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Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels

Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels

Titel: Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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Sie an und erkenne Sie nicht wieder … Was hatten Sie denn vor? Diesen Idioten umzulegen?«
    »Er arbeitet für Mauricio Valls«, sagte ich nur.
    Fermín verdrehte die Augen.
    »Daniel, diese Besessenheit läuft Ihnen allmählich aus dem Ruder. Hätte ich Ihnen bloß nichts erzählt … Geht es Ihnen gut? Zeigen Sie mal diese Hand …«
    Ich hielt ihm die Faust hin.
    »Heilige Muttergottes.«
    »Wie wussten Sie …?«
    »Weil ich Sie kenne, als hätte ich Sie selbst in die Welt gesetzt, obwohl es Tage gibt, an denen es mir fast leidtut«, sagte er hitzig.
    »Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist.«
    »Ich weiß es sehr wohl. Und es gefällt mir nicht. Es gefällt mir gar nicht. Das ist nicht der Daniel, den ich kenne. Und auch nicht der Daniel, dessen Freund ich sein will.«
    Die Hand schmerzte mich, aber noch mehr schmerzte mich die Erkenntnis, dass ich Fermín enttäuscht hatte.
    »Fermín, seien Sie nicht böse auf mich.«
    »Da schau her, jetzt möchte der Kleine auch noch eine Medaille!«
    Eine Weile schwiegen wir und schauten jeder auf seiner Seite aus dem Fenster.
    »Zum Glück sind Sie gekommen«, sagte ich schließlich.
    »Haben Sie wirklich gedacht, ich würde Sie alleinlassen?«
    »Sie werden Bea nichts sagen, ja?«
    »Wenn es Ihnen recht ist, schreibe ich der Vanguardia einen Leserbrief und schildere Ihre Heldentat.«
    »Ich weiß nicht, wie mir geschehen ist, ich weiß es wirklich nicht …«
    Er schaute mich streng an, dann aber entspannten sich seine Züge, und er tätschelte mir die Hand. Ich schluckte meinen Schmerz hinunter.
    »Zerbrechen wir uns nicht weiter den Kopf. Ich hätte vermutlich genauso gehandelt.«
    Vor der Fensterscheibe sah ich Barcelona vorübergleiten.
    »Was war das für ein Ausweis?«
    »Wie bitte?«
    »Der Polizeiausweis, den Sie ihm gezeigt haben – was war das?«
    »Der Barça-Mitgliedsausweis des Pfaffen.«
    »Sie hatten recht, Fermín. Ich war ein Idiot, als ich Bea verdächtigt habe.«
    »Ich habe immer recht. Das ist mir in die Wiege gelegt worden.«
    Ich beugte mich den Tatsachen und schwieg; an diesem Tag hatte ich ohnehin schon genug dummes Zeug geplappert. Fermín war völlig verstummt und hatte ein nachdenkliches Gesicht aufgesetzt. Mich beunruhigte der Gedanke, ihn mit meinem Verhalten so enttäuscht zu haben, dass er nicht mehr wusste, was er zu mir sagen sollte.
    »Woran denken Sie, Fermín?«
    Er sah mich besorgt an.
    »Ich dachte an diesen Mann.«
    »Cascos?«
    »Nein, an Valls. An das, was dieser Schwachkopf vorher gesagt hat. Was es bedeutet.«
    »Was meinen Sie?«
    Er schaute mich düster an.
    »Dass es mir bisher Sorgen gemacht hat, dass Sie Valls finden wollten.«
    »Und jetzt nicht mehr?«
    »Da gibt es etwas, was mir noch mehr Sorgen macht, Daniel.«
    »Nämlich?«
    »Dass er es ist, der Sie sucht.«
    Wir sahen uns schweigend an.
    »Haben Sie eine Ahnung, warum?«, fragte ich.
    Fermín, der sonst immer auf alles eine Antwort hatte, schüttelte langsam den Kopf und wandte den Blick ab.
    Den Rest der Fahrt legten wir wortlos zurück. Zu Hause ging ich sofort in die Wohnung hinauf, duschte und schluckte vier Aspirin. Dann ließ ich die Jalousie herunter, umarmte das Kissen, das nach Bea roch, und schlief ein wie der Idiot, der ich war, nachdem ich mich noch gefragt hatte, wo die Frau stecken mochte, für die ich klaglos die Hauptrolle in der Lachnummer des Jahrhunderts übernommen hatte.  

13
    »Ich seh ja aus wie ein Stachelschwein«, sagte die Bernarda, als sie ihr verhundertfachtes Bild im Spiegelsaal des Modehauses Santa Eulalia betrachtete.
    Zu ihren Füßen steckten zwei Modistinnen mit Dutzenden Nadeln das Brautkleid ab, aufmerksam beobachtet von Bea, die die Bernarda umkreiste und jede Falte und jede Naht inspizierte, als gehe es um ihr Leben. Die Bernarda, die Arme zum Kreuz gebreitet, traute sich kaum zu atmen, aber ihr Blick war gefangen von den verschiedenen Perspektiven, in denen sie in diesem sechseckigen Spiegelraum ihre Figur nach Anzeichen eines Bauches absuchte.
    »Sieht man bestimmt noch nichts, Señora Bea?«
    »Nichts. Platt wie ein Bügelbrett. Dort, wo es platt sein soll, natürlich.«
    »Ach, ich weiß nicht, ich weiß nicht …«
    Das Martyrium der Bernarda und die Anpassungs- und Taillierungsarbeit der Modistinnen dauerten noch eine weitere halbe Stunde. Als alle Stecknadeln der Welt zum Aufspießen der armen Braut aufgebraucht schienen, machte hinter dem Vorhang hervor der Starschneider des Hauses und Schöpfer

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