahe in einem grünen Eigenlicht. Ich war noch nicht im Keller. Ich warte lieber, damit die Geräusche dieses Murmelns und
    Umherschlurfens dieses Gleiten und die gedämpften
    Schwingungen - mir nicht die Nervenkraft rauben, ehe ich die schicksalhafte Tür aufschließen kann.

    Auf was ich treffen werde und was ich zu tun habe, davon habe ich nur eine ganz unbestimmte Vorstellung. Werde ich meine Aufgabe schon im Gewölbe finden, oder muß ich tiefer in das umnachtete Herz unseres Planeten eindringen? Es gibt einiges, was ich nicht verstehe - oder zumindest nicht zu verstehen vorziehe -, trotz eines entsetzlichen, wachsenden und unerklärlichen Gefühls früherer Vertrautheit mit dem fürchterlichen Haus. Die Rutsche zum Beispiel, die aus dem kleinen verschlossenen Raum in die Tiefe führt. Ich glaube aber zu wissen, warum sich der Flügel mit dem Gewölbe bis auf den Hügel zu erstreckt.
    6 Uhr nachmittags Als ich durch die Nordfenster sehe, erblicke ich eine Gruppe von Dorfbewohnern auf dem Hügel.
    Sie scheinen nichts davon zu merken, daß der Himmel immer tiefer herabsinkt, und graben in der Nähe des großen zentralen Opfersteins. Mir wird klar, daß sie an der steingefaßten hohlen Stelle arbeiten, die aussieht wie ein vor langer Zeit eingestürzter Tunneleingang. Was wird geschehen? Wieviel von den alten Sabbatriten haben diese Leute beibehalten? Der Schlüssel glüht entsetzlich - das ist keine Einbildung. Wage ich es, ihn so zu benützen, wie er benützt werden muß? Etwas anderes hat

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