BattleTech 11: Blut der Kerensky 2 - Blutiges Vermächtnis
ihre Schwester und deren Ehemann empfand, hätte es erneut zu Unruhe kommen können, aber eine Stimme aus dem Draconis-Kombinat lenkte das Gespräch in eine weniger gefährliche Richtung.
»Sicherlich hatten die Dragoner unter den gegebenen Umständen mehr als ausreichend Gelegenheit zum Verrat, aber ich hätte eher erwartet, einige von uns würden einander umzubringen versuchen.« Theodore Kurita, Kriegsherr des Draconis-Kombinats, legte die Fingerspitzen zusammen, als er sprach. »Wenn jemand versucht hat, uns in die Falle zu locken, ist ihm das gelungen, denn wir sind alle hier in dieser außergewöhnlichen Versammlung. Da bisher nichts Unangenehmes geschehen ist, wäre es vielleicht produktiver, wir würden davon ausgehen, daß wir gar nicht verraten wurden.«
Während Theodore sprach, studierte Victor die Delegation des Draconis-Kombinats. Theodore Kurita, der hochgewachsene, hagere Gunji-no-Kanrei des Kombinats, saß zwischen seiner Gattin und seinem ältesten Sohn Hohiro. Hohiro besaß die wilden, edlen Züge seines Vaters, und Victor fühlte einen Stich, als sich ihre Blicke trafen.
Der jüngere Davion konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. Er ist genau wie ich. Unsere Väter hassen sich, solange sie denken können. Jetzt fällt uns dieses Erbe zu.
Hinter Hohiro erkannte Victor Narimasa Asano, den Anführer der Genyosha, einer der gefürchtetsten Einheiten des Draconis-Kombinats. Dann bemerkte er eine wunderschöne junge Frau, nach zeremonieller japanischer Tradition gekleidet und zurechtgemacht, die zwischen Hohiro und Theodore stand. Ein Kriegsrat schien kein Ort für eine solche exquisite, erhabene Schönheit, und in Victors Gedanken überschlugen sich die Fragen.
Jaime Wolf sah von seinem Pult auf und blickte hinüber zu einem weiteren Kontingent aus den Fürstenhäusern der Inneren Sphäre. »Sie sind der letzte Redner, Generalhauptmann. Was meinen Sie? Sind Sie in eine Falle gelaufen, oder kann man den Dragonern trauen?«
»Ich denke nicht, daß Ihre Fragen unbedingt zwei Seiten ein und derselben Münze darstellen, Oberst.« Thomas Marik erhob sich nicht, um das Wort zu ergreifen, aber trotzdem war er eine imposante Erscheinung. Die rechte Gesichtshälfte und Hand des hochgewachsenen, schlanken Generalhauptmanns waren stark vernarbt, Erinnerungen an die Verbrennungen durch die Explosion, bei der sein Vater den Tod gefunden hatte. Trotz der entstellenden Narben ließen Mariks feste Züge und seine Haltung jedoch auf eine innere Stärke schließen, die während seiner Zeit bei ComStar gewachsen sein mochte. Er trug eine violette Uniform ohne Rangabzeichen. Auf seinen graumelierten Haaren saß eine Uniformmütze mit kurzem Schirm.
Victor wunderte sich über die Mütze, dann bemerkte er, daß auch Thomas' Frau Sophina eine trug. Und Joshua Simon, ganze fünf Jahre alt, der neben seiner Mutter saß und ihre Hand hielt, trug sie ebenfalls. Die Uniform des Knaben glich der seines Vaters, und die Mütze verbarg seinen Kahlschädel. Durch die dunkle Uniform wirkte Joshuas Haut noch fahler. Seine Augen lagen tief im Schatten. Der Knabe bewegte sich mit einer Langsamkeit, die äußerste Erschöpfung suggerierte, und doch versuchte er offensichtlich, sich so groß wie möglich zu machen.
Galen zog die Luft zwischen den Zähnen ein. »Es stimmt also. Das Kind ist schwerkrank.«
»Justins Informanten berichten von Leukämie.« Victor schüttelte mitleidig den Kopf. »Marik hofft, daß der Junge überlebt, aber die Aussichten sind nicht allzugut. Joshua reagiert sehr empfindlich auf die Medikamente, mit denen er behandelt wird; sie zerstören sein Immunsystem. Sehen Sie sich nur an, wie blau seine Lippen sind. Anämie als Folge der letzten Chemotherapie.«
Neben dem Knaben putzte sich Isis Marik zurecht wie eine Debütantin. Auch sie trug eine paramilitärische Uniform und hatte sogar aus Solidarität mit ihrem Halbbruder eine Mütze aufgesetzt. Ihre Mütze saß jedoch in einem kecken Winkel auf dem Kopf und betonte das volle, kastanienbraune Haar, das Isis über eine Schulter nach vorne auf den Busen fallen ließ.
Victor verzog das Gesicht. »Beinahe, als wolle sie die Krankheit des Jungen verspotten.«
»Wenn er stirbt, wird sie Generalhauptmann, mein Prinz.« Eine Spur von Unbehagen schlich sich in Galens Blick. »Ihr seid an erster Stelle der Thronfolgeliste und denkt daher möglicherweise nicht allzuviel über solche Fragen nach. Aber der Status eines soeben anerkannten fürstlichen Bankerts könnte
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