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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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hin und feiern die Versöhnung im voraus. Im Arcona sind die Rebhühner glänzend. Er macht sie mit Wacholderbeeren und irgendwelchen fabelhaften Kräutersträußchen, eine Wonne, sage ich Ihnen, mit einem schönen schweren Bordeaux …«
    »Nee, danke«, sagt Stuff. »Ich muß erst noch einen Weg machen. Aber so in zwei Stunden schau ich mal rein …«

    6

    Stuff geht langsam durch die dunkle Stadt.
    Eigentlich auch nicht besser, denkt er. Eigentlich schlimmer. Der Gareis war ein Schwein, aber er tat was. Der Manzow ist ein Schwein und tut nichts. Schlechter Tausch für Altholm.
    In der trübe beleuchteten Stolper Straße sieht Stuff zwei kommen, er denkt: Wenn man den Esel nennt, kommt er schon gerennt.
    Und laut: »Guten Abend, Herr Bürgermeister.«
    |647| Gareis bleibt stehen. »Guten Abend, Herr Stuff. Auch mal wieder in Altholm?«
    »Man muß ja. Die Bauern …«
    »Wird es nun mit dem Frieden was?«
    »Ja, nächste Woche schon.«
    »Das Geld ist da?«
    »Welches Geld?«
    »Ich weiß Bescheid, Herr Stuff. Noch immer. Fünfundzwanzigtausend.«
    »Sind da.«
    »Macht Ihnen das eigentlich alles nun Spaß, Herr Stuff?«
    Stuff hebt langsam seine rotgeäderten Augen zum Bürgermeister. »Spaß? Gott nee, Herr Bürgermeister. Aber man muß doch irgendwas tun. Nur saufen und huren kann man doch. nicht.«
    »Und die Bauern gefallen Ihnen?«
    »Die Bauern? Was weiß ich von Bauern? Im Grunde ist es genau derselbe Brezelladen wie hier. Nur daß mir noch mehr in meinen Kram reinreden.«
    »Sie sollten doch mit mir mitkommen, Herr Stuff«, sagt der Bürgermeister. »Ein kleines Industrienest, in dem noch nichts, nichts geschehen ist.«
    »Ich bin zu alt und verbraucht«, sagt Stuff. »Ich kapiere nicht mehr, daß es irgendeinen Sinn hat, alles. Ich bin nun mal gegen euch Rote. Das ist so mein Gefühl, ich lerne nicht mehr um. – Wann fahren Sie, Bürgermeister?«
    »Nächsten Sonnabend.«
    »Dann will ich Ihnen Lebewohl sagen.« Stuff streckt sachte seine fette Hand aus. »Lassen Sie es sich gut gehen, Bürgermeister.«
    »Danke. Dank auch für damals, Herr Stuff. – Also auf Wiedersehen.«
    »Kaum, kaum. Guten Abend, die Herren.«
    »Guten Abend, Herr Stuff.«

    |648| 7

    Stuff macht die Gattertür auf. Stolper Straße 72.
    Als er über den Hof geht, sieht er, daß die Fenster dunkel sind, und es ist noch nicht neun. In der Tasche sucht er nach Streichhölzern.
    Die Tür ist unverschlossen, er tritt ein.
    Eine Stimme fragt: »Wer ist denn da? Bleiben Sie doch draußen. Ich will niemanden sehen.«
    »Mich doch«, sagt Stuff und brennt ein Streichholz an. Dann entzündet er die Lampe.
    Das Zimmer sieht wüst aus. Seit vielen Tagen ist hier nichts gemacht. Wirr, mit verzottelten Haaren, hockt die Frau am Fenster. Die Kinder schlafen, halb nur ausgezogen. Die Bettwäsche ist schwarz.
    »Eigentlich schade um die Kinder«, sagt Stuff und schmeißt einen Haufen Gelumpe aus einer Sofaecke, um sich Platz zu machen.
    »Daß sie auch solche werden wie ihr Vater«, sagt die Frau. Stuff ist geduldig. Nach einer Weile fragt er: »Haben Sie eigentlich noch Geld?«
    »Weiß nicht. Doch, ja. Geld ist noch da. Über hundert Mark.«
    »Und was soll werden, wenn die alle sind?«
    »Weiß ich’s. Es wird sich schon was finden.«
    Wieder Pause.
    Dann: »Geschrieben hat er also nicht?«
    Und sie: »Der schreibt nicht.«
    »Er will vielleicht erst was haben, daß er Geld schicken kann.«
    »Der schickt kein Geld. Der holt sich lieber was.«
    Lange Stille. Dann sagt Stuff energisch: »Also hören Sie zu, Frau Tredup. Ich habe mir in Stolpe eine Dreizimmerwohnung gemietet mit Gas, Elektrisch, Bad und allem. Zwei Zimmer sind schon eingerichtet. Ihre Sachen holt morgen der Möbelmensch.«
    |649| »Ich geh nicht fort von hier.«
    Stuff fährt ungerührt fort: »Die Kinder nehm ich jetzt gleich mit. In der Schule hab ich sie heute nachmittag schon abgemeldet. Wenn Sie wollen, führen Sie mir den Haushalt, wenn Sie nicht wollen, bleiben Sie hier. Aber die Sachen kommen weg.«
    »Ich bleib hier.«
    »Aufstehen, Hans, Grete!« sagt Stuff. »Wir fahren nach Stolpe. Wir gehen fort von hier.«
    Die Kinder sind gleich wach und begeistert. Ungeschickt hilft ihnen Stuff beim Anziehen und Sachenpacken.
    Die Frau sitzt am Fenster.
    Plötzlich schlägt Stuff wütend auf den Tisch. »So ein gottverfluchtes Schwein! Meinen Sie denn, daß er das wert ist?«
    Die Frau rührt sich nicht.
    Stuff seufzt schwer. »Na, denn kommt man, Kinder. Sagt der Mutter adieu.«

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