Oma und Frieder - Sammelband
»Oma«, schreit der Frieder und zupft an Omas Rock. »Oma, wann machen wir denn endlich unser Picknick? Du hasts versprochen!«
»Ja lässt du mich gleich los, Bub!«, zetert die Oma und zeigt aus dem Fenster. »Sperr halt die Augen auf. Das schüttet ja wie aus Kübeln. Aus dem Nickpick wird nix.«
»Picknick, Oma«, sagt der Frieder und schaut traurig aus dem Fenster, »Picknick heißt das doch!«
»Das ist mir wurscht«, sagt die Oma, »aus dem wird auch nix. Wenns doch regnet! Vielleicht ein andermal.«
Und sie nimmt den voll gefüllten Picknick-Korb und trägt ihn in die Küche.
»Am Küchentisch schmeckts grad so gut«, sagt sie noch und streicht dem Frieder über den Kopf. »Schau, Bub, ich kann doch nix dafür, wenns regnet!«
Das stimmt. Sie kann wirklich nichts dafür, die Oma. Das muss der Frieder einsehen.
Aber traurig ist er trotzdem. Sehr sogar. Er hat sich doch so auf das Picknick gefreut. Würstchen haben sie dafür eingekauft und Semmeln und Apfel und Bananen und eine Flasche Limo und einen ganzen runden Käse. Das haben sie alles in einen Korb gepackt, und ein Küchenhandtuch als Tischtuch dazu. Und gemütlich auf dem Spielplatz wollten sie ein Picknick machen. Erst spielen, dann essen. So wars ausgemacht.
Und jetzt regnets. Und wie. Mist!
Zornig stampft der Frieder auf. Blöder Regen!
Ein Picknick am Küchentisch ist doch kein Picknick. Das ist ein ganz normales Mittagessen, ein langweiliges dazu!
Da macht er nicht mit. Er nicht. Weils nicht so ausgemacht war.
Wütend stampft der Frieder noch mal auf. Alles wird einem verdorben, aber auch alles!
Er lässt sich aber nicht alles verderben, nicht alles. Und jetzt schon grad gar nicht.
Und Frieder beschließt, er macht Picknick.
Alleine. Auf dem Kinderzimmerteppich. Nun grade. Und ohne die Oma. Die will ja am Küchentisch ... soll sie doch. Er jedenfalls nicht!
Vorsichtig schleicht der Frieder in die Küche, damit ihn die Oma ja nicht hört. Die planscht im Badezimmer herum. >Das kann sie auch im Regen haben<, denkt er, »dumme Oma<, und flitzt zum Picknick-Korb hin und holt sich die Bananen. Den ganzen Buschen. Und damit saust er ab in sein Kinderzimmer und macht die Tür fest zu. So!
Jetzt kanns losgehen mit dem Picknick.
Frieder hockt sich auf den Boden, weil man das beim Picknick so macht und weil er überhaupt am liebsten auf dem Boden sitzt. Und er fängt an, Bananen zu mampfen.
Die erste schmeckt lecker. Frieder stopft sie mit drei Bissen in sich hinein.
Die zweite auch.
Die dritte, die isst er schon ein bisschen langsamer. Und bei der vierten, da beißt er nur noch ganz kleine Happen ab.
Eigentlich ist es doch nicht so gemütlich. Ein Picknick ganz alleine.
Missmutig schält der Frieder die fünfte Banane. Die schmeckt überhaupt nicht mehr gut, und eigentlich ... ja, und eigentlich ist ihm schlecht. Sehr sogar.
Frieder stöhnt auf, lässt die Bananenschale fallen, drückt gegen seinen Bauch und stürzt aus dem Kinderzimmer.
»Oma«, jammert er, »Oma, mir ist so schlecht!« Keine Oma weit und breit. Frieder stöhnt und jammert und ruft und hält sich den Bauch und sucht die ganze Wohnung ab. Keine Oma. Nirgends. Die Oma ist weg!
Da heult der Frieder jämmerlich auf. Das ist zu viel. Ihm ist schlecht und die Oma ist weg.
Und heulend sucht er noch mal die ganze Wohnung ab. Die Wohnung ist wie immer. Nur ohne Oma.
»Oma!«, schreit er und noch mal, in den höchsten Tönen: »Oma!«
Doch plötzlich ist er still. Er hört was. Das klingt so ähnlich wie »Bub« ... und »kommen« ... das klingt wie die Stimme von der Oma. Aber eine Oma-Stimme, die von weit her ruft.
Von wo?
Aufgeregt stürzt der Frieder ans offene Fenster ... und da sitzt die Oma. Gegenüber. Im Straßenbahn-Wartehäuschen! Einen Regenschirm hat sie in der Hand und neben sich auf der Wartebank hat sie das Küchenhandtuch als Tischtuch ausgebreitet und die Apfel liegen drauf. Und die Semmeln. Und die Würstchen. Und sie winkt zum Frieder hoch und legt die Hand an den Mund und schreit: »Bub, weißt du, wo die Bananen sind?« Der Frieder schnauft tief auf und dann brüllt er aus Leibeskräften über die ganze Straße zur Oma rüber: »In meinem Bauch, Oma. Mir ist so schlecht!«
»Dann komm an die Luft!«, brüllt die Oma zurück. »Und renn mir nicht in ein Auto, haben wir uns verstanden? Sonst hau ich dir den Popo voll!«
Der Frieder grinst und nickt und schluckt und jetzt ist ihm gar nicht mehr so.schlecht.
Er rennt die Treppe runter, auf die
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