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Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle

Titel: Bad Hair Days - das Leben ist keine Dauerwelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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aber wenn du Lust hast, kannst du später mit mir jammen.«
    Ich wählte gleich noch mal und nach dem zweiten Läuten schnaufte mir jemand ins Ohr.
    »Billy?«
    »Was … was …. He, ich schlafe. Also jetzt nicht mehr!« Billy gähnte ins Telefon. So ein richtig unappetitlich ungeniertes Gähnen, das in einem lauten Rülpser gipfelte. Nett.
    »Bist du betrunken?«
    »Ja. Nein. Weiß nicht. Bin irgendwie ganz durcheinander. Ist ja auch kein Wunder. Du hast mich gerade voll aus dem Schlaf gerissen.«
    »Sag mir, was vorher passiert ist, ja?« Ich musste es einfach hören, weil alles drunter und drüber gegangen war, nachdem ich meine Kopflandung im Schweinebauch hingelegt hatte. Und allmählich fragte ich mich, ob ich mir die ganze Sache vielleicht nur eingebildet hatte. Außer der Dadkarte, die mich von Zeit zu Zeit in den Hintern pikste. Sie war der knallharte Beweis, dass etwas Einschneidendes passiert war.
    »Was soll das heißen, was vorher passiert ist? Aufgeweckt hast du mich und ich hatte … oh Mann, ich hatte so ’nen coolen Traum … Shonna Matthews kam auch drin vor, und sie war …«
    Billys erotische Fantasien von Shonna Matthews waren wirklich das Letzte, was ich jetzt hören wollte.
    »Ich meine, hab ich gerade eine Karte von meinem Dad gekriegt, oder nicht?«, fauchte ich ihn an. »Du hast es doch gesehen, Mann! Gib’s zu!«
    Schweigen in der Leitung, dann wieder Schnaufen und noch ein Gähnen/Rülpser.
    »Nein?«, behauptete Billy allen Ernstes, wenn auch mit einem leisen Fragezeichen dahinter.
    »Nein.« Da bitte – er sagte es noch mal.
    »Das heißt …« Jetzt relativierte er es.
    »Ich meine …« Und dann versaute er alles: »Ich meine, du hast gerade eine Karte von einer Person bekommen, die mit ›Dad‹ unterzeichnet hat. Von deinem echten Dad kann sie ja nicht gut sein, oder? Er weiß doch gar nicht, wer du bist und wo du wohnst. Er weiß nicht mal, ob du überhaupt existierst. Das war schließlich alles anonym. Deine Mum wird ein paar Daten von ihm bekommen haben, aber nicht umgekehrt.«
    Natürlich wusste ich das alles und mir war auch klar, dass ich von Billy keine Höflichkeitslüge erwarten konnte. Billy ist ein Faktenmensch. War er schon immer. Er hat in seinem ersten Kindergartenjahr eine Enzyklopädie verschluckt und mit einem Weltatlas unterm Kopfkissen geschlafen. Und seit der achten Klasse hat er nächtelang World of Warcraft gespielt, bis er total gaga war. Manchmal surrt und piept er nur noch, statt anständig zu reden – dann versteht ihn außer seinen nerdigen Fakten-Freunden kein Mensch mehr. Billy interessiert sich nur für Dinge, die man beweisen kann. Er ist nicht die beste Anlaufadresse für Trostbedürftige. Mit anderen Worten, er sagt einem selten, was man hören will.
    »Oh«, stieß ich hervor. »Ja.«
    Ich zog die Dadkarte aus meiner Hosentasche und starrte angestrengt darauf. Ich hatte sie noch gar nicht richtig angeschaut. Auf der Vorderseite prangte ein leuchtend bunter Blumenstrauß – Tulpen vielleicht? Keine Ahnung. Es war eine Karte, die man höchstens einer alten Frau schickt und nicht einem jungen Mädchen. Selbst die Handschrift war falsch – rund und unentwickelt. Kindlich. Jedenfalls nicht, wie ich mir die Handschrift meines Dads vorstellte.
    Dann war es also nur ein Streich? Ein hässlicher, dummer Streich. Aber wer steckte dahinter?
    In Bio sitzen gleich einunddreißig Verdächtige, aber nur eine ist zu einer solchen Gemeinheit fähig: Shonna Matthews.

Kaum hatte ich Billy Tschüs gesagt und den Hörer aufgelegt, kamen mir die Tränen und verschmierten den Mascara. Ich würde die Karte in tausend Fetzen zerreißen. Aber erst morgen. Vor Shonnas Augen, weil ich mir todsicher war, dass die Karte von ihr stammte. Ja, genau – ich würde die Fetzen in Mathe auf sie herunterrieseln lassen wie eine Tüte Konfetti. Oder ich zerkaute die Karte und spuckte sie ihr ins Gesicht. Oder ich … ich …
    Plötzlich merkte ich, dass meine Rachepläne einen Haken hatten: Wenn ich Shonna mit der Karte konfrontierte, gab ich zu, dass ich verletzt war – dass ich mir wünschte, sie wäre echt gewesen. Und wenn ich ganz ehrlich war, wollte ich mir eine winzig kleine Chance bewahren, dass die Karte vielleicht wirklich echt war. Denn das war theoretisch noch möglich. Oder?
    Deshalb kramte ich das Dadbuch hervor, das Mum vor Jahren für mich angelegt hat, als ich noch ein kleines Mädchen war. Als sie noch mit mir über Gott und die Welt redete statt

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