Azraels Auftrag (German Edition)
sich mit einem Heulen vermischte. Das Geräusch kam direkt aus dem Canyon, aus der Siedlung.
Immer schneller bewegten sich die Sonnen über das Firmament. Das Stöhnen und Heulen schwoll zu einem Schreien an, einige der Denker hielten sich die schmerzenden Ohren zu.
Und dann sah ich sie, die fliegenden Schatten. Sie bewegten sich zu schnell, um Genaueres erfassen zu können. Doch deutlich waren Gesichter zu erkennen, verzerrt vor Schmerz. Gesichter der Zurückgebliebenen.
Immer lauter wurde das Heulen, immer schneller das Wandern der Sonne, bis man nur noch ein flackerndes Licht erkannte.
Der Himmel explodierte in einer Wolke aus Licht, begleitet von einem Aufschrei unzähliger Stimmen, dann war alles vorbei.
Wir wussten nicht mehr, was geschehen war. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, ob eine Sekunde oder auch eintausend Jahre vergingen, als wir uns zum ersten Mal der Gemeinschaft bewusst wurden. Doch unser nächster Gedanke machte uns klar, dass die meisten von uns im Moment des Übergangs gestorben waren.
Wir waren die letzten unserer Art, im Geist miteinander verbunden. Jeder Einzelne von uns Überlebenden war wahrnehmbar.
Man konnte zu jedem Einzelwesen oder zu Allen gleichzeitig reden - zu allen fünfunddreißig ehemaligen Mönchen.
Die fünfunddreißig letzten L’Amarc.
Der Rest des Volkes ausgelöscht von einer nicht greifbaren Katastrophe.
Doch in unserem Bewusstsein formte sich etwas Neues.
Der Tod unseres Volkes stellte gleichzeitig die Geburt dessen dar, was wir nun darstellen.
Jeder von uns hatte die Erkenntnis über unsere neue Identität. Wir waren die WÄCHTER!
Uns allen war unmittelbar bewusst, welche Aufgabe wir zu erfüllen hatten, welche Mittel und welches umfassende Wissen uns zur Verfügung standen, an welchem Ort wir uns befanden. Gleichzeitig hatten wir unzählige Fragen. Wieso gerade wir? Gibt es noch andere Wächter? Gab es vor uns schon welche? Wer steckt hinter dieser Ernennung? Gibt es einen Gott?
Und - sind wir nun in seinem Auftrag tätig?
Ich kann mich noch gut erinnern, dass die Diskussion mehrere Jahre andauerte, ohne eine Antwort zu finden. Jedoch wurde klar, dass Antworten auf diese Fragen nur nebensächlich sind. Die Beantwortung würde niemandem etwas nutzen. Fakt jedoch ist, dass unsere neuen Kräfte benötigt werden.
Von wem? Das sei erstmals dahingestellt. In jedem Fall ist es entscheidend für die Existenz des Universums.
Unser gesamtes Universum wird von den beiden tobenden Urkräften beherrscht, die um die jeweilige Vorherrschaft ringen. Zerstörung und Erschaffung, Hitze und Kälte, Liebe und Hass. Ich glaube, ihr nennt sie YIN und YANG.
Das Gleichgewicht der Gegensätze.
Wenn die Kräfte des Universums im Ungleichgewicht sind, ist es notwendig, dass wir eingreifen müssen. Die meiste Zeit können wir die Korrekturen von hier aus, von unserem Kontinuum, ausführen. Wir bringen Ordnung in das Chaos. Wir behüten den normalen Lauf der Ereignisse.
Das ist unsere Aufgabe als Wächter.
Jeweils fünf von uns waren für einen bestimmten “Abschnitt” zuständig und bildeten eine unabhängige Einheit. Jeder der Fünf hatte eine andere Aufgabe. So gab es jeweils einen Koordinator, einen Bewahrer, einen Destruktor, einen Zweifler und einen Angleicher. In diesem Zusammenspiel ließen sich die meisten Diskrepanzen korrigieren, indem wir entsprechende Maßnahmen einleiteten.
Manchmal sind die Störungen so umfassend, dass wir einen aus unseren Reihen aussenden müssen, um direkt vor Ort tätig zu werden.
Niemand von uns kann dort alleine etwas Entscheidendes bewirken. Nur mit einem entsprechenden Partner können wir die Ereignisse zum ursprünglichen Lauf des Schicksals zurückführen. Dieser Partner darf keiner der Unseren sein.
Entsprechend dem Gleichgewicht der Gegensätze bekommt jeder von uns einen auserwählten Mitstreiter an seine Seite gestellt. Wie zwei Seiten einer Münze bilden wir für diesen Zweck eine Einheit. Nach dem gewöhnlich kurzen Einsatz trennen sich unsere Wege, und die Erinnerung unserer Partner an uns und den Auftrag verlischt.
Doch hin und wieder bleibt ein Schatten der Erinnerung übrig. Dann entstehen unglaubliche Berichte über faszinierende Wesen wie "Dschinns", „Luzifer“, "Die Geflügelten", "Dämonen", oder "Elfen“. Doch wer glaubt schon an solche Wesen.
Nach jedem erfolgreichen Einschreiten in den Quantenstrom eröffnete sich ein alternatives Raum-Zeitgefüge und es entstand ein zusätzliches Universum. Ein
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