TS 57: Die Irrfahrten des Mr. Green
1.
Zwei Jahre lang hatte Alan Green ohne jede Hoffnung gelebt. Seit dem Tage, an dem das Raumschiff, in dem er sich befunden hatte, auf diesem unbekannten Planeten abgestürzt war, hatte er sich mit dem Schicksal abgefunden, das Zufall und das Gesetz der Wahrscheinlichkeit ihm beschieden hatten. Die Chancen, daß ein anderes Schiff innerhalb der nächsten hundert Jahre hier landen würde, standen eine Million zu eins. Herumzusitzen und auf Rettung zu warten, hatte deshalb nicht viel Sinn. So schwer es ihm gefallen war, hatte er sich doch mit dem Gedanken versöhnt, hier den Rest seines Lebens verbringen zu müssen und dabei soviel Saft aus dieser planetengroßen Zitrone herauszuquetschen versuchen, wie es nur irgend anging. Viel allerdings gab es nicht zu quetschen. Tatsächlich schien vorläufig er es zu sein, der Saft verlor, denn kurz nach seinem Schiffbruch hatte man ihn zum Sklaven gemacht.
Jetzt plötzlich zeigte sich ihm ein Hoffnungsschimmer.
Das geschah einen Monat, nachdem er zum Aufseher der Küchensklaven des Herzogs von Tropat ernannt worden war. Übrigens war es die Herzogin persönlich gewesen, die ihn aus dem Sklavenpferch in dieses begehrte, wenn auch gefährliche Amt geholt hatte. Gefährlich deshalb, weil Herzogin Zuni ungemein eifersüchtig und egoistisch war und das geringste Zeichen mangelnder Aufmerksamkeit den Verlust des Lebens nach sich ziehen konnte. Green wußte, wie es seinen beiden Vorgängern ergangen war, und dieses Wissen machte ihn äußerst feinfühlig gegenüber jeder ihrer Gesten und jedem ihrer Wünsche.
An diesem bedeutungsvollen Morgen saßen Herzog und Gefolge beim Frühstück, die Herzogin an der einen Schmalseite der langen Tafel, der Herzog an der anderen. Green stand hinter ihr und beaufsichtigte die Dienerschaft. In der Hand hielt er seinen Amtsstab, einen kurzen, weißen Stock, gekrönt von einer großen roten Kugel, mit dem er den Sklaven winkte, die die Speisen auftrugen, Bier und Wein einschenkten, mit ihren Fächern die Fliegen verscheuchten, den Hausgott hereinbrachten und auf seinem Thron niedersetzten und die etwas spielten, das wie Musik klang. Ab und zu beugte er sich über der Herzogin langes schwarzes Haar und wisperte ein paar Zeilen aus diesem oder jenem Liebesgedicht, pries ihre Schönheit, beklagte ihre vermeintliche Unerreichbarkeit und sprach von der brennenden, obschon scheinbar hoffnungslosen Leidenschaft, die er für sie empfand, worauf Zuni lächelte oder die Dankesformel hersagte oder einfach nur über seinen spaßigen Akzent kicherte.
Der Herzog am anderen Ende des Tisches übersah das Getändel, so wie er auch den sogenannten Geheimgang unbeachtet ließ, der sich zwischen den Mauern der Burg hinzog und den Green benutzte, um zu den Gemächern der Herzogin zu gelangen. Die Sitte forderte das so, wie sie ebenso verlangte, daß er den entrüsteten Ehemann zu spielen hatte, sollte die Herzogin Greens überdrüssig werden oder sich über ihn ärgern.
Das allein genügte, um Green nervös zu machen, doch gab es mehr zu bedenken als nur den Herzog. Da war Alzo.
Alzo war der Wachhund der Herzogin, ein riesiges Ungetüm von Bullenbeißer mit zottigem rotgoldenem Fell. Der Hund haßte Green mit einer Inbrunst, die Green sich so nur erklären konnte, daß das Tier – vielleicht an seinem Körpergeruch – gemerkt haben mußte, daß Green auf dem Planeten ein Fremder war. Dann und wann erhob er sich auf seine vier Tatzen und drückte die Schnauze gegen Greens Bein. Und Green konnte nicht verhindern, daß ihm dabei jedesmal der Schweiß ausbrach, denn das Hundevieh hatte schon zweimal bei einer solchen Gelegenheit zugebissen – aus reinem Übermut, sozusagen – und Green ganz gehörig die Wade zerfleischt. Das allein war natürlich schon schlimm. Doch nicht genug damit: Green war besorgt, die Eingeborenen könnten bemerken, daß seine Wunden ungewöhnlich schnell heilten – nahezu über Nacht. Noch lange, nachdem die neue Haut gewachsen war, war er damals gezwungen gewesen, um seine Beine einen Verband zu tragen.
Auch jetzt schnüffelte das widerliche Hundetier an dem zitternden Green herum. In diesem Augenblick gelobte sich Green endgültig, den Köter noch einmal umzubringen, gleichgültig, welche Strafe ihn danach erwartete. Doch kaum hatte er dieses Gelöbnis abgelegt, als die Herzogin ihn den Hund völlig vergessen ließ.
„Liebster“, sagte Zuni und unterbrach den Herzog in seinem Gespräch mit einem Kapitän der Handelsmarine,
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