Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bannsänger

Bannsänger

Titel: Bannsänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
Vom Netzwerk:
marschieren – falls dem Hexer zu glauben war. Aber was ihn selbst anging, so war er entschlossen, sich so weit davon entfernt zu halten wie irgend möglich.
    Er mochte wirklich alles, was neue Methoden des Tötens erschloß, aber das hier hatte eine Reichweite, die Welten umfaßte..
    Allein Größe und Kleidung hätten den riesenhaften Otter beachtenswert gemacht, selbst wenn er nicht über Meriweathers Füße gestolpert wäre. Mit gespreizten Schnurrhaaren im Gras liegend, maß das Wesen kaum dreißig Zentimeter weniger als der ein Meter neunzig lange schlacksige junge Mann.
    Es war der bei weitem größte Otter, den Jon Meriweather je gesehen hatte. Obwohl Student der Geschichte und nicht der Zoologie, war er trotzdem bereit zu wetten, daß ein Meter sechzig ein wenig über dem lagen, was Otter normalerweise erreichten. Trotz des Nebels, der sein Gehirn immer noch einhüllte, war er auch ziemlich sicher, daß sie nicht in Spitzkappen aus grünem Samt, Schlangenhautwesten und kastanienbraunen Samtpuffhosen umherliefen. Jon erhob sich sehr bedächtig, bemerkte den Stummel des Joints, den er zwischen rechtem Daumen und Zeigefinger festklammerte, und schnippste ihn angewidert weg. Das augenblickliche Problem war nicht so sehr der völlig unmögliche Otter, sondern die Lösung der Frage, womit sein Freund Shelly das Gras verschnitten hatte.
    Dessen ungeachtet konnte Jon den Blick nicht von dem Wesen wenden, das sich jetzt auf sein Hinterteil rollte. Die samtenen, an den Knöcheln zusammen gebundenen Pumphosen machten ihm einen Umstand klar, über den nach zu denken er zuvor nie Grund gehabt hatte: Otter haben sehr tiefe Gürtellinien.
    Dieser zog seine gefederte Kappe fest über keksförmige Ohren und machte sich daran, die Pfeile einzusammeln, die aus dem Köcher an seinem Rücken gefallen waren. Das Unterfangen wurde durch das kurze Schwert behindert, das in seiner Scheide vor der Brust des Otters hing; es kam ihm jedesmal in die Quere, wenn er sich vorbeugte. Einige beiläufige mörderische Blicke auf Jon gaben diesem das Gefühl, daß es dem Tier Freude bereitet hätte, einen der ellenlangen Pfeile in ihn zu versenken.
    Das war kein Grund, sich Sorgen zu machen. Er schwankte und genoß behaglich die Halluzination. Cannabis hatte nie zuvor Halluzinationen in ihm erzeugt, aber es gab immer ein erstes Mal. Womit hatte Shelly ihren Stoff nur verschnitten?
    Der Beweis, daß er mit etwas sehr Kräftigem versetzt sein mußte, stolperte vor ihm durchs Gras, murmelte böse vor sich hin und sammelte Pfeile ein.
    Zweifellos litt sein überfordertes Hirn unter den langen Studierstunden, die er kürzlich eingelegt hatte – zusätzlich zu seiner Arbeit von abends neun bis morgens drei. Es war notwendig gewesen. In sieben Wochen standen die Abschlußprüfung und die Vorlage seiner Magisterarbeit bevor. Einmal mehr ließ er das Thema auf der Zunge zergehen: Manifestationen und Vorformen demokratischer Regierung in Amerika am Beispiel der »Verbindungen des Edlen Sonnenkönigs der Inka‹ 1248-1350. Es war ein großartiger Titel, fand er; und bei der Vorlage einer Dissertation war ein guter Titel schon ein halb gewonnener Kampf. Mochten Recherchen und Stil auch noch so brillant sein – ohne Titel war man verloren.
    Nachdem er den letzten Pfeil in seinen Köcher geschoben hatte, zog der Otter ihn vorsichtig zurück auf den Rücken. Dann blickte er sich auf der Wiese um; seine scharfblickenden schwarzen Augen registrierten jeden Baum und jeden Busch. Schließlich kam der aufmerksame Blick auf der verträumten Gestalt Jon Meriweathers zur Ruhe.
    Da die Vision augenscheinlich auf irgendeinen Kommentar zu warten schien, sagte der freundlich gestimmte Student: »Was kann ich für dich tun, Sproß meines nächtlichen Tagtraums?«
    Anstelle einer Antwort richtete das Tier seine Aufmerksamkeit wieder auf die andere Seite der Wiese, suchte kurz und zeigte dann auf ein entferntes Gebüsch. Träge folgte Jon der Geste des Otters.
    Unter einem moosigen Findling von der Form und Größe eines demolierten Volkswagens verschwand eine leuchtend gelbe Waldeidechse, die etwas größer war als ein Huhn. Sie schoß auf ihren Hinterbeinen davon, den langen peitschenartigen Schwanz zur Balance nach hinten ausgestreckt. Einmal starrte sie über die Schulter zurück und enthüllte eine Doppelreihe aus hellrosa Punkten, die von der Kehle über die Brust verlief. Dann war sie in der Sicherheit ihres Baus verschwunden.
    Die Realität begann ihr häßliches

Weitere Kostenlose Bücher