Baustelle Baby (German Edition)
bestimmt mehr Besenreiser als vorher – aber die hätte ich früher oder später auch ohne Kind. Und ist das wichtig für den Sex-Appeal? Nö! Der ist eine Haltung und kommt von innen. Und für alles andere gibt es ja meine geliebte Mogelkiste (in der findet man beispielsweise auch mein selbst gemixtes Bein-Make-up, das aufmerksame Leserinnen noch aus Baustelle Body kennen ...).
„ Babys kontrollieren und erziehen ihre Familien
im gleichen Maße
wie sie von ihren Familien kontrolliert werden.
Tatsächlich erzieht eine Familie ein Baby,
indem es von ihm erzogen wird.
(Erik H. Erikson)
• Die Sache mit dem ergonomischen Schuhwerk
Nein, ich habe meine wunderbaren High Heels natürlich nicht eingemottet und durch Gesundheitslatschen ersetzt. Ich doch nicht. Würde ich nie tun. Ich habe sie durch meine ultrabequemen Chucks ersetzt, die ich nun täglich im schicken Ensemble mit Jeans und T-Shirt trage. Aber wenn ich die heißen Treter dann doch mal wieder raushole, ist das ein glasklares Zeichen: Jetzt ist Party angesagt. Im ersten Jahr kam das ungefähr ... gar nicht vor. Und augenblicklich trage ich die hohen Hacken immer noch vorwiegend beruflich. Aber die Zeit wird kommen!
Damit wären wir bei meinem festen Vorsatz von vor der Geburt:
• Natürlich geh ich noch aus, wenn ich ein Baby habe!
Tja, ich bin normalerweise ein echter Partybooster: Ich bin kommunikativ, aufgedreht, wild und will gute Laune verbreiten. Grundsätzlich hat sich daran nichts geändert. Das Problem: Sobald ich heute die Oberfläche meines Bettes berührt habe, bin ich daran festgepappt wie mit Sekundenkleber. Mein Körper sagt schlicht: STOPP! Letzten Samstag bin ich zum Beispiel von der Arbeit nach Hause gekommen und wollte noch tausend Dinge erledigen – doch erst mal habe ich mich logischerweise um den Kleinen gekümmert. Denn einerseits hatte ich ihn fürchterlich vermisst, andererseits musste ich meine Mama ablösen, die den ganzen Tag Babydienst hatte. Logisch, dass ich da den Ein-Uhr-nachts-Slot nicht abgeben konnte – mein Freund war auch keine Lösung, der befand sich mal wieder auf Geschäftsreise. In genau dieser Situation rief mich nun plötzlich mein bester Freund Julius an, der gerade mit einem meiner Kollegen im Saturday Night Fever unterwegs war und meinte: »Mensch, Sonya, hier ist so eine Superstimmung, komm doch vorbei.« Früher hätte ich innerhalb von fünf Minuten im Auto gesessen. Und heute? Denke ich nur: »Auf! Gar! Keinen! Fall!« So was funktioniert einfach nicht, wenn ich nachts um eins und um fünf und eventuell noch mal zwischendrin den Kleinen beruhigen muss – jedenfalls nicht, wenn ich am nächsten Tag noch einen Termin habe, der über eine OP in Vollnarkose hinausgeht.
Ähnlich ging es mir mit folgender Annahme:
• Babys schlafen doch so viel – in der Zeit kann man dann ...
... ein Buch lesen, in der Badewanne entspannen, schnackseln. So in etwa hatte ich mir das früher vorgestellt. Wie ich darauf gekommen bin? Kein Schimmer! Den Floh muss mir irgendjemand ohne Kinder ins Ohr gesetzt haben. Oder jemand wollte mich arglistig täuschen. Nicht einmal im Urlaub habe ich es hinbekommen, in Ruhe auch nur ein Buch zu lesen. Und das sage ich, die Krimi-Mimi par excellence, die früher nächtens je einen Schmöker inhaliert hat, um dann am Strand bräsig in der Sonne zu liegen und den der Literatur geopferten Nachtschlaf nachzuholen.
Richtig müsste es heißen: Wenn das Baby schläft, kann man
auch endlich mal schlafen
das gröbste Chaos beseitigen
arbeiten
die Steuererklärung machen
nach drei Tagen endlich mal wieder die Haare waschen
Nahrung aufnehmen.
Eben alles erledigen, was getan werden muss, wozu man aber nicht kommt, wenn das holde Kindelein die Guckis geöffnet hat. Die Kür (Bücher, Sex, Badewanne) hebt man sich für später auf, wenn man wieder zufällig ganz viel Zeit übrig hat. Denn sonstweiß ich zwar, wer der Mörder in meinem Thriller ist, aber muss mir mit Streichhölzern die Augen aufhalten, und das Finanzamt erhebt Säumniszuschläge, weil die Steuererklärung immer noch nicht eingetrudelt ist ...
Ist Ihnen im vorherigen Absatz was aufgefallen? Genau: »Zufällig ganz viel Zeit übrig« wird man nie haben. Darum ist der folgende Abschnitt vielleicht einer der wichtigsten in diesem Buch.
„ Kinderaugen sind klar wie Bergseen,
auf deren Grund ein Ungeheuer schlummert.
(aus Schottland)
MORGENS HALB ZEHN IN DEUTSCHLAND ODER: AUCH AUF EINER BAUSTELLE GIBT'S PAUSEN. WARUM MAMAS
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