Bahama-Krise
Die mit hohen Kosten erschlossenen Grundstücke von
Freeport blieben unverkauft, und die Wirtschaft von Grand Bahama geriet
in eine schwere Flaute, aus der sie sich erst nach Jahren wieder
erholen sollte.
Was ich während der Umwälzungen auf Grand
Bahama tat? Ich war bemüht, das ererbte Vermögen vor den Gefahren zu
schützen, die plötzlich auf allen Seiten auftauchten. Meine Politik
bestand aus taktischen Maßnahmen, aus einer Reihe von komplizierten
Schritten, mit denen ich dem ausgelegten Netzwerk der streitenden
Parteien zu entkommen trachtete. Um es unumwunden zu sagen: Ich stellte
mich auf die Seite von Lynden Pindling und sorgte dafür, daß meine
politische Orientierung auch in der Öffentlichkeit bekannt wurde. Ich
tat das mit gutem Gewissen. Die Herrschaft einer weißen Minderheit, wie
sie die Bay Street Boys wollten, war ein Anachronismus in einer Welt,
wo vieles in Bewegung geraten war. Es war nicht schwer zu sehen, daß es
auf den Bahamas eine Revolution geben würde, wenn man den Schwarzen ein
Mitspracherecht in jenen Dingen verweigerte, die sie selbst betrafen.
Die Neuordnung mittels demokratischer Wahlen war der Revolution
vorzuziehen, die als einzige Alternative übrigblieb. Es wäre eine
Revolution gewesen, bei der weder Schwarze noch Weiße etwas zu gewinnen
hatten.
Während die Weichen auf den Bahamas neu
gestellt wurden, fiel auch in meinem privaten Bereich eine
Entscheidung. 1967 heiratete ich Julie. Zwei Jahre danach kam unsere
kleine Tochter Susan zur Welt, und zwei Jahre später eine weitere
Tochter, die wir Karen tauften.
Während der großen Flaute, unter der Grand Bahama litt, hatten
die Besitzungen meiner Familie keine Gewinne produziert. Eine Weile
lang hatte ich diese Entwicklung voller Sorge verfolgt. Vor drei Jahren
entschloß ich mich, von außen her Bewegung in den allzu stillen
Karpfenteich zu bringen. Es ging mir darum, festzustellen, ob die
Fische überhaupt noch lebten oder ob sie als Gerippe auf dem Grund des
Teichs vermoderten. Um die Führung der Geschäfte zu straffen, gründete
ich eine Holding, die West End Securities Corporation, und sicherte mir
die Mehrheitsbeteiligung. Zugleich setzte ich mich als Vorsitzender des
Aufsichtsrats ein, so daß die Leitung des ganzen Gebildes jetzt in
meinen Händen liegt. Ich siedelte von Nassau nach Grand Bahama über, wo
ich in der Gegend von Lucaya ein Haus für mich errichten ließ. Um
ehrlich zu sein, ich war es leid, in Nassau zu leben. Nassau ist eine
altmodische Ansiedlung mit verfilzten Strukturen. Nicht der Untergrund,
auf dem sich ein Wirtschaftsimperium der neuen Zeit sicher verankern
läßt. Grand Bahama hingegen hatte Zukunft. Die Samenkörner, die Wallace
Groves Jahr für Jahr in die Insel gesenkt hatte, begannen zu sprießen.
An dem Boom, der hier zu erwarten stand, wollte ich teilhaben. Und ich
wollte zu einem Zeitpunkt einsteigen, wo die Welle sich noch im Tal
befand.
Ich denke, ich war damals das, was man
glücklich nennt. Geldsorgen hatte ich nicht. Die Gegenwart war rosig,
und die Zukunft versprach goldene Berge, selbst wenn man die Dinge ganz
kühl und skeptisch betrachtete. Ich hatte eine hübsche Frau und zwei
liebe Kinder. Ja, ich nehme den Mund nicht zu voll, wenn ich sage, daß
ich wirklich glücklich war. Es konnte eigentlich
nichts mehr schiefgehen, so glaubte ich. Ich ahnte noch nichts von
jenen Ereignissen, mit denen sich alles änderte, und die ich in diesem
Buch beschreiben werde.
Wo soll ich beginnen? Vielleicht mit Billy
Cunningham. Billy war in meinem Haus, als es passierte. Es war kurz vor
dem Weihnachtsfest vor zwei Jahren. Ich wußte noch nicht, daß dieses
Weihnachtsfest für mich zum Alptraum werden würde.
Erstes
Kapitel
B illy Cunningham war ein Sprößling des
Cunningham-Clans. Zusammen mit seinem Vater, Onkel, Bruder und einigen
Neffen hatte Billy ausgedehnte Geschäftsinteressen in Texas. Dem Clan
gehörten Rinderfarmen, eine Reihe von fündigen Erdölquellen, Schiffe,
Zeitungsverlage, Radio- und Fernsehstationen, Hotels, Supermärkte und
Immobilien in ganz Texas, unter anderem auch einige Häuserblocks in
Dallas und Houston. Die Cunningham Corporation war in Texas ein
Wirtschaftsimperium, an dem niemand vorbei konnte. Und Billy, der
Abgesandte des Clans, kam nach den Bahamas, um nach interessanten
Investitionen Ausschau zu halten.
Ich hatte Billy auf der Harvard Business School kennengelernt.
Wie ich auch, war er von seiner Familie nach Harvard beordert worden,
um sich die nötigen
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