Ball der einsamen Herzen - ROTE LATERNE Band 2 - die Kultserie (Rote Laterne Liebesroman) (German Edition)
Verrückte! Sich auch mal einen schönen, ehrlich verdienten Pelzmantel kaufen können. Ja, und Karl sollte natürlich auch sein Auskommen haben.
Vielleicht konnte man sogar ein ganzes Häuschen bekommen. So eine Art Pension. Man könnte vermieten. Natürlich sollte alles schön behaglich sein. Zwanzig Euro wären ja wohl nicht zuviel pro Nacht und Bett ...
Sie holte sich Kuli und Papier und begann zu rechnen. Ab und zu kaute sie am Stift, nickte dann wieder und schrieb ein paar Zahlen auf.
»Wenigstens fünfzigtausend im Jahr müssen drin sein«, murmelte sie. »Netto natürlich!«
Sie fischte die alte Samstagszeitung aus dem Mülleimer und sah die Immobilienangebote durch. Die Augen gingen ihr über, und sie rechnete und rechnete, bis sie sich vor Müdigkeit nicht mehr aufrecht halten konnte.
»Naja«, sagte sie dann zu sich selbst. »Morgen sehen wir weiter!«
*
»Hallo – Hallo!«, schrie sie, als sie ihn in seinem dunklen Anzug auf der gegenüberliegenden Straßenseite erkannte. Karl trug wieder eine frische weiße Nelke im Revers.
Emma hatte einen schrecklichen Hut auf, eine Mischung aus Gemüsegarten und Hühnerhof. Aber sie fand ihn seriös. Deshalb trug sie ihn zu ihrem hellblauen Jackenkleid, das ihre Figur ein bisschen kaschierte.
»Hallo - meine Liebe!« Tief neigte er sich über ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf. »Du hast noch neben vielen anderen den außergewöhnlichen Vorzug der Pünktlichkeit«, lobte er sie.
»Du bist auch pünktlich«, sagte sie. Bei Licht betrachtet, sah er noch dünner und hohlwangiger aus. Nein, er war kein hübscher, sondern eher ein hässlicher Mann. Aber das war ihr ganz egal, denn auf Äußerlichkeiten hatte sie zeitlebens niemals achten können.
»Gehen wir ins Café Pfandler?«, fragte er und bot ihr galant den Arm. Sie hakte sich bei ihm unter. »Weißt du«, meinte sie, »es ist doch ein so schöner Nachmittag. Sollten wir nicht noch ein bisschen am Rheinufer spazieren gehen?«
»Oh ja«, stimmte er zu. »Eine hervorragende Idee. Ich habe gar nicht gewusst, dass du für die Natur schwärmst.«
»Wirklich nicht?«, fragte sie erstaunt. »Habe ich dir nicht erzählt, dass mein Traum ein kleiner Schrebergarten ist?«
»Nein, du hast mir nur von der Wirtschaft erzählt«, sagte er.
»Natürlich neben der Wirtschaft«, sagte sie. »So nebenher, meine ich. Wenn man zwei Ruhetage hat - und das machen die meisten heutzutage - dann kann man sich doch schön im Garten erholen und vielleicht Rosen züchten.«
»Oder Nelken«, sagte er und betrachtete die Nelke an seinem Revers.
»Oder Nelken«, bestätigte sie. »Ganz wie man will. Und man kann auch Salat und Suppengrün pflanzen. Das braucht man für die Wirtschaft und muss es dann nicht extra kaufen.«
»Und vielleicht auch Gemüse!«
»Ja, Gemüse. Ich esse Rosenkohl für mein Leben gern. Du auch?«
Sie hasste Rosenkohl zwar wie die Pest, aber sie nickte. Wegen eines Gemüses wollte sie es nicht mit ihm verderben.
»Und Hasen könnte man halten«, meinte sie versonnen.
Er hasste zwar Hasen wie kaum etwas auf der Welt. Aber er stimmte ihr zu.
»Ja, am liebsten weiße Hasen«, sagte er, um ihr einen Gefallen zu tun. Wegen ein paar lächerlicher Hasen wollte er es sich nicht mit ihr verderben.
Sie umkreisten einander wie Hyänen ihr Futter. Sie machten einander Komplimente, von denen die Hälfte erstunken und erlogen waren. Aber sie nahmen sich die Schmeicheleien gegenseitig ab und waren darüber sehr beglückt.
Beide hatten sie sozusagen ihre Fallen aufgestellt. Und einer wartete darauf, dass der andere zuerst hineintappte. Emma wollte einfach nicht zu direkt sein, denn sonst hätte sie ihm schon am zweiten Tag ihrer wackligen Bekanntschaft ihren traumhaften Vorschlag unterbreitet. Und Karl Pützkes dachte genauso. Er wollte nicht mit der Tür ins Haus fallen, ahnte jedoch nicht, dass sie geradezu sehnsüchtig auf einen Anstoß wartete.
Wie ganz junge Verliebte setzten sie sich auf eine Bank am Rheinufer und blickten den vorüberziehenden Kähnen nach.
»In Holland hätte ich gerne ein Häuschen«, sagte Emma Kubinke versonnen.
»Holland ist doch so kalt«, meinte er verschmitzt. »Mir wäre Spanien schon lieber!«
»Mir auch«, sagte sie. »Aber man muss doch bescheiden sein!«
»Du bist bescheiden, Emma«, lobte er sie.
»Ach ja, Spanien wäre schon schön«, sagte sie und schloss sehnsüchtig die Augen. »So immer im warmen Sand liegen. Ach, wie wäre das schön! Aber das wird wohl
Weitere Kostenlose Bücher