Ballsaison: Palinskis siebter Fall
Vorwort
Diesmal haben es die österreichischen Kicker tatsächlich geschafft, bei der Endrunde einer Fußballeuropameisterschaft dabei zu sein. Sie dürfen mit den besten Nationalteams des Kontinents um den Einzug in das Finale zittern, das am 29. Juni in Wien stattfinden wird. Ein jahrzehntelang unerfüllter Traum Fußballösterreichs wird damit endlich wahr.
Um dieses Ziel auch ganz sicher zu erreichen, hatten sich die dafür Verantwortlichen etwas einfallen lassen: In Erinnerung an den berühmten Ausspruch Maximilians I., der mit dem Motto ›Bella gerant alii, tu felix Austria nube‹ (›Andere mögen Kriege führen, Du, glückliches Österreich heirate‹) die habsburgische Heiratspolitik begründet hatte, bewarben sie sich um die Ausrichtung des immerhin drittgrößten Sportevents der Welt. Damit hatte Fußballösterreich dieses Mal jegliches Risiko, das nun mal in einer Qualifikationsrunde steckt, vermieden.
Und welch Wunder, die milden Fußballgötter zeigten tatsächlich Verständnis für den großen Wunsch der kleinen Alpenrepublik und beauftragten sie, die Europameisterschaft 2008 gemeinsam mit ihrem spielerisch derzeit stärkeren Nachbarn, der Schweiz, durchzuführen. Dann, als man offiziellerseits bereits begann, sich Sorgen um die Stimmung im Lande zu machen, so ohne rechte Begeisterung geht es ja beim Fußball nicht, sprangen die jungen Helden in die Bresche und sorgten mit einer exquisiten Performance und einem 4. Platz bei der U 20 Weltmeisterschaft im Juli 2007 in Kanada für eine zunächst vielleicht etwas enttäuschend erscheinende, tatsächlich aber für eine ausgezeichnete Platzierung.
Also wenn das kein kräftiges Lebenszeichen des österreichischen Fußballs gewesen ist!
Vor der sowohl sportlich als auch gesellschaftlich monströsen Kulisse der Fußballeuropameisterschaft 2008 spielt ›Ballsaison‹, der jüngste Krimi mit Mario Palinski. Dass der unkonventionelle Privatermittler im Vor- und Umfeld eines derartigen Großereignisses mehr gefordert wird als in einer seiner üblichen Arbeitswochen, liegt in der Natur der Sache. Auch wenn es manchmal ein wenig drunter und drüber zu gehen scheint, Palinski behält den Überblick, meistens zumindest und knüpft die scheinbar losen Fäden schließlich zusammen.
Einen der Höhepunkte und gleichzeitig das ultimative Finale des Romans bildet natürlich das unvermeidliche Kräftemessen des rot-weiß-roten Davids mit dem deutschen Goliath.
In ›Ballsaison‹ endet dieses aus österreichischer Sicht deutlich neurotische Züge aufweisende Aufeinandertreffen schließlich durchaus versöhnlich. Ob und inwieweit das auch im Rahmen der realen Fußball-EM der Fall sein wird, wird die Zukunft erweisen. Wünschen wird man sich das aber wohl noch dürfen.
Möge der Bessere siegen und der Beste Champion werden.
Wien, Februar 2008 Pierre Emme
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Dienstag, 3. Juni, vormittags
Arthur Mellnig, der Fahrgast von Bettplatz 301, war die erste Leiche, mit der Schlafwagenschaffner Werner Pribilek beruflich zu tun hatte. Ja, eigentlich der erste Leichnam seines gesamten, bisher 33 Jahre und ein paar Monate dauernden Lebens überhaupt. Denn sein Opa war bereits vor Werners zweitem Geburtstag einem Herzinfarkt erlegen. Und die Oma, deren Tod auch schon mehr als zwölf Jahre zurücklag, hatte er als Leichnam nicht zu sehen bekommen oder berühren müssen. Um sie hatte er trauern können, ohne dabei durch die grausame Realität eines leblosen, immer starrer und kälter werdenden Körpers gestört worden zu sein.
Und jetzt das hier. Mellnig hatte am Abend vorher sein Frühstück für 5.30 Uhr bestellt, aber auf Pribileks Klopfen nicht reagiert. Das war noch nicht weiter beunruhigend gewesen, das kam schon hin und wieder vor. Öfters als man allgemein wahrscheinlich annehmen würde. Denn eine Menge Fahrgäste hatte erhebliche Schwierigkeiten, im Zug ein- und dann auch durchzuschlafen. Das führte häufig dazu, dass sie erst am frühen Morgen einnickten, mitunter noch eine Tiefschlafphase einlegten und das erste Wecken einfach nicht wahrnahmen.
Bei Ankunftszeiten ab 7.00 Uhr aufwärts war das nicht weiter schlimm, bei einer fahrplanmäßigen Ankunft in Zürich bereits um 6.20 Uhr bedeutete das allerdings zusätzlichen Stress für den ohnehin schon ordentlich geforderten Schlafwagenschaffner . Zwar hatten die Züge seit der befristeten Aufhebung des Schengener Abkommens vor fünf
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