Quarantaene
Eins
Es könnte jederzeit zu Ende gehen.
Chris Carmody rollte in eine Wärmezone eines unvertrauten Bettes: eine Vertiefung im Baumwolllaken, in der kürzlich jemand gelegen hatte. Jemand: Ihr Name fiel ihm gerade nicht ein, war noch in den Untiefen des Schlafs verborgen. Aber es verlangte ihn nach der Wärme ihrer Gegenwart, dem Quell dieser nachhaltigen Hitze. Er rief sich ein Gesicht vor Augen, gütig, lächelnd, mit einem ganz leichten Silberblick. Er fragte sich, wo sie geblieben sein mochte.
Es war schon eine Weile her, seit er zuletzt mit jemandem das Bett geteilt hatte. Merkwürdig, dass das, was er – fast mehr als alles andere – daran genoss, die Wärme war, die sie hinterließ. Dieser Raum, den er in ihrer Abwesenheit besetzte.
Es könnte jederzeit zu Ende gehen. Hatte er diese Worte geträumt? Nein. Er hatte sie vor drei Wochen in sein Notizbuch geschrieben, die Bemerkung eines Examensstudenten festgehalten, den er, einen halben Kontinent entfernt, in der Cafeteria von Crossbank kennengelernt hatte. Wir arbeiten hier an unglaublichen Dingen, und alles passiert ein bisschen eilig, weil wir wissen, dass es jederzeit zu Ende gehen könnte …
Zögernd öffnete er die Augen. Auf der anderen Seite des kleinen Schlafzimmers stand die Frau, mit der er geschlafen hatte, und zwängte sich in eine Strumpfhose. Sie bemerkte seinen Blick und lächelte vorsichtig. »He, Baby«, sagte sie. »Ich will dich nicht hetzen, aber sagtest du nicht, dass du irgendwo einen Termin hättest?«
Die Erinnerung stellte sich wieder ein. Sie hieß Lacy. Der Nachname war nicht im Angebot inbegriffen gewesen. Sie war Kellnerin im örtlichen Denny’s. Sie trug ihr rotes Haar lang, wie es derzeit Mode war, und sie war mindestens zehn Jahre jünger als Chris. Sie hatte sein Buch gelesen, jedenfalls hatte sie das behauptet. Sie litt an einer einseitigen Sehschwäche, wodurch sie den Anschein ständiger Geistesabwesenheit erweckte. Während er sich den Schlaf aus den Augen blinzelte, ließ sie ein ärmelloses Kleid über ihre sommersprossigen Schultern gleiten.
Als Hausfrau legte Lacy offenbar keinen großen Ehrgeiz an den Tag. Einige tote Fliegen lagen auf dem sonnenbeschienenen Fensterbrett, ein Schminkspiegel auf dem Beistelltisch, auf dem sie am Abend zuvor mit dem Rasiermesser schmale, präzise Kokainlinien abgeteilt hatte, und ein Fünfzigdollarschein auf dem Teppich neben dem Bett, so fest zusammengerollt, dass er einem knospenden Palmblatt oder einem bizarren Insekt ähnelte, mit einem Rostfleck aus getrocknetem Blut am einen Ende.
Es war Frühherbst und immer noch recht warm in Constance, Minnesota. Linde Luft bewegte die hauchdünnen Vorhänge. Chris kostete das Gefühl aus, an einem Ort zu sein, wo er noch nie gewesen war und zu dem er aller Wahrscheinlichkeit nach nie wieder zurückkehren würde.
»Und du willst tatsächlich heute zum Lake, hm?«
Er fand seine Uhr auf einem auf dem Nachttisch aufgeschichteten Stapel der Printausgabe von People. Er hatte noch eine Stunde, um seine Verabredung wahrzunehmen. »Ja, tatsächlich.« Er fragte sich, wie viel er der Frau am vergangenen Abend erzählt hatte.
»Möchtest du Frühstück?«
»Ich glaube, dafür habe ich keine Zeit.«
Sie schien erleichtert. »Ist schon gut. Es war wirklich aufregend, dir zu begegnen. Ich kenne eine Menge Leute, die am Lake arbeiten, aber die gehören mehr zum kaufmännischen oder zum Dienstleistungspersonal. Ich habe noch nie jemanden getroffen, der bei den großen Sachen mitmischt.«
»Ich mische nicht bei den großen Sachen mit. Ich bin nur Journalist.«
»Verkauf dich nicht unter Wert.«
»Mir hat es auch Spaß gemacht.«
»Das ist lieb von dir«, sagte sie. »Möchtest du duschen? Ich bin so weit fertig im Bad.«
Der Wasserdruck war bescheiden, und er entdeckte eine tote Kakerlake in der Seifenschale, aber die Dusche verschaffte ihm ein bisschen Zeit, seine Erwartungen zu justieren und seinen Berufsstolz, soweit noch vorhanden, zu mobilisieren. Er lieh sich einen ihrer für die Beine vorgesehenen rosa Wegwerfrasierer und rasierte das geisterhafte Bild seiner selbst, das ihm aus dem Badezimmerspiegel entgegenblickte. Er war fertig angezogen und zum Gehen bereit, als sie sich gerade anschickte, ihr eigenes Frühstück, Eier und Saft, in der winzigen Küchenecke einzunehmen. Sie arbeitete abends; vormittags und nachmittags hatte sie frei. Ein winziges Videogerät auf dem Küchentresen strahlte bei halber Lautstärke die
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