Ball der einsamen Herzen - ROTE LATERNE Band 2 - die Kultserie (Rote Laterne Liebesroman) (German Edition)
anheimelnd. Gemeinsam standen sie unter der Tür und betrachteten zufrieden ihr Werk.
»Jetzt haben wir unser schönes Wirtshaus!« sagte Emma stolz. »Morgen drehen wir den Schlüssel um, und dann geht es mit dem Geldverdienen los. Wir haben bloß noch ein paar Euro!«
»Du hast alles ausgegeben?« fragte er leise.
»Mensch, Karl, das kostet doch alles!« rief sie. »Allein die Möbel für den Garten! Dann der Fußboden, die Tapeten, die Vorhänge und nicht zuletzt die Fremdenzimmer. Man kriegt doch nichts umsonst, Karlemann! Aber das holen wir in ein paar Monaten schon wieder rein. Du wirst sehen!«
»Ach, Emma, du bist ja so praktisch!« sagte er seufzend.
Am folgenden Morgen zog sie eine blütenweiße Schürze an, verpasste ihm ein frisches Hemd und eine dunkle Hose. So gerüstet gingen sie um acht Uhr nach unten. Emma hatte bereits etwas vorgekocht. Sie fuhrwerkte drauflos, als gelte es, eine ganze Armee zu versorgen.
Um halb elf kam sie mit verschwitztem Gesicht in die Gaststube.
»Es ist noch niemand gekommen!« sagte Karl kleinlaut. Er stand hinter dem Tresen und wirkte ganz und gar bekümmert.
»So früh kommen die Leute auch nicht«, bemerkte sie. »Es ist ja noch nicht Mittagszeit!«
Eine halbe Stunde später kamen dann tatsächlich die ersten Gäste. Ein Ehepaar mit vier Kindern. Karl führte sie an einen der nett gedeckten Tische.
»Hatten sie reserviert?« fragte er, weil es ihm Emma so eingebläut hatte. Sie war der Meinung, dass so etwas das Ansehen hob.
»Haben wir nicht«, sagte der Mann.
»Naja, macht nichts«, meinte Karl. »Die Herrschaften von Tisch sieben kommen sicherlich später. Wenn Sie bitte hier Platz nehmen wollen!«
Dann lief er in die Küche.
»Emma. Emma!« rief er aufgeregt. »Die ersten Gäste. Zwei Erwachsene und vier Kinder!«
Emma lugte durch den Türspalt und gab ihm dann einen Knuff.
»Na los, bring ihnen die Karte. Sonst werden sie vielleicht ungeduldig!«
Er trippelte hinaus, legte die Karte vor und schrieb sich die Bestellung fein säuberlich auf einen Zettel, so wie es ihm Emma beigebracht hatte.
»Zwei Rouladen, vier Sauerbraten!« schrie er dann durch die Küchentür. »Zack-zack!«
»Die doofe Bemerkung kannst du dir sparen!« zischte sie ihm wütend zu.
Karl brachte die gewünschten Getränke, stellte sie sorgfältig hin und fragte nach weiteren Wünschen. Man hatte keine.
Dann ging wieder die Tür auf. Drei ältere Männer betraten das Lokal, setzten sich an einen Tisch und bestellten drei Bier. Dann verlangten sie Karten.
»Meine Herrschaften«, sagte Karl streng. »Es ist Mittagszeit!«
»Na und?« fragte einer der Männer. »Ist doch sowieso keiner da!«
»Zu Mittag spielt man hier nicht Karten«, verfügte Karl. Auch das hatte ihm Emma angetragen.
»Dann trinken wir auch nichts!« sagte der andere, und sie standen auf und gingen. Karl sah ihnen verdattert nach und dann lief er zur Berichterstattung zu Emma in die Küche.
»Mann, was machst du für Sachen?« stöhnte Emma. »Wenn alles besetzt ist, wird nicht Karten gespielt! Aber erst mal müssen wir doch das Haus voll haben, weil ein volles Gasthaus einen guten Eindruck macht. Geh mir aus den Augen!«
Später kamen ein paar Jugendliche, tranken Cola und lärmten.
»Hast du keine Musik, Opa?« fragten sie Karl. »Hier ist ja nichts los!«
Karl stellte das Radio an. Aber da kam nur Operettenmusik. Die jungen Leute pfiffen, zahlten und gingen. Dafür waren die Essensgäste geblieben und hatten sich ein Dessert bestellt. Vier große Eisbecher für die Kinder, Erdbeeren mit Sahne für die Eltern. Vater hatte sein drittes Bier und Mutter den dritten Wein, während die Kinder nicht genug Limonade kriegen konnten.
»So ist es recht!« sagte Karl vergnügt. »Wozu ist ein Gasthaus denn sonst da!«
»Ganz recht!« sagte der Mann. »Endlich mal richtige Wirtsleute! Das war ja nichts mehr in der letzten Zeit!«
Im stillen rechnete sich Karl die Zeche dieser Familie aus, und da kam allerhand zusammen. Dann kamen und gingen wieder ein paar Gäste, und der erste Tag versprach gar nicht so schlecht zu werden. Allerdings aßen die Leute nur Kleinigkeiten, so wie es Karl vorausgesehen hatte.
Fernfahrer kehrten nicht ein. Aber man sollte vielleicht ein Schild an der Autobahnausfahrt aufstellen, meinte Emma am Nachmittag.
»Mach mal die Rechnung!« sagte der Familienvater schließlich. Er war ein bisschen beschwipst. Aber das war Karl egal, solange es nur Geld brachte.
»Macht hundertzehn Euro!«
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