BattleTech 24: Auge um Auge
den Wolken herab – wie Engel, dachte er.
Er lächelte unter seinem Helm. Diese Erscheinungen standen definitiv auf der falschen Seite, um Engel zu sein. Leutenient Teresa Chävez würde ihn endlos schelten, wenn sie wüßte, daß er solch ketzerische Gedanken hegte.
Jenseits des Flusses fiel der Schnee schwer auf Sodegarami. Tatsächlich fiel überall Schnee. Aber auf das flammende Herz Masamoris fiel keiner.
Das sagt viel über unsere Sünden aus, dachte Don Carlos. Gott läßt seinen reinen weißen Schnee auf die Treibende Welt fallen, aber nicht auf uns.
Langsam ging er mit seinem Katamaran den eindringenden Mechs entgegen. Er verstand nur allzugut, was geschehen war. Die Sicherheitstruppen des Mirza in ihren blauen Overalls waren sehr gut in dem, was sie taten. Aber es gehörte nicht zu ihrer Stellenbeschreibung, die volle Wucht eines Frontalangriffs eines gesamten Veteranenregiments von BattleMechs aufzufangen. Sie waren alle völlig damit beschäftigt gewesen, das entsetzliche, aber erregende Schauspiel zu sehen, wie Tai-sa Shimazus Streitkräfte sich einen Weg ins Herz des Hachiman Taro-Komplexes freinagten, und hatten vergessen, ein Auge auf den Fluß zu werfen.
Als die feindlichen Mechs landeten, schwärmten sie zu beiden Seiten aus, bis sie den Großen Weißen im Halbkreis umstanden.
»Es gibt nicht zu viele erbeutete Katamarane in der Inneren Sphäre«, dröhnte es aus den Lautsprechern der Ballista, »und noch viel weniger haben dieses Hailächeln auf die Schnauze gemalt. Kolonel Camacho, nehme ich an.«
»Si. Mit wem habe ich die Ehre?«
»Tai-i Hanson vom Neunten Geisterregiment.« Die Ballista machte eine Geste mit der linken Hand. »Ich fordere Sie auf, sich zu ergeben, Kolonel. Dieses Spiel ist aus. Ich weiß, daß Sie einen Katamaran steuern – was bedeutet, daß sie zunächst einmal Manns genug waren, um ihn von den Clans zu erbeuten. Und wir sind nur kleine Jungs. Aber wir sind zwölf gegen einen.«
In der Tat, dachte Don Carlos, und was für ein ruhmreiches Lied kann Zuma über mein Hinscheiden schreiben. Da empfand er Scham, weil er dem Obersten Azteken nicht erlaubt hatte, das Lied zu singen, das er für Patsy komponiert hatte. Es war reine Kleinlichkeit gewesen, ein letzter, bleibender Stich, zugefügt von einem unwürdigen Vater. Aber Zuma war weise, er würde wissen, daß er Patsys Lied bei Don Carlos' Beerdigung singen konnte.
Wenn Caballeros überlebten. Aber welchen besseren Tod konnte es für ihren Kolonel geben, als bei einer ausreichend langen Abwehr dieses Angriffs von hinten, so daß ein Gegenangriff gestartet werden konnte?
»Bedaure«, sagte er, »daß ich Ihr freundliches Angebot ablehnen muß.« Um seine Ansichten unmißverständlich klar zu machen – denn er würde als ehrenhafter Mann sterben, so wie er zu leben versucht hatte -, hob der Kolonel die großen PPKs, in denen beide Arme endeten.
Ein Schatten glitt über ihn. Er sah durch die Deckelplatte der Kuppel nach oben und erblickte die unverkennbare Gestalt des Dunkelfalke seines Sohns, die über ihm dahinsegelte. Direkt auf die feindliche Kompanie zu.
»Gavilän, nein!« schrie er. »Du bist unbewaffnet!«
Der rote Milan landete vor ihm. Er wackelte, dann beugte er die Knie und sprang Hansens BattleMech an.
Die Geister eröffneten das Feuer. Sie spürten verwundete Beute und ignorierten den Katamaran des Kolonel, um sich auf den flugfähigen Dunkelfalke zu konzentrieren.
Die Panzerung des Roten Milan war seit dem Beschuß auf den Straßen Murasakis nur noch rudimentär vorhanden. Einen seelenzerreißenden Augenblick lang sah Don Carlos die Maschine seines Sohnes vor den Wolken hängen, im Feuer gekreuzigt.
Im nächsten Augenblick explodierte der Mech mitten in der Luft. Ein Fallschirm war nicht zu sehen.
»Nein!« schrie Don Carlos noch einmal. Er trieb den Katamaran mit seiner schrecklichen OmniMech-Geschwindigkeit nach vorn.
Er wollte nicht mehr sterben. Sein eigenes Überleben war ihm tatsächlich gleichgültig geworden.
Er wollte nur noch töten. Sein einziges verbliebenes Kind war vor seinen Augen abgeschlachtet worden.
Er würde diese Augen mit Drachenblut reinwaschen.
O-Leutenient Teresa de Avila Chävez – la Guadalupana – starb, als sie einen Angriff gegen die Flanke des Keils führte, den die Geister wie einen Speer in den Komplex getrieben hatten. Nicht weniger als fünf MechKrieger schworen später, in den Flammen, die von ihrem Kreuzritter aufstiegen, hätten sie Engel fliegen sehen,
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