Bauernopfer: Lichthaus' zweiter Fall (German Edition)
Schweißhund, da er Fälle noch nach Jahren erbarmungslos vorantrieb und mit neuen Fahndungsmethoden analysierte, wodurch so mancher Täter zur Strecke gebracht wurde, der sich schon in Sicherheit gewähnt hatte.
Neben den beiden zappelte Brauckmann nervös herum. Er hatte die Jacke geschlossen, wohl um den Fleck zu verbergen, und trug nun wieder seine Krawatte. Die dunklen Ränder unter seinen Augen leuchteten auffallend in dem im Scheinwerferlicht bleich glänzenden Gesicht. Gleichzeitig mit Lichthaus trat die Pressesprecherin ein. Ulrike Ahlers war mit Ende vierzig seit Langem in dieser Funktion tätig und ließ unangenehme Fragen der Pressevertreter an sich abperlen, wie eine Fensterscheibe anstürmende Regentropfen. Sie trug einen dunkelgrauen Hosenanzug und dezentes Make-up, nickte Lichthaus kurz zu und steuerte schließlich die Mitte des Tischs an, um sich auf eine Aufforderung des Polizeipräsidenten hin Gehör zu verschaffen. »Meine Damen und Herren, wir wollen beginnen.«
Das Summen erstarb und machte dem Klappern und Scharren zurechtgerückter Stühle Platz. Die Meute lauerte. Lichthaus setzte sich an den Rand unmittelbar neben Pieper, da von Müller nichts zu sehen war. Auf der anderen Seite der Pressesprecherin gruppierten sich die Staatsanwälte in gleicher hierarchischer Reihenfolge: Die am wenigsten zu sagen, aber die meiste Arbeit hatten, saßen außen.
Pieper beugte sich zu ihm herüber: »Wo ist Müller?«
Er zuckte nur die Schultern, da Ulrike Ahlers begann. Sie fasste die Presseerklärung routiniert zusammen, sprach eloquent, ohne Informationen preiszugeben, die die Presse nicht schon hatte. Ihr Bedauern über den Tod der Kollegin und den Unfall des Verdächtigen, dessen Namen sie ausließ, klangen echt. Als sie geendet hatte, bat sie um Fragen und sah einige erhobene Hände.
Zunächst wurden die Indizien durchleuchtet, was Lichthaus und Brauckmann oberflächlich bewerkstelligten, während ihre Vorgesetzten die Wissenden mimten. Als ungefähr fünfte kam Julia Bergner vom Trierischen Volksfreund an die Reihe. Lichthaus kannte die junge Frau nicht, da sie erst zu Beginn des Jahres Daniel Baum als Lokalreporterin abgelöst hatte. Sie stand auf und genoss für einen Moment die Aufmerksamkeit des Saals, die nicht allein beruflicher Natur war. Sie sah toll aus, fast schon wie ein Model, groß gewachsen mit langen Gliedern und ebenso langen blonden Haaren, die sie offen trug und im Scheinwerferlicht kokett nach hinten warf. Bildhübsches Gesicht. Dann fixierte sie Lichthaus mit grünen Augen, denen er ansah, dass sie noch weit kommen wollte, aber da war auch ein Ausdruck in diesem Blick, der die Alarmglocken in seinem Hirn in Bewegung brachte. Irgendetwas war im Gange, und er hatte nicht die geringste Ahnung, was es sein könnte. Er bereitete sich auf den Angriff vor, der frontal kam und ihn einen Augenblick erstarren ließ.
»Mir hat heute Abend eine Quelle mitgeteilt, Alexander Görgen, also Ihr namenloser Verdächtiger, sei nicht der Mörder. Meine Quelle ist sich da ganz sicher, da sie den wahren Täter kennt.« Ein Raunen ging durch den Saal, Kameras klickten und das Surren der Aufnahmegeräte war zu hören. Julia Bergner genoss ihren Triumph.
Lichthaus schluckte und wollte gerade sprechen, als der Oberstaatsanwalt ansetzte und die Zähne zeigte: »Sie sind noch nicht so lange im Geschäft, Frau Bergner. Sitzen Sie nicht Spinnern und Trittbrettfahrern auf. Die Indizienlage ist eindeutig ...«
»Görgen ist erst im Stall gewesen, als sein Vater bereits tot am Balken gebaumelt hat«, unterbrach ihn die Reporterin.
Die Beamten zuckten zusammen. Das war internes Wissen. Woher hatte sie es? Gab es in ihren Reihen ein Leck? Einen kurzen Augenblick flackerte Alexanders verzerrtes Gesicht vor Lichthaus’ innerem Auge auf und seine Stimme dröhnte erneut durch seinen Kopf: »Ich habe den Alten nicht umgebracht, auch wenn mich diese verfluchte polnische Schlampe gesehen hat! Als ich in den Stall gekommen bin, hat er schon da gehangen!« Lichthaus ergriff das Wort: »So etwas kann sich mittlerweile wohl jeder zusammenreimen«, die Aufmerksamkeit richtete sich auf ihn, er aber blieb seelenruhig. »Der Tote ist von einem Mitarbeiter gefunden worden, der natürlich mit anderen geredet hat. Außerdem wurde bereits eine Stunde nach der Schießerei heute Mittag in der Dorfmetzgerei Alexander Görgens Name gehandelt. Ich will Ihre Aussagen nicht kleinreden, Frau Bergner, doch ohne Beweise sind das nur
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