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Azathoth - Vermischte Schriften

Azathoth - Vermischte Schriften

Titel: Azathoth - Vermischte Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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Mexico auf eine Menschenjagd von Ungewisser Dauer entsenden zu lassen.
    Die Angelegenheit war jedoch so dringend, daß sich McComb für berechtigt hielt, mich aufzufordern, umgehend aufzubrechen; und ich meinerseits entschied, wenn ich mich rasch fügte, daß es sich auf mein zukünftiges Verhältnis zur Gesellschaft auswirken würde.
    Ich sollte noch in der Nacht losfahren und den Privatwagen des Aufsichtsratspräsidenten bis nach Mexico City benutzen.
    Von dort mußte ich dann die Schmalspurbahn zu den
    Bergwerken nehmen.
    Jackson, der Direktor von Nr. 3, würde mich bei meiner Ankunft über alle Einzelheiten informieren und mir jeden nur möglichen Hinweis liefern. Dann sollte die Suche beginnen - in den Bergen, an der Küste oder in den Nebenstraßen von Mexico City, je nachdem. Ich brach mit der grimmigen Entschlossenheit auf, die Sache so schnell wie möglich hinter mich zu bringen -
    und zwar erfolgreich - , und tröstete mich mit Vorstellungen von einer frühen Rückkehr mit den Papieren und dem Schuldigen und einer Hochzeit, die beinahe einem Triumphzug glich.
    Nachdem ich meine Familie, meine Verlobte und die
    wichtigsten Freunde benachrichtigt und hastige Vorbereitungen für die Reise getroffen hatte, traf ich Präsident McComb um acht Uhr abends an der Endstation der Southern Pacific, erhielt von ihm einige schriftliche Anweisungen und ein Scheckheft und brach um 8.15 Uhr in seinem an den ostwärts fahrenden Transkontinentalzug angehängten Waggon auf. Die Reise zeichnete sich durch Ereignislosigkeit aus, und nach einer ausgedehnten Nachtruhe genoß ich den Luxus des privaten Waggons, der mir so entgegenkommenderweise zur Verfügung gestellt worden war. Ich las meine Anweisungen sorgfältig durch und legte mir Pläne zurecht, wie Feidon zu fassen und die Unterlagen zu retten seien. Ich kannte die Gegend um Tlaxcala recht gut - vielleicht weit besser als der Flüchtige - und hatte daher bei meiner Suche gewisse Vorteile, es sei denn, er hatte bereits per Eisenbahn die Flucht ergriffen.
    Meinen Instruktionen zufolge hatte Feidon Direktor Jackson schon seit geraumer Zeit Anlaß zu Besorgnis gegeben. Er hatte eigenmächtig gehandelt und zu nachtschlafender Zeit ohne guten Grund im Labor der Firma gearbeitet. Es bestand der begründete Verdacht, daß er mit einem mexikanischen Aufseher und mehreren Personen in Erzdiebstähle verwickelt war, und wenn auch die Einheimischen entlassen worden waren, so reichten die Beweise nicht aus, um gegen den raffinierten Angestellten offen Maßnahmen ergreifen zu können. Trotz seiner Heimlichtuerei schien die Haltung des Mannes mehr von Trotz als von Schuld zu zeugen. Er hegte Ressentiments gegen die Firma und redete, als betrüge die Firma ihn und nicht umgekehrt. Daß er von seinen Kollegen offensichtlich überwacht wurde, schrieb Jackson, schien ihn zunehmend zu irritieren. Und jetzt war er mit allem, was einigermaßen Wichtigkeit besaß, aus dem Büro verschwunden. Es gab überhaupt keine Anhaltspunkte, wo er sich befinden mochte, obzwar Jacksons letztes Telegramm auf die wilden Abhänge der Sierra de Malinche hinwies, jenen hochaufragenden, mythenumrankten Gipfel mit dem Umriß einer Leiche. Aus diesem Gebiet sollten auch die diebischen Eingeborenen stammen.
    In El Paso, das wir in der folgenden Nacht um zwei Uhr erreichten, wurde mein Privatwagen von dem transkontinentalen Zug abgehängt und an eine Lokomotive angekoppelt, die ihn, wie telegraphisch angewiesen, nach Mexico City im Süden ziehen sollte. Ich schlummerte bis zum Tagesanbruch weiter, und den ganzen nächsten Tag langweilte mich die flache Wüstenlandschaft von Chilhuahua. Die Eisenbahner hatten mir gesagt, wir würden Freitag mittag in Mexico City eintreffen, aber ich erkannte bald, daß die zahllosen Aufenthalte wertvolle Stunden verschlangen. Wir mußten entlang der ganzen eingleisigen Strecke auf Abstellgleisen warten, und ab und zu brachte ein heißgelaufenes Lager oder eine andere Schwierigkeit den Fahrplan noch mehr durcheinander.
    In Torreon hatten wir sechs Stunden Verspätung, und es war beinahe acht Uhr. Am Freitag abend - unser Plan war um volle zwölf Stunden überzogen - erklärte sich der Lokomotivführer bereit, schneller zu fahren, um etwas Zeit aufzuholen. Meine Nerven waren angespannt, ich konnte aber nichts anderes tun, als vor Verzweiflung im Waggon auf und ab zu gehen.
    Schließlich mußte ich entdecken, daß die höhere
    Geschwindigkeit teuer erkauft worden war, denn innerhalb einer

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