Ball der einsamen Herzen - ROTE LATERNE Band 2 - die Kultserie (Rote Laterne Liebesroman) (German Edition)
sagte Karl. »Hier bitte, wenn Sie nachrechnen wollen?«
»Nicht nötig«, sagte der Mann. »Wir bezahlen sowieso immer am Ersten!«
»Was - was soll denn das heißen?« stotterte Karl, und der Geldbeutel zitterte ein wenig in seiner Hand.
»dass wir es gewöhnt sind, am Ersten zu bezahlen«, sagte die Frau. »Das hat der vorige Wirt auch gewusst!«
»Ich bin aber nicht der vorige Wirt!« sagte Karl erbost.
»Dafür können wir doch nicht. Das hättest du uns vorher sagen müssen, dass hier nicht angeschrieben wird!«
»Also hören Sie mal!« rief Karl. »Wir sind ein Gasthaus und kein Kreditinstitut!«
»Wir haben aber jetzt nichts. Du kannst ja unsere Adresse aufschreiben. Familie Schmitz von der Baracke elf dort drüben!«
»Was, aus dem Lager kommt ihr!«
»Heh, das will ich mal überhört haben, Opa!« sagte der derbe Mann und stand auf.
»Emmaaa!« kreischte Karl.
Da kam Emma herein.
»Was hast du denn wieder angestellt?« fragte sie Karl etwas wütend, denn es war halt doch nicht so gelaufen, wie sie es sich vorgestellt hatte.
»Emma, diese Leute wollen nicht bezahlen!«
»Wie - was? War etwas mit dem Essen nicht in Ordnung?«
»Es war ausgezeichnet«, sagte der Mann. »Aber ich habe eben erklärt, dass wir hier schon angeschrieben kriegen, solange das Wirtshaus existiert!«
»Ich schreibe niemals an!« sagte Emma. »Also, Zahlemann und Söhne!«
»Langt mal 'nem Nackten in die Tasche!« sagte der Mann grinsend, und die Frau mit ihren Kindern lachte meckernd.
»Karl, ruf die Polizei!« keuchte Emma, rannte zur Tür und drehte den Schlüssel um, zog ihn ab und ließ ihn in der Schürzentasche verschwinden.
»Die Bullen werden euch nicht helfen können«, meinte die Frau mit einem glucksenden Lachen. Man konnte ihre hässlichen Zahnlücken sehen.
Und die Polizei kam.
»Aha, die Schmitzens wieder mal!« sagte der Beamte. Dann ging er mit Emma in die Küche. »Ich fürchte, da haben Sie Pech, Frau Pützkes. Diese Leute leben von Sozialhilfe und machen diesen Dreh immer dann, wenn irgendwo ein Gasthaus eröffnet wird. Selbstverständlich können Sie Strafanzeige erstatten. Aber dabei kommt wenig heraus. Die vier Wochen sitzt der Schmitz auf einer Backe ab. Und Geld sehen Sie sowieso nicht!«
»Mein Gott«, sagte Emma. »Und auf so etwas muss man reinfallen!«
»Trösten Sie sich damit, dass Sie nicht die ersten und nicht die letzten gewesen sind«, sagte der Beamte. »Wir können wirklich nicht viel machen. Wollen Sie also Strafanzeige ...«
»Ach lassen Sie! sagte Emma. »Aber eines werde ich tun!« Damit sprang sie auf, stampfte in die Gaststube und baute sich vor Herrn Schmitz auf.
Und dann versetzte sie ihm links und rechts eine satte Ohrfeige.
»Und jetzt raus!« schrie sie.
Schmitz wollte aufbrausen. Doch der Beamte hielt ihn zurück.
»Bist billig weggekommen, Schmitz«, sagte er. »Lass gut sein, bevor sie es sich doch noch überlegt!«
Schmitz ging mit seiner Familie.
»Unverschämtheit!« brüllte Emma nach. Dann hockte sie sich an den Tisch und heulte jämmerlich. »Ausgerechnet am ersten Tag!« jammerte sie. »dass du aber auch so dumm bist! Man guckt sich doch die Leute an. Was habe ich nur für einen Mann geheiratet!«
Karl entschuldigte sich tausendmal und begriff trotzdem nicht, dass er plötzlich die Schuld an allem hatte. Aber sie hackte kräftig auf ihm herum, weil sie ein Ventil brauchte, um ihre Wut abzulassen.
Als man am Abend Kasse machte, hatten sie beide lange Gesichter.
»Dreihundert Märker«, sagte Emma niedergeschlagen. »Viel ist das ja nun wirklich nicht. Mit tausend hatte ich wenigstens gerechnet, Karl! Was haben wir denn nur verkehrt gemacht?«
Sie fanden den Fehler nicht, so sehr sie sich auch bemühten.
*
Auch in der Folgezeit lief es nicht viel besser. Der Umsatz wollte einfach nicht steigen. Aber sie gaben sich beide redlich Mühe. Dann kamen auch Verluste hinzu, denn Emma musste viele Lebensmittel wegwerfen, weil sie nicht verzehrt wurden und verdarben. Schließlich machte sie tatsächlich nur noch Schweinebraten, Würstchen und Eintöpfe.
Was das Publikum anbelangte, durfte man auch nicht wählerisch sein. Die meisten kamen aus der Barackensiedlung, tranken ihr Bier, grölten und gingen betrunken nach Hause.
Es kam alles so ganz anders, als es sich Emma und Karl vorgestellt hatten. Nun ja, Emma konnte sich damit einigermaßen abfinden, denn das schöne Gasthaus drohte zur Kaschemme zu verkommen, in der nur schlechtes Publikum
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