BattleTech 31: Im Herzen des Chaos
anbot, lag jenseits des Towers auf der anderen Seite des Hafens.
Der andere Kontrollbeamte nahm den Kopfhörer ab, stand auf und kam zu Obata herüber. Als er das Stirnband sah, streckte er ihm die Hand hin und zeigte viele Zähne. In dem genau berechneten Halbdunkel, das von roten und bernsteinfarbenen Anzeigetafeln erleuchtet war, hielt er das hachimaki fälschlicherweise für etwas Festlicheres. »Obata-san! Sind sie gekommen, um uns feiern zu helfen?«
Mr. Obata spürte, wie sich seine eigenen Lippen zu einem Grinsen verzogen, das seinen Schädel zu spalten drohte. Er hob die rechte Hand aus ihrer Deckung und schoß den Mann aus einer Entfernung von etwa zwei Zentimetern in die Stirn.
Die Waffe war ein Spezialmodell für Geheimeinsätze, das alte, aber noch immer beliebte Langgewehr, mit eingebautem Schall- und Mündungsfeuerdämpfer und vierundzwanzig Schuß in den einem Doppelmagazin im Kolben. Das Modell war ursprünglich von SEKURA entwickelt worden, dem Spionagedienst des Hauses Marik, aber der Entwurf war von den anderen Großen Häusern und mehreren kleineren Mächten kopiert worden und infolgedessen nicht zurückzuverfolgen. Es machte nicht mehr Lärm, als wenn man kräftig ausspuckt. Der andere Mitarbeiter, dessen Gehör von seinem Kopfhörer und dem Bemühen darum, den Gaijin-Funker an Bord des Frachters zu verstehen, behindert wurde, merkte erst, daß etwas nicht stimmte, als er seinen Partner aus dem Augenwinkel zu Boden fallen sah wie ein fortgeworfenes Handtuch.
Als der Mann den Kopf herumriß, näherte sich Mr. Obata ihm mit unheimlich starrem Grinsen, das schallgedämpfte Gewehr mit beiden Händen weit vor sich gestreckt. Der Verkehrskontrolleur sprang auf und riß die Arme schützend vors Gesicht, als Mr. Obata auch schon auf ihn zu schießen begann.
Blut spritzte aus einem Treffer am rechten Unterarm des Kontrolleurs. Der junge Techniker kreischte entsetzt und schoß blind davon, wobei er den Stecker seines Kopfhörers aus der Konsole riß. Leider führte der Weg, den er einschlug – es war ganz natürlich der, der ihn von seinem schrecklich grinsenden Angreifer wegführte –, nur bis zu der kugelsicheren, verspiegelten, vom Boden bis zur Decke reichenden Transpexwand, durch die man auf das jetzt ruhig daliegende Landungsfeld hinaussehen konnte. Er preßte sich gegen das Fenster, als hoffe er, er könne wie durch eine Membran irgendwie hindurchgelangen. Dann sank er nieder, kauerte sich geduckt zusammen.
Mr. Obata hatte noch nie in seinem Leben eine Waffe abgefeuert, ja, er hatte noch nie eine in der Hand gehabt, bis er das geschmuggelte Gewehr und die entsprechenden Anweisungen erhalten hatte. Er kompensierte sein mangelndes Talent als Zielschütze, indem er die Waffe auf sein Opfer richtete und ununterbrochen abdrückte, bis nicht einmal mehr das bißchen Lärm und Rückstoß wahrzunehmen waren.
An diesem Punkt hatte auch der bedauernswerte Techniker aufgehört, Geräusche zu machen.
Mr. Obata bückte sich und legte die Waffe fast ehrerbietig neben die billigen Srinagar-Schuhe seines Opfers. Er hob den Kopfhörer auf, den der erste Kontrolleur abgesetzt hatte, führte das Mikrophon an die Lippen und sprach die Worte: »Ersteigen Sie den Mount Niitake.« Dann ging er in den Flur zurück, um seine Aktentasche zu holen.
Er kniete sich auf den dünnen Teppich mitten im Kontrollraum und öffnete auf dem Boden neben sich wieder seine Tasche. Aus dem Geheimfach nahm er einen tanto Dolch. Er zog ihn aus der Scheide und legte ihn neben seinen Oberschenkel. Dann zog er das Jackett aus und begann, seine weißen Hemdenschöße aus dem Hosenbund zu ziehen.
2
Masamori, Hachiman
Distrikt Galedon, Draconis-Kombinat
24. Dezember 3056
Zu den Klängen des Orchesters wirbelte Cassiopeia Suthorn, Spitzenspäherin des Siebzehnten Scoutregiments und jüngst zum Ober
leutenient befördert, durch den Walzer und versuchte, ihre Füße vor denen ihres Begleiters in Sicherheit zu bringen, während sie lautlos ihre Freunde verfluchte.
Weihnachten war ein Gaijin-Fest und für die Generationen fremdenfeindlicher Kuritas, die das Draconis-Kombinat seit Jahrhunderten regierten, durch und durch unannehmbar. Aber lange bevor die Menschheit die Raumfahrt erfand, hatte sich das japanische Volk daran gewöhnt. Die Versuche, die Feierlichkeiten zu unterbinden, hatten nie ganz zum Erfolg geführt, besonders nicht auf Hachiman. Der Großteil der planetaren Bevölkerung stammte nicht einmal von Christen ab, sondern
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