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Baccara Exklusiv Band 98

Baccara Exklusiv Band 98

Titel: Baccara Exklusiv Band 98 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christy Lockhard , Kate Little , Yvonne Lindsay
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hier zu suchen hätte.
    Hinter ihm sah ich meine Mutter in der Tür. Auch sie war nicht vollständig angezogen. Mir war jene andere Szene aus meiner Kindheit durchaus noch gegenwärtig, und ich hatte keine Lust, noch einmal zu erleben, wie mich meine eigene Mutter vor einem Wildfremden demütigte. Also drehte ich mich um, schnappte mir aus der Küche eine halb leere Flasche von irgendeinem Fusel und verschwand. Meine Mutter hat mich nicht zurückgehalten. Ich weiß genau, dass sie mir angesehen hat, dass ich für immer das Haus verlassen würde, aber sie hat nicht einmal den Versuch unternommen, mich von meinem Entschluss abzubringen.“
    „Hast du geweint?“, fragte Lilly vorsichtig.
    „Ja. Ich hab es natürlich niemandem gezeigt. Ich musste mir beweisen, dass ich ein Mann war. Aber als ich allein war, habe ich bitterlich geweint.“
    Ganz in Nähe rief eine Eule.
    „Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wohin ich mich wenden sollte. Ich trieb mich ein paar Stunden herum, trank dabei die verdammte Flasche aus, die ich mitgenommen hatte, und irgendwie – wie genau, weiß ich selbst nicht mehr – landete ich bei Kurt im Haus. Sein Vater stellte mich als Erstes unter die Dusche, seine Mutter machte mir etwas zu essen. Es war das erste Mal, dass sich jemand wieder um mich kümmerte und für mich sorgte.“
    „Oh, Nick …“
    „Jedenfalls nahmen sie mich dann bei sich auf. Sie passten auf, dass ich die Schule nicht schwänzte, und nahmen mich jeden Sonntag mit in die Kirche. Sie verlangten, dass ich einen Teil der Hausarbeit erledigte, und wenn ich mich dagegen auflehnte, packten sie mir noch erbarmungslos Arbeit obendrauf. In den zwei Jahren, die ich in ihrem Haus verbrachte, habe ich endlich gelernt, dass es so etwas gibt wie Liebe und Zusammenhalt, gegenseitiges Einstehen füreinander und Rücksicht. So etwas kannte ich vorher überhaupt nicht.“
    Nick verstummte für einen Augenblick. Liebe – dieses Wort wollte er eigentlich gar nicht aussprechen. Er wusste bis heute noch nicht, ob so etwas für ihn je existieren würde. Die erste Frau, der er hatte Liebe schenken wollen, hat sich kalt von ihm abgewandt, ihn betrogen und sein Geschenk mit Füßen getreten. Obendrein hat sie ihm sein Ein und Alles, sein Baby, genommen. Seitdem glaubte er, von allem kuriert zu sein, was mit Liebe zusammenhing, und war auch nicht mehr bereit, sich jemals wieder auf ein solches Experiment einzulassen.
    „Ray Majors hat mir die Landwirtschaft beigebracht“, fuhr er fort, um seine Gedanken von dem heiklen Thema abzubringen, „Feldbestellung, Viehhaltung, einfach alles. Und als ich meinen Schulabschluss bekam, saß auf der Schulfeier Alice Majors vorn bei den Eltern, nicht meine Mutter.“
    Nick nahm Lillys Hand und drückte sie, als wollte er sich ihrer Gegenwart vergewissern. „Tja – danach bin ich nach Cheyenne gegangen und habe als Arbeiter auf einer Ranch angefangen. Bis zum Vormann habe ich mich hochgearbeitet. Das, was Ray Majors mir noch nicht beigebracht hatte, habe ich in Wyoming gelernt.“
    „Und dann ist deine Mutter krank geworden?“
    Nick schluckte. Sie waren hier an einem Punkt angekommen, der bisher sein bestgehütetes Geheimnis war. „Ja“, erwiderte er zögernd, „so war es. Sie wohnte inzwischen in einem alten, heruntergekommenen Wohnwagen, einem verdreckten Schrotthaufen. Ich hatte ein wenig gespart und kaufte ein Stück Land und baute ein kleines Haus darauf. Dort zog ich dann mit meiner Mutter ein.“
    „Ist es das Haus, das du jetzt hast?“
    „Im Prinzip ja, nur war es damals viel kleiner. Ich hab es später zusammen mit Shane Masters ausgebaut und das Obergeschoss raufgesetzt. Ein halbes Jahr haben meine Mutter und ich dort zusammengelebt, und in diesen sechs Monaten vor ihrem Tod habe ich endlich meine Mutter auch besser kennengelernt, was ich die ersten siebzehn Jahre meines Lebens nicht geschafft hatte.“
    „Hast du ihr je verziehen?“
    Nick sah Lilly nachdenklich an. „Verziehen? Ich habe angefangen, sie zu verstehen.“
    „Aber hast du ihr im Herzen auch verziehen?“, wollte Lilly wissen.
    „Das mit dem Verzeihen war für mich schon immer ein Problem. Aber unsere zweite, wenn auch nur kurze Phase des Zusammenlebens hat uns beiden geholfen, manche Wunde zu heilen. Meine Mutter saß immer in ihrem Schaukelstuhl auf der Veranda und schaute auf die Berge. ‚Dass ich noch mal so einen schönen Ausblick haben würde‘, hat sie immer gesagt. Ich glaube, es tat ihr wohl, dort

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