BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
wertlos für uns«, sagte Natan. »Solltest du hingegen lediglich lügen, könnten wir ins Geschäft kommen. Nenn uns den Lohn, den du für deine Hilfe verlangst, und wir werden ihn dir geben.
Was immer es ist.«
Der Schemen rückte ein wenig von ihnen ab. Zunächst sah es aus, als wollte er in die endlose Weite des Tunnels entfliehen. Da wurde Natan zum ersten Mal bewusst – und parallel dazu auch seinem Bruder -, dass der Korridor von diesem Toreingang aus betrachtet nur schnurgerade in
eine
Richtung verlief: in die Vergangenheit.
Wie hatte Elisabeth überhaupt in eine Richtung gelangen wollen, die es dem Anschein nach gar nicht (oder noch nicht) gab? Oder existierte sie doch schon und war nur von hier draußen aus nicht zu erkennen?
Das Phänomen, das Mos Iranshars Leute hier am Rande der unter Sandmassen begrabenen Überreste einer einst stolzen Stadt freigeschaufelt hatten, war mit dem Verstand nicht zu greifen, erst recht nicht zu
be
greifen. Welche Macht mochte dies erschaffen haben? Und wozu?
»Ihr dürftet mich nicht erlösen, selbst wenn ich wollte«, sagte die Stimme aus dem Tunnel in diesem Moment. »Meine Arbeit ist noch nicht vollbracht. Und wer sollte an meiner statt hier wachen und warten, bis die wahre Erlöserin kommt?«
»Wie lautet der Name dieser... Person?«, fragte Loth.
Wieder herrschte eine lange Weile Stille. Dann sagte das gespenstische Ding auf der anderen Seite: »Heaven.«
Der Name als solcher war den Archonten nicht unbekannt. Aber es war viel zu unwahrscheinlich, dass sie ein und dieselbe Frau meinten.
»Du wirst weiter auf deine Heaven warten müssen – vielleicht noch eine Ewigkeit«, sagte Natan. »Es sei denn, du übergibst uns die Frau, die kurz vor uns hier eintraf. Sie
muss
den Gang betreten haben! Halte uns nicht zum Narren! Fange sie für uns ein, wo immer sie sich gerade aufhalten oder verbergen mag. Und sobald du sie uns ausgeliefert hast...«
»Was dann?«
»... wird sich dein größter Wunsch erfüllen: Die Erlöserin wird dir erscheinen!«
Der Schemen gerann kurz zu einer bis dato nicht erlebten Schärfe. Die Umrisse einer perfekt gewachsenen Frauengestalt kristallisierten sich heraus – aber sie erreichten nie den Grad, ab dem Geschöpfe wie Natan oder sein Bruder Loth die Bereitschaft entwickelt hätten, zu glauben, eine verführerische Frau aus Fleisch und Blut vor sich zu haben Den Archonten gegenüber vermochte der Wächter dieses Korridors auch jetzt noch nicht das Element zu verleugnen, das seine monströse Natur entlarvte. Er war und blieb unmenschlich. Eine stumme Drohung, wahrscheinlich sogar das Todesurteil für jeden, der sich in sein Revier vorwagte.
Was mochte Tyk, der aus Bagdad verschleppte Vampir, in diesem Ding gesehen haben? Vielleicht tatsächlich eine überirdisch attraktive Frau, deren Liebreiz und Anziehungskraft er nicht hatte widerstehen können?
»Darüber könnt ihr nicht bestimmen! Sie wird kommen, wenn die Zeit reif ist – nicht, wenn
ihr
es wollt.«
»Wir können jeden Wunsch erfüllen, der aus tiefsten Sehnen heraus an uns herangetragen wird.«
»Ich habe keine Wünsche...«, sagte der Wächter, »... außer dem einen, dass ihr zu mir kommt und ich euch -«
Loth zog Natan vom Toreingang des Zeitkorridors fort. »Komm, es hat keinen Sinn.«
Natan schüttelte enttäuscht den Kopf. »Nein, das hat es wohl nicht.« Auch er kehrte dem Tunnel den Rücken. »Was meinst du, was aus ihr geworden ist?«
»Elisabeth?«
Natan schwieg.
»Vielleicht ist sie dort, wohin sie wollte«, sagte Loth. »Aber lieber wäre mir, sie würde in ewiger Verdammnis braten!«
Schulter an Schulter stiegen sie wieder die Stufen empor, die sie herabgekommen waren.
Plötzlich hielten sie beide inne und sahen einander an.
»Jada und Zoe sind angekommen«, sagten sie wie aus einem Munde.
Ihre Schwestern wussten bereits, wie die Verfolgungsjagd nach Uruk ausgegangen war.
Natürlich wussten sie es...
Gegenwart
Highgate Hall
»Alles friedlich und still.«
»Hm. Totenstill...«
Devan Daridov schob den Steuerknüppel einen Tick nach vorne. Der zweisitzige Hubschrauber ging gehorsam tiefer. Die trutzigen Bruchsteinmauern rückten fast sprunghaft näher, schienen auf unmögliche Weise noch in die Höhe zu wachsen. Dahinter erstreckten sich gepflegte Parkanlagen, in deren Mitte eine Anzahl unterschiedlich großer Gebäude viktorianischen Stils lag.
Irgendwann einmal war Highgate Hall ein herrschaftlicher Landsitz gewesen. Heute aber...
»So
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