Bauernsalat
Elmars dieser Welt.«
»Ich hatte in letzter Zeit fast gar nichts mehr mit Elmar zu tun. Er ist ein Freund aus Kindertagen. Vor zwei Wochen hat er mich dann mal angerufen und mich um ein Gespräch gebeten. Ganz kurzfristig hatte ich aber keine Zeit. Danach hat er sich bei meiner Mutter erkundigt, wann ich mal wieder bei meinen Eltern bin – er wollte bei der Gelegenheit vorbeikommen. Deshalb dachte er, daß ich da bin.«
»Und warum hat er dann nicht mal die Güte, einen vernünftigen Satz mit mir zu sprechen? Warum legt er einfach auf?«
»Er hat ein Problem – und zwar ein ganz gewaltiges. Sein Onkel ist tödlich verunglückt – und zwar nach einem heftigen Streit mit Elmar. Jemand hat die Polizei gerufen, und jetzt steht Elmar natürlich ziemlich blöd da.«
»Klar, daß er da als erstes seine lang verschollene Sandkastenfreundin anruft!«
»Vincent, ich habe keine Ahnung, warum er in dieser Situation gerade mich um Hilfe gerufen hat. Als er sich in der Praxis gemeldet hat, war er völlig verwirrt. Einer der Polizisten hat ihm gesagt, er dürfe jemanden anrufen. Aber er brauche keinen Anwalt, hat er zu mir gesagt. Irgendwie ist er stattdessen wohl auf mich gekommen. Wahrscheinlich, weil er mich heute sowieso bei meinen Eltern anrufen wollte. Aber darum geht es jetzt auch gar nicht Elmar braucht Hilfe, und ich kann nicht kommen, jedenfalls nicht sofort.«
»Falls das ein Wink sein sollte, so habe ich ihn überhört. Ich kenne Elmar nicht, und ich weiß auch gar nicht, ob ich ihn kennenlernen möchte. Ich könnte ihm nicht die geringste Hilfe sein. Außerdem ruft Ommma gerade nach mir. Wahrscheinlich braucht sie Unterstützung im Wortgefecht mit ihrer Schwester, und ich tue gut daran, jetzt –«
»Vincent, ich brauche dich jetzt. Ich habe Elmar versprochen, daß ich dich vorbeischicke. Schließlich hattest du schon häufiger mit Mordfällen zu tun.«
»Du tust, als würde ich bei der Kripo arbeiten. Ich bin zweimal in so eine Mordsache reingeschlittert, doch nach einem Jahr Abstinenz sehe ich mich als geheilt an. Ich werde mich nicht nochmal in so was reinziehen lassen. Außerdem kannst du nicht einfach jemandem versprechen, daß du mich vorbeischickst. Ich bin doch kein Paketdienst!«
»Vincent, es ist eine Notlage. Leg doch nicht jedes Wort auf die Goldwaage. Ich bitte dich darum: Fahr zu Elmar nach Hause und sieh, ob du ihm helfen kannst!«
»Und was ist mit Ommma und ihrem Besuch?«
»Die kommen schon klar, wenn sie zusammen sind! Frag mal, ob sie was im Fernsehen gucken wollen! Ich bin dir so dankbar, Vincent. Ich liebe dich!«
Seufzend legte ich den Hörer auf. Ich war einfach zu gutmütig. Da saß ich nun, im Gepäck Ommma, Tante Mia, einen vermeintlichen Nebenbuhler und einen Todesfall. Da sollte mir nochmal jemand was von Idylle erzählen. Oder von Liebe!
2
Den Weg zu Elmar fand ich ganz problemlos. Ommma und Tante Mia hatten sich praktisch darum gerissen, mir eine Wegbeschreibung zu liefern, und waren sich daher permanent ins Wort gefallen. Dabei hatte ich erfahren, daß die Schulte-Vielhabers einen Bauernhof bewohnten, den größten weit und breit, wie Tante Mia versicherte. Ein Jungbauer war es also, der um Alexa buhlte. Ich bezweifelte, daß sein Interesse sich allein auf Alexas tierärztliches Fachwissen beschränkte. Schließlich war es kein Geheimnis, daß die Zunft der Landwirte Probleme bei der Heiratsvermittlung hatte. Kein Wunder also, daß Hoferbe Elmar mal in den Fotoalben geblättert und sich dabei an seine Kindergartenliebe Alexa erinnert hatte – noch dazu, da sie in der Zwischenzeit einen so handfesten, vom Landleben geprägten Beruf ergriffen hatte. Wahrscheinlich sah dieser Elmar seine Zukünftige bereits morgens zum Melken unter der Kuh liegen und abends … Ich drehte ab. Heute gab es schließlich Melkmaschinen! Außerdem war die Vorstellung grotesk, daß Alexa sich als Bäuerin bewähren könnte. Wenn ich an ihren freien Tagen die Rolladen vor zehn Uhr hochzog, lief ich glatt Gefahr, noch in derselben Stunde hingerichtet zu werden. Und auch an ihren Arbeitstagen war Alexa in den frühen Morgenstunden nicht gut ansprechbar – als Bäuerin also gänzlich ungeeignet, resümierte ich befriedigt und bog von der Bundesstraße auf den schmalen Feldweg zum Hof ab.
Der Bauernhof präsentierte sich von seiner besten Seite. Schon die Zufahrt war eindrucksvoll. Zu beiden Seiten von hohen Linden gesäumt, wirkte der Weg wie eine hochherrschaftliche Allee. Nach etwa dreihundert
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