Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
126 - Ihr Mann, die Fliege

126 - Ihr Mann, die Fliege

Titel: 126 - Ihr Mann, die Fliege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
Vom Netzwerk:
Lindsay Rovis war die Kindertante der Nation, ein Sonnenscheinchen, dessen Engelsgesicht jedes Kind in England kannte. Sie moderierte die Kinderstunde im Fernsehen, kam via Bildschirm in jedes Haus und war ein gern gesehener Gast.
    Sie strahlte ungeheuer viel Sauberkeit aus, und die große Schar ihres kleinen Publikums nahm ihr alles ab, was sie sagte. Sie wurde von ihren Fans liebevoll »Tante Lindsay« genannt, und sie bekam ihre Post in Wäschekörben.
    Wenn sie auf dem Fernsehschirm erschien und in die Kamera lächelte, hätte man meinen können, sie könne kein Wässerchen trüben. Doch jene Lindsay Rovis, die sich im Fernsehen präsentierte, und jene, die sie privat war, waren zwei verschiedene Paar Schuhe.
    Anfangs war sie froh gewesen, daß ihr das Fernsehen eine Chance geboten hatte. Sie hatte mit beiden Händen zugegriffen.
    Kindersendung… Warum nicht? Sie hatte es als Sprungbrett angesehen, doch sie war darauf kleben geblieben. Nicht etwa deshalb, weil sie schlecht war, sondern deshalb, weil sie zu gut war.
    Auch das kann ein Schaden sein.
    Die TV-Gewaltigen waren der Ansicht, daß niemand besser war als »Tante Lindsay«. Die Einschaltziffern waren noch nie so hoch gewesen. Sogar Erwachsene gaben bei Meinungsumfragen ohne Scheu zu, daß ihnen »Tante Lindsay« gefiel, daß sie sie gern sahen und sich keine andere Moderatorin für die Kindersendung wünschten.
    Das war der Fluch ihrer engelhaften Ausstrahlung. Sie mußte »Tante Lindsay« bleiben. Das Sprungbrett war für sie zur Falle geworden. Sie war in ein Fangeisen getreten und kam nicht mehr raus.
    Manchmal war sie so frustriert, daß sie am liebsten alles hingeschmissen hätte, aber sie hatte einen Vertrag, und den mußte sie erfüllen. Sie konnte es sich nicht leisten, vertragsbrüchig zu werden. Das hätte sie nicht nur eine Stange Geld gekostet. Es hätte ihr obendrein beruflich das Genick gebrochen.
    Also war sie weiterhin »Tante Lindsay« für die Kleinen, ungern zwar, aber das merkte niemand. Sobald sie auf Sendung war, war sie so perfekt wie immer.
    Privat wollte sie von ihrem »Madonnen-Image« nichts wissen. Sie stürzte sich deshalb in die wildesten Abenteuer, nahm an Drogenpartys teil und veranstaltete selbst welche.
    Es kotzte sie an, immer nur das brave Mädchen zu spielen. Hin und wieder mußte sie einfach so sein, wie sie wirklich war, und es war nicht immer einfach für ihre Bosse zu vertuschen, was sie trieb, damit ihr Heiligenschein keine matten Stellen bekam.
    Irgendwann - das befürchtete man in der Chefetage des Senders - würde »Tante Lindsay« den Bogen überspannen.
    Und jetzt lag dieser Tote neben ihr.
    Alles war voll Blut. Jemand hatte Lee Stroud übel zugerichtet.
    Jemand? fragte sich Lindsay mit einem schrecklichen Würgen in der Kehle. Oder… habe ich das getan?
    Sie zitterte wie Espenlaub. Sie verließ das Bett und wankte nackt ins Bad. Selten hatte sie sich an einem Morgen so elend gefühlt. Ihre Knie waren weich wie Gummi, und als sie einen Blick in den Spiegel warf, erschrak sie.
    Das bin ich? dachte sie.
    Zum erstenmal hatte der unsolide Lebenswandel sie gezeichnet. Der Mann, der sie vor den Auftritten schminkte, würde von nun an mehr Zeit brauchen.
    Sie spülte ihren Mund aus, weil sie einen widerlichen Geschmack auf der Zunge hatte, dann wusch sie sich die Hände.
    Wie hatte Pontius Pilatus gesagt? »Ich wasche meine Hände in Unschuld.« Tat sie das jetzt auch? War sie unschuldig ?
    Das Händewaschen war ihr zuwenig, deshalb stellte sie sich hinterher unter die Dusche. Was wollte sie von sich abwaschen? Wovon wollte sie sich sauberwaschen?
    Ihr schlanker Körper spiegelte sich in den erdbeerfarbenen Fliesen, Sie verwendete Unmengen Badeshampoo und duschte sehr lange. Und die ganze Zeit zerbrach sie sich den Kopf darüber, was nach Mitternacht geschehen sein mochte.
    Lee Stroud war ein unangenehmer Zeitgenosse. Er hatte kaum Freunde, sah auch nicht besonders gut aus. Unter normalen Umständen hätte ihm Lindsay nicht erlaubt zu bleiben.
    Aber wann gab es in ihrem Leben schon mal »normale Umstände«?
    Lee Stroud war ein hervorragender Autor. Vielleicht hatte sie ihn deshalb nicht nach Hause geschickt.
    Ein neues Herrenmagazin war in Planung, Lee betätigte sich erstmals als Koproduzent. Die Sendung sollte von zwei Männern und einer Frau präsentiert werden. Frech, spritzig, frivol sollte sie sein.
    Die beiden männlichen Präsentatoren standen bereits fest. Nach der Frau suchte man noch, und Lindsay war an

Weitere Kostenlose Bücher