Azathoth - Vermischte Schriften
verfügt -, war es ungefähr zu dieser Zeit, daß Corey in einem Journal oder Tagebuch, das er angelegt hatte, verstörende Anmerkungen niederzuschreiben begann. In einem Notizheft, in dem er allein sein schöpferisches Leben aufzeichnete. Chronologisch passen diese Anmerkungen hier in die Darstellung der Umstände, unter denen Jeffrey Corey seine letzten Monate verbrachte.
» 7. März. Ein recht seltsamer Traum letzte Nacht. Etwas zwang mich, die Meeresgöttin zu taufen. Am Morgen stellte ich fest, daß die Plastik um Kopf und Schulter feucht war, als hätte ich es wirklich getan. Ich beseitigte die Beschädigung, als ob mir keine Alternative offenstünde, obwohl ich geplant hatte, Rima zu verpacken. Der Zwang macht mir Sorgen.
8. März. Im Traum geschwommen, begleitet von
schattenhaften Männern und Frauen. Die Gesichter sind erschreckend vertraut wie aus einem alten Photoalbum. Das hing sicher mit den grotesken Andeutungen und hinterhältigen Anspielungen zusammen, die ich heute in Hammonds Drugstore hörte - über die Marshes, wie gewöhnlich. Eine Geschichte vom Urgroßvater Jethro, der im Wen gelebt haben soll. Mit Kiemen!
Dasselbe behauptet man von einigen Angehörigen der Familie Waite, Gilman und Eliot. Vernahm dasselbe Zeug, als ich anhielt, um an der Bahnstation eine Auskunft einzuholen.
Die Einheimischen lassen sich schon seit Jahrzehnten darüber aus.
10. März. Offenkundig bin ich in der Nacht schlafgewandelt, denn an der Meeresgöttin wurden einige kleine Änderungen angebracht. Merkwürdige Dellen sind zu sehen, als hätte jemand seine Arme um die Plastik gelegt, die gestern viel zu hart war, als daß man einen Abdruck ohne Meißel oder ein ähnliches Werkzeug hätte anbringen können. Die Zeichen sahen aus, als wären sie in weichen Ton eingepreßt worden. Das ganze Objekt war heute morgen feucht. n . März. Ein wirklich außerordentliches Erlebnis in der Nacht. Vielleicht der lebendigste Traum, den ich je hatte, gewiß der erotischste.
Selbst jetzt kann ich kaum an ihn denken, ohne sexuell erregt zu werden. Ich träumte, daß eine Frau, nackt, zu mir ins Bett schlüpfte, nachdem ich eingeschlafen war, und die ganze Nacht bei mir blieb. Ich träumte, daß die ganze Nacht von Liebe erfüllt war - oder vielleicht sollte ich Lust sagen. Habe seit Paris nichts derartiges mehr erlebt! Und so wirklich wie die vielen Nächte im Quartier Latin! Vielleicht zu echt, denn ich erwachte ganz erschöpft. Und ich hatte unzweifelhaft eine ruhelose Nacht verbracht, denn das Bett war in völliger Unordnung.
12. März. Der gleiche Traum. Erschöpft.
13. März. Wieder der Traum vom Schwimmen. In
Meerestiefen. Tief unten eine Art Stadt. Ryeh oder R'lyeh?
Etwas namens »Großer Thulu"?«
Von diesen Dingen, diesen merkwürdigen Träumen, verriet Corey bei meinem Besuch im März sehr wenig. Sein Aussehen schien mir damals etwas verändert, er kam mir abgezehrt vor. Er sprach von gewissen Schlafschwierigkeiten; er konnte sich, sagte er, nicht »ausruhen« - ganz gleich, wann er zu Bett ging.
Er fragte mich, ob ich die Namen »Ryeh« oder »Thulu« je gehört hatte; natürlich nicht, aber am zweiten Tag meines Besuchs konnten wir sie hören.
Wir fuhren an diesem Tag nach Innsmouth - eine kurze Strecke von weniger als fünf Meilen -, und es wurde mir bald klar, daß die Einkäufe, die Corey machen mußte, wie er behauptete, nicht der Hauptgrund für seinen Besuch in Innsmouth waren. Corey war eindeutig auf einen "Fischzug"
aus; er war in der Absicht gekommen, über seine Familie herauszufinden, was er konnte, und zu diesem Zweck führte sein Weg von einem Ort zum anderen, von Ferrand's Drug Store zur öffentlichen Bibliothek, wo der uralte Bibliothekar bei dem Thema, das die alten Familien von Innsmouth und Umgebung betraf, bemerkenswert zurückhaltend war, auch wenn er zu guter Letzt die Namen zweier alter Männer erwähnte, die sich vielleicht an einige der Marshes und Gilmans und Waites erinnerten und die vielleicht an ihrem üblichen Aufenthaltsort, einem Saloon auf der Washington Street, zu finden sein mochten.
So sehr Innsmouth heruntergekommen war, es war doch ein Ort, der jeden archäologisch oder architektonisch Interessierten unausweichlich faszinieren mußte, denn er war gut ein Jahrhundert alt, und die Mehrzahl seiner Gebäude - abgesehen von denen im Geschäftsviertel - waren Jahrzehnte vor der Jahrhundertwende erbaut worden. Auch wenn viele jetzt verlassen dalagen und in einigen Fällen zu Ruinen
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