Bauern, Bonzen und Bomben
Und plötzlich ist er ganz Energie. »Also los, Frau Tredup. Mantel an und Hut auf. Ich denke gar nicht daran, Sie hierzulassen. Das bißchen Zeug packen die Möbelleute auch allein. Abmarsch!«
Unterdessen sitzt Manzow im Hotel Arcona.
Der Schuft, der Stuff, kommt doch nicht! Ob er noch zum Sparkassenrendanten gegangen ist? Dann bin ich geplatzt.
8
Am nächsten Morgen weiß er, daß er noch nicht geplatzt ist. Hoffnungsvoll sieht er auf die kommenden Wahlen. Er braucht keine Rede zu halten, er wird die beste Propaganda von der Welt haben: Die Versöhnung mit den Bauern hat er gemacht. Am siebzehnten soll der große Versöhnungstag sein.
Am sechzehnten morgens übergibt Manzow der Presse das Material: Programm und Schmus, alles ist fertig. Und er gar nicht mal übermäßig rausgestrichen.
|650| Am sechzehnten mittags geht Manzow zum Stadtrat Röstel. Röstel hat das Polizeidezernat vom Bürgermeister Gareis übernommen.
Manzow begrüßt ihn freundschaftlichst.
»Na, Sie wissen ja schon, warum ich komme?«
»Nee, keinen Schimmer.«
»Nun, morgen die Bauerndemonstration. Der Umzug durch die Straßen. Ich will’s doch wenigstens offiziell anmelden.«
»Keine Ahnung. Was ist das?!«
»Sie haben doch unsern Aufruf in den Zeitungen gelesen …«
Manzow berichtet.
Stadtrat Röstels Stirn verfinstert sich. »Jetzt? Direkt vor den Wahlen? Ich bitte Sie, Herr Manzow! Das ist doch gänzlich ausgeschlossen!«
»Wieso ausgeschlossen?« Manzow strahlt.
»Daß es wieder zu Zusammenstößen kommt! Wie denken Sie sich das? Die Bauern mit der Fahne durch die Stadt? Ganz unmöglich.«
»Das Gericht hat festgestellt, daß die Fahne zulässig und von der Polizei zu schützen ist.«
»Wennschon. – Außerdem hat die Staatsanwaltschaft die Fahne wieder beschlagnahmt.«
»Das macht nichts. Ich habe ein Duplikat machen lassen. Sie haben nicht die geringste gesetzliche Handhabe zum Verbot.«
Röstel wird immer aufgeregter. »Sie wollen ein Politiker sein? Das ist Wahnsinn, was Sie sich da ausgedacht haben!«
»Wieso Wahnsinn? Morgen ziehen die Kommunisten durch die Straße und das Reichsbanner und wir Demokraten. Und die Partei der Gastwirte, die Reichswirtschaftspartei, macht auch einen Umzug. Und die Nazis. Und ausgerechnet die Bauern dürfen nicht? Das gibt es doch gar nicht!«
»Sie wissen ganz genau, was da für ein Unterschied ist. Was sollen wir darüber noch groß reden.«
|651| »Ich habe die Bauern bestellt. Die Bauern kommen um zehn. Und die Bauern demonstrieren, das sage
ich
Ihnen, Herr Stadtrat.«
»Und die Bauern demonstrieren nicht, das sage
ich
Ihnen, Herr Stadtverordnetenvorsteher.«
Manzow kommt noch grade rechtzeitig auf die Redaktion, um eine zündende Notiz zu inspirieren, daß die Stadtverwaltung Altholms nach so viel Opfern der Bürger den Wirtschaftsfrieden nicht zu wollen scheine. Der stellvertretende Polizeiverwalter Röstel usw. usw. Der verdienstvolle Stadtverordnetenvorsteher Manzow …
9
Am sechzehnten abends erhält Manzow den Bescheid, daß der Regierungspräsident die Bauerndemonstration verboten hat.
Es geht alles glänzend.
Manzow rafft seine Leute zusammen und fährt am nächsten Morgen um sechs Uhr mit dem gesamten Versöhnungsausschuß nach Stolpe.
Die Herren sind wild. »Wenn die Demonstration nicht erlaubt wird, dann läuft der Boykott bis in die Ewigkeit, noch mal kommen die Bauern uns nicht.«
»Und wenn sie nicht erlaubt wird, was machen wir da mit dem Geld?«
»Dann kriegt jeder das zurück, was er gezahlt hat«, erklärt Manzow. »Natürlich nach Abzug unserer Unkosten.«
Um sieben Uhr hält das Auto vor der Villa des Präsidenten.
Die Wirtschafterin Clara Gehl erklärt es für unmöglich, den Herrn Präsidenten
jetzt
zu stören. Aber die Herren haben es eilig. Um zehn sind die Bauern schon in Altholm.
Immerhin müssen sie eine halbe Stunde auf dem Vorplatz warten. Dann erscheint schwitzend, noch unrasiert, Herr |652| Assessor Meier. Aus dem Bett herbeitelefoniert, damit Herr Temborius einen Zeugen hat.
Die Unterhaltung zwischen den Herren ist kurz.
Manzow: »Zu unserer grenzenlosen Überraschung haben wir, Herr Präsident, gehört, daß Sie die geplante Versöhnung mit den Bauern verboten haben.«
Temborius, scharf: »Ja. Ich habe sie verboten. Ich denke nicht daran, solchen Wahnsinn zuzugeben. Staatsverbrecher.«
Manzow: »Aber sämtliche anderen Demonstrationen sind für heute erlaubt. Stehen die Bauern unter Ausnahmerecht?«
Temborius: »Die
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