BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
sterben musste, um das zu erlangen, was jeder Vampir als selbstverständlich ansieht.
Nicht die Unsterblichkeit.
Aber ein langes, ganz, ganz
langsam
den Körper angreifendes Leben...
Ich wurde Sardons Gefährtin. Über jenes Jahr und jenes Jahrhundert hinaus. Wenn wir uns trennten, geschah dies aus der Erkenntnis, dass man die Zuneigung und das Begehren über eine so lange Zeit nur am Leben erhalten konnte, wenn man sich Pausen gönnte, in denen man ohne den anderen Erfahrungen sammelte.
Als wir uns das erste Mal Lebewohl sagten, wusste ich nicht, wohin er gehen und wo und wann wir uns wiedersehen würden.
Aber ich hatte genaue Vorstellungen davon, wohin
ich
mich wenden wollte.
Es gab noch immer ein Tuch voller
Budenzauber
.
Und es erinnerte mich zwischen den Jahren an ein fernes Land, zu dem ich in früher Kindheit nur mit Vater – später dann auch mit Aurel – hatte reisen wollen.
Ein Land, dessen Melodie nie ganz in mir verklungen war.
Afrika...
Mandschurei, Gegenwart
Als ich die Augen aufschlug, hielt Mei-Li meine Hand, und Chiyoda, mein alter Mentor, stand auf der anderen Seite des Schlaflagers. Seine Augen leuchteten vor Freude.
»Genug!«, sagte er. »Du hast genug durchlitten. Das, was deine Seele vergiftete, ist nun vertrieben – weil du dich dazu bekannt hast! Aber ich verstehe jetzt, dass du nie über die ersten Jahre deines Lebens sprechen wolltest. Dass du sie immer tiefer in dich hinein vergraben hast...«
Benommen richtete ich mich auf. »Ich verstehe nicht! Warum bin ich noch hier? Ich war unterwegs zu Sardon... Nach deiner Weissagung, dass ihm und allen Vampiren Gefahr droht, wollte ich ihn warnen...«
»... und hast dich im Geflecht der Wirklichkeiten verirrt«, nickte Chiyoda. »Ich warnte dich, als du aufgebrochen bist – aber du wolltest nicht auf mich hören. Dabei müsstest du wissen, dass dieser Ort, an dem du Zuflucht fandest, etwas Besonderes ist. Er führt nicht nur in die
eine
Realität, in der du zu Hause bist, sondern in unzählige andere. Ohne einen Lotsen ist man darin verloren... Du hattest großes Glück, dass meine Tochter dir folgte.« Er nickte zu dem Mädchen mit der Pagenfrisur.
»Aber was ist
geschehen
?«
»Mei-Li fand dich in einer Welt, in der das Chaos herrschte, in der die Vampire von einer Sekunde auf die andere aus den Ämtern und Machtpositionen verschwanden, die sie bis dahin innegehabt hatten. Es gab keinen einzigen mehr, und die sich selbst überlassenen Menschen kamen mit ihrer Selbständigkeit nicht mehr zurecht. Überall flammte Gewalt auf.
Auch Sardon, dein Geliebter, war in dieser Welt nicht länger existent. Als du das erkanntest, hast du einen völligen Zusammenbruch erlitten. Mei-Li brachte dich zu mir zurück. Du warst dem Wahnsinn nahe. Nur eine bis in deine Wurzeln zurückreichende Behandlung konnte dir noch helfen...«
»Und deshalb hast du mich noch einmal die Anfänge meines Lebens durchschreiten lassen...«
Chiyoda nickte abermals.
»Wie lange hat das gedauert? Und wie... sieht es inzwischen in der Wirklichkeit aus, in die ich zurück will?«
»Auch dort ist es geschehen«, sagte Chiyoda.
Mir wurde kalt. »Was ist geschehen? Das Sterben der Vampire? Aller Vampire? Und Sardon – was ist mit Sardon?«
»Eine Seuche«, sagte Chiyoda. »Die Welt, in die du zurück willst, wird von einer absonderlichen Seuche heimgesucht. Eine Seuche, die
Sardon
mitbrachte.«
»Mitbrachte? Von wo?«
»Das konnte ich nicht sehen.«
»Dann nützt mir das ganze Gerede nichts!«
»Doch. Denn ich weiß, dass Sardon nicht nur den Tod über seinesgleichen bringt, sondern über
jeden
, der irgendwann mit dem Lilienkelch getauft wurde und ihm nun gegenübertritt!«
In meinem Magen schien sich ein eisiger Knoten zusammenzuziehen. »Was willst du damit sagen?«
»Dass du, wenn du in
deine
Realität zurückkehrst, nur am Leben bleibst, wenn du Sardon für immer
meidest
. Wenn nicht, überträgt er das qualvolle Sterben, das Siechtum bis zum Tode, auch auf dich!«
»Das ist nicht wahr!«
»Es
ist
wahr.«
Ich schloss die Augen, und mit einem Mal glaubte ich die einzige Erklärung zu kennen, wie Sardon, der Kelchhüter, zu einem Vernichter des einst gesäten Lebens hatte werden können.
»Dahinter«, schrie ich in explodierendem Hass, »kann nur
sie
stecken!«
»Sie?«
»Heaven! Sag mir, wo ich sie finde! Sag es mir! Sie muss rückgängig machen, was sie tat – was sie Sardon antat! Ich werde sie dazu zwingen – und wenn es das
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