Ball der einsamen Herzen - ROTE LATERNE Band 2 - die Kultserie (Rote Laterne Liebesroman) (German Edition)
einen Schlappschwanz und belegte ihn mit noch unfeineren Ausdrücken.
Dafür sagte er auch mal >Stinktier< zu ihr oder kippte einen Schnaps in ihr Bier, damit sie eher nach oben torkelte.
Nun fand er es ganz gut, ihr eventuell eins auswischen zu können. Aber damit konnte er sich ja Zeit lassen. Er hatte es nicht eilig, denn seine fünfzig Euro pro Tag waren ihm sicher und erschienen ihm auch angemessen, das übrige verschwand ja in Emmas Kasse, und er sah davon nicht einen Cent …
*
Die Veränderung im Gasthaus »Zur Autobahn« vollzog sich nicht plötzlich und ruckartig, sondern geschah fließend und allmählich. Natürlich lief es nicht gleich so an, wie es sich Emma vorgestellt hatte.
So gab es zum Anfang eine Art Gaststätte mit zwei Gesichtern, denn vormittags kamen die Kartenspieler, dann die Leute von der Baustelle zum Essen und nachmittags ab und zu ein paar verirrte Spaziergänger zum Kaffeetrinken.
Zu diesem Zeitpunkt waren die Mädchen noch nicht im Lokal, denn das Animieren bei Emma betrachteten sie als Nebenarbeit.
Irmchen arbeitete in einem öffentlichen Haus, während Mieze sich auf dem Straßenstrich versuchte. Mieze hatte dabei wechselnden Erfolg, wogegen Irmchens Geschäfte ganz gut liefen.
Tilly Teilmann war eigentlich nicht mehr offiziell im Gewerbe. Sie machte es nur nebenbei und war natürlich dem Gesundheitsamt nicht gemeldet, so wie es sich eigentlich gehört hätte. Tilly hatte ihre festen Stammkunden, die sie reihum bediente.
Sie war auf Emma ein wenig neidisch, denn Emma war ja gänzlich auf das bürgerliche Milieu umgestiegen. Freilich war Karl kein besonders hübscher Mann. Aber er war willig und spurte. Und er hatte Emma einen ehrlichen, anständigen Namen gegeben, wenn auch nicht gerade einen der schönsten.
»Ich glaube«, sagte Tilly zu Emma in der Küche, »Ich werde mir auch irgendwann so einen Pützkesmann anlachen. Vielleicht komme ich dann aus diesem Sumpf mal raus!«
Emma stützte nachdenklich den Kopf in die Hände.
»Mach dir nicht zu große Illusionen«, sagte sie schließlich. »Wenn es bei mir so weitergeht, dann bin ich bald wieder dort, wo ich angefangen habe.«
»Aber du hast doch deinen Karl?«
»Oh ja, den habe ich!« sagte Emma seufzend. »Manchmal tut es mir schon leid, dass ich ihn geheiratet habe. Er ist zwar nicht gerade der klügste. Aber was Besseres wie mich hätte er doch verdient gehabt.« Sie wischte sich mit der Hand über die Augen, denn manchmal, und das meist morgens, bekam sie den Moralischen und musste über alles nachdenken.
»Nun mach mal halblang, ihr zwei habt es doch gut«, sagte Tilly. »Ich wollte, ich hätte es so wie ihr. Nun sei doch mal ein bisschen vergnügt!«
»Ich kann nicht!« schluchzte Emma. »Ich brauch nur an gestern zu denken. Da war die Bude gerammelt voll, und wie ich die Kasse umkippe, war nicht mehr drin, als an den anderen Tagen. Wenn ich nur wüsste, wo das Geld hinkommt?»Es geht doch niemand an die Kasse außer dir und Karl!« stellte Tilly fest.
»Das ist es ja eben!« heulte Emma. »Aber mein Karl macht doch das nicht! Und wozu denn, wo es doch uns zwei beiden allein gehört!«
»Vielleicht ist was an der Kasse kaputt?« fragte Tilly. »Es kann doch sein, dass sie vielleicht den Bon rausschmeißt, aber nicht richtig registriert? «
»Dann müsste aber mehr Geld da sein«, sagte Emma und schniefte durch die Nase. »Die Abrechnung stimmt hinten und vorne nicht!«
Karl stand vor der Küchentür und polierte Gläser. Er hörte jedes Wort, das drinnen gesprochen wurde, dass ihm alles mit gehören sollte, stimmte ihn so versöhnlich, dass er Emma am liebsten alles gebeichtet und das Geld aus dem Keller geholt hätte.
Aber schon ein paar Minuten später verging ihm die Lust am Beichten, denn sie kam übelgelaunt in den Schankraum und sah das kleine Bier, das er neben sich stehen hatte.
»Bist du schon wieder am Schlucken?« schrie sie ihn an. »Da kann man ja zu nichts kommen. In Zukunft will ich gefragt sein, bevor du dir etwas nimmst!«
»Das könnte dir so passen«, dachte er grimmig. Aber das sagte er ihr natürlich nicht. Und jetzt bereute er es überhaupt nicht mehr, sich seinen Anteil auf die Seite geschafft zu haben.
Die ganze Sache hier wurde ihm immer unheimlicher und undurchsichtiger. Emma sprach ja nicht mit ihm über ihr Vorhaben. Sie entschied über seinen Kopf hinweg, und er musste an nichts anderes denken, als an sein Geld, das er so hoffnungsvoll investiert hatte.
Nein, Emma
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