Bartstoppelkuesse
wieder in meinem Wohnungsorbit waren, erledigten sich die Dinge von allein. Da half den Männern auch kein Mogelmodell von Schiesser mit eingebautem Spannkraftverstärker für den Po. Ich liebte ohne zu lieben und der Teppich war auch immer noch derselbe.
Jeden Tag quälte ich mich zu diesem seltsamen Ort, den man Arbeitsplatz nannte. Charmant aber schamlos nutzten die Herren der Schöpfung es aus, dass ein Pott Kaffee bei mir immer ein Türöffner war. Ihr praktizierter, fürsorglicher Rollentausch dauerte meist nur drei Sekunden, aber machte sie zu so herrlich entzückender Beute für den Rest des Lebens einer Frau. Überall lauerten Versuchungen!
Ein neuer Praktikant mit abgeschlossenem Philosophiestudium raubte mir gleich am ersten Tag nach dem Urlaub die Sinne.
„Du siehst aus wie Schneewittchen“, flirtete er mich an.
„Und du siehst aus wie einer von den sieben Zwergen“, skandierte ich zurück.
Langbeinig, breitschultrig und blond wie er war, hatten wir wunderbare A nsatzpunkte für das zusamMENSCHließen von Mann und Frau, auch wenn ganz andere Gehirnareale aktiv waren und Emotionen unterschiedlich gedeutet wurden. Er verstand es, mir Nähe und Intimität zu vermitteln durch Sex auf dem Schreibtisch oder dem Kopierer. Obwohl ich das für eine gewagte Einstellung hielt, weil mir Zuwendung und Zeit wichtig waren, wenn ich mich einem Mann ganz und gar öffnen sollte.
In meiner Wohnung wollte ich dies mit ihm erleben, mit der Konsequenz, dass es wieder einmal gründlich in die Hose ging.
Als ich ihn vorsichtig wecken wollte, fiel dies zusammen mit d em Hämmern meines unzurechnungsfähigen Wohnungsnachbarn, der diese Arbeit schon vor dem ersten Sonnenstrahl verrichtete.
Nicht nur dass der Tag beschissen anfing, zum Abschied schenkte mir der langbeinige Praktikant auch noch einen Gutschein für einen Rhetorikkurs und warf mir Bücher von Kant, Herder und Nietzsche aufs Bett.
Ich empfand dies als hausgemachte Katastrophe und verwehrte mich gegen die Benutzung meines Schlafzimmers als Spielplatz der Philosophenschule. Tags drauf verschenkte ich die Bücher an meine Kollegin. Nur den Kant behielt ich als Tischbeinstütze.
Dann zog ich aus. Ich hatte die Nase voll.
Nachdem ich und meine Kartons das Umzugschaos überwunden hatten und ich meine gepflegten Freunde des Hackgerichtes zur Einweihungsparty mit Bolognese und Rotkäppchensekt eingeladen hatte, überkam mich abends ein absolutes Tief.
Jetzt könnte man denken, es läge an dieser merkwürdigen Zusammenstellung. Aber nein, es lag daran, dass ich auf einmal die Masse zwischen meinen Ohren auf Schwung brachte und die Sinnkrise bekam.
Warum war ich eigentlich so, wie ich war?
Klar, die Männer hatten Schuld. Männer wie Sponge Schwammkopf und Bob der Baumeister. Männer aus meiner Vergangenheit wie Prinz Eisenherz, Mogli, der Hustinettenbär und der Persil-Mann.
Männer mit Problemen, Männer, für die ich das Problem gewesen war – learning by doing nennt man so was.
Was konnte ich dafür, dass ich mich zu einer weiblichen Casanova entwickelt hatte?
Ich war zu einer Frau geworden, der man nicht widerstehen konnte. Einer Femme Fatale , die ihre Lust im Erlegen auslebte und deren Verwandlungskunst kein Mann widerstehen konnte.
Ich hatte eine ausgesprochene Neugier für alles Sexuelle. Mal gab ich meinen Körper, behielt aber mein Herz für mich. Dann wieder verweigerte ich jeden Kuss und gestand doch meine Liebe.
Mal geriet ich an einen, der mich betrog, mal an einen, der seiner russischen Liebe noch immer hinterher trauerte und keinen hochbekam oder an einen, bei dem alles stimmte, von der Haarfarbe bis hin zum Kolorit seiner Zähne, und der zu viel des Guten war.
Ach verdammt , ich konnte nicht jeden mittelprächtigen Fick zur großen Liebe hochstilisieren! Ich war siebenunddreißig und irgendwo musste der passende Deckel zu meinem Topf schon auf mich warten. In mir brannte sich um drei Uhr nachts die Frage ins Hirn, warum alle Menschen immer „suchen“ - nach ihrem „Partner“. Warum war der Mensch so verrückt darauf, ein Gegenstück zu finden, das dennoch gleich ist? Ich glaubte nicht, dass für jeden Topf wirklich ein passender Deckel existierte. Es gab schließlich auch Töpfe ohne Deckel. Und … es gab mich!
Schlamperte Designer und Nadelstreifenblau
Nachdem ich ergänzend zu meiner Arbeit in der Werbeagentur ein Tonstudio aufgemacht hatte, hoffte ich auf neue Perspektiven. Ich wollte mich endlich
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