Banana Pancake Trail: Unterwegs auf dem vollsten Trampelpfad der Welt (German Edition)
Pakistan und Kolumbien erzählen konnten, schimmerten ihre Augen trübe.
Das Geld ist aufgebraucht. Dir dämmert, dass die Scheine nicht nur aus dem Automaten herauskommen. Auf dem Landeanflug fallen dir die geometrisch exakten Linien der deutschen Felder auf. Du ahnst etwas von den Strukturen und dem Rhythmus, der dich daheim erwartet. Nach einem halben Jahr glaubst du, alles müsse sich daheim verändert haben, so wie sich alles in dir verändert hat. Dein bester Freund fragt: «Wie war’s? Du musst mir alles erzählen.» Doch nach zehn Minuten erzählt er dir von seinem «krassen Absturz» am Samstag. Deine Schwester gähnt, als sie das 57. Strandfoto sieht. Die Mädchen schauen dich nicht einmal mehr an. Als du einen Fremden in einem Café auf das interessante Buch ansprichst, das er gerade liest, murmelt er nur «Mhmm». Du bist wieder daheim.
Du kannst nicht mehr weg, und das Wetter ist auch beschissen. Du willst wieder weg.
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Die Gleichgesinnten
Ort: Bangkok, Thailand
«Backpacker sehen alle gleich aus, je nach Aufenthaltsland gehüllt in einen Sarong, einen Lungi, eine Kurta oder in die bunte Posthippieuniform, die man an Tankstellen der Backpackerautobahn wie etwa Goa oder Chiang Mai billig erwerben kann.»
Ilija Trojanow [1]
Es ist dunkel geworden. Kleine Lichter funkeln, Rauch steigt aus fahrbaren Garküchen empor. Vlad zeigt auf zwei hochgewachsene Thailänderinnen mit exotisch-markanten Gesichtszügen, die mit einem angetrunkenen Backpacker reden. Die Frauen tragen beide ein knappes Kleid und ein tiefes Dekolleté. Ihre Lippen sind voll, ihre Augen unergründlich und schwarz.
«Das sind die Transen. Nachts kommen sie raus und machen sich einen Spaß daraus, Backpacker zu verführen, die zu betrunken sind, um auf die Größe ihrer Hände und Adamsäpfel zu achten.»
Der Mann – er ist jung, nicht älter als 25, groß, gut aussehend – lacht, und die zwei Frauen, die Männer sind, lachen zurück. Eine fährt mit ihrer Hand über seine Brust.
«Er ist gerade angekommen», sagt Vlad. «Er fühlt sich geschmeichelt, er denkt, das sind echte Frauen, und sie stehen auf ihn, weil er etwas Besonderes ist.»
Vlad ist Russe und 65 Jahre alt. Er sieht aus wie eine Mischung aus Mickey Rourke und Mahatma Gandhi. Er trägt ein nicht mehr ganz so weißes Muskelshirt, das seine weiß behaarten, sehnigen Arme nicht verdeckt. Vlad erzählt, dass er vor Jahren eine Bar in Odessa in der Ukraine hatte, eine Thailänderin kennenlernte, mit ihr nach Bangkok zog, sich wieder trennte, nach China fuhr, dort ein Import-Export-Geschäft für Louis-quatorze-Möbel eröffnete und später wieder alles verkaufte. Jetzt reist er nur noch.
Vor ihm steht ein angebissenes Sandwich aus weißem Toastbrot, Schinken und Ketchup. Er raucht und trinkt ein Singha-Bier. Er sagt, auf Reisen erlaube er sich, am Mittag das erste Bier aufzumachen. Vlad reist schon seit Jahren.
Wir sitzen auf roten Plastikhockern an einem Plastiktisch, in dessen Mitte ein Plastikbehälter steht. In dem Plastikbehälter sind Servietten aus sehr dünnem Zellstoff, die sich anfühlen wie Plastik, wenn man sie zwischen den Fingern reibt. Vor uns dröhnt «Porcelain» von Moby aus einer sehr großen Box. Die Musik ist übersteuert, die Bässe kratzen. Davor hat ein Thailänder einen Tisch mit schwarzgebrannten CDs belegt. Ab und zu schreit er einen Passanten an: «Mister, you buy music!»
Die meisten gehen vorbei, aber immer wieder wühlt jemand die unzähligen Tonträger durch, und dann beginnt eine Feilscherei in Pidginenglisch:
«300 baht.»
«Give me discount!»
«Okay, for you 280 baht!»
«Too expensive, I give you 150 baht.»
«Nooo, you crazy? 260 baht.»
«260 baht? No way! I give you 180.»
Das geht noch eine Weile so, bis sich beide auf 230 Baht einigen. Der Thai kramt aus einem Beutel, den er um den Bauch trägt, 20 Baht heraus, und stopft 250 hinein. Er steckt die CDs in eine dünne Plastiktüte, und der Schwede, Engländer oder Deutsche packt sie zu den dreieckigen Sitzkissen, dem Aschenbecher und dem Schachspiel, die er auf ähnliche Art und Weise erstanden hat, und geht weiter.
Ich bin vor fünf Stunden in Bangkok gelandet. Zwei Stunden lang saß ich in einem Taxi, das mich vom Flughafen zur Khaosan Road brachte, zwei weitere habe ich versucht, in einem fensterlosen Zimmer unter einem Ventilator zu schlafen. Es klappte nicht. Ich ging auf die Khaosan, setzte mich auf einen Plastikhocker und schaute mir
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