Beastly (German Edition)
Gedanken, Trey zu wählen, nur um nett zu sein. Trey war witzig, aber vom Aussehen her nicht gerade der Renner. Seine Familie war auch nichts Besonderes – sein Vater war Arzt oder so. Vielleicht würden sie das Endergebnis in der Schülerzeitung bringen, und dann wäre es ziemlich peinlich für Trey, wenn er Letzter wäre oder überhaupt keine Stimmen bekommen hätte.
Andererseits wäre es cool, wenn ich zwei- oder dreimal so viele Stimmen bekäme wie die Person auf dem zweiten Platz. Und außerdem betete mich Trey an. Ein wahrer Freund würde wollen, dass ich haushoch gewinne. Da ist noch etwas, was Dad immer sagt: »Sei kein Trottel, Kyle. Tu nichts aus Freundschaft oder Liebe. Denn hinterher wirst du jedes Mal feststellen, dass der einzige Mensch, der dich wirklich liebt, du selbst bist.«
Ich war sieben oder acht, als er das zum ersten Mal zu mir sagte, und ich fragte: »Und du, Dad?«
»Was?«
»Du liebst …« Mich. »Uns. Unsere Familie.«
Er sah mich lange an, bevor er antwortete: »Das ist etwas anderes, Kyle.«
Ich fragte ihn nie wieder, ob er mich liebt. Ich wusste, dass das, was er zuerst gesagt hatte, der Wahrheit entsprach.
Ich faltete meinen Stimmzettel zusammen, damit Trey nicht sehen konnte, dass ich für mich selbst gestimmt hatte. Natürlich wusste ich, dass auch er sich selbst gewählt hatte, aber das war etwas anderes.
Dann erklang hinten im Raum eine Stimme.
»Das ist ja widerlich.«
Alle drehten sich um.
»Vielleicht hat jemand einen Popel unter den Tisch geklebt«, flüsterte Trey.
»Du vielleicht?«, sagte ich.
»Ich hab damit aufgehört.«
»Widerlich«, wiederholte die Stimme. Ich hörte auf, mit Trey zu quatschen, und schaute in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Es war dieser Gothic-Freak in der letzten Reihe, ein dickes Mädchen, das diese typisch weiten und schwarzen Klamotten anhatte, die man normalerweise nur von Hexen oder Terroristen kannte (wir haben in Tuttle keine Schuluniformen, die Eltern wären sauer, wenn sie keine Dolce & Gabbana-Klamotten kaufen könnten). Sie hatte grüne Haare – offensichtlich ein Hilfeschrei. Das Seltsame daran war, dass sie mir nie zuvor aufgefallen war. Die meisten Leute hier kannte ich schon mein ganzes Leben lang.
Der neue Lehrer war dämlich genug, sie nicht zu ignorieren. »Was ist widerlich, Miss… Miss…«
»Hilferty«, sagte sie. »Kendra Hilferty.«
»Kendra, stimmt etwas nicht mit deinem Pult?«
»Etwas stimmt nicht mit der Welt.« Sie hielt inne, als wollte sie eine Rede halten. »Irgendetwas stimmt ganz und gar nicht, wenn man im 21 . Jahrhundert angelangt ist und diese Art von elitärer Travestie noch immer fortgesetzt wird.« Sie hielt ihren Stimmzettel in die Höhe. Einige kicherten.
»Das ist der Stimmzettel für den Neuntklässler-Ball«, erklärte Trey. »Der Ballprinz wird gewählt.«
»Eben«, sagte das Mädchen. »Wer sind diese Leute? Warum sollte man sie wie Prinzen behandeln? Wegen… was? Die Leute auf diesem Stimmzettel wurden aus einem einzigen Grund ausgewählt – wegen ihrer äußerlichen Schönheit.«
»Hört sich für mich nach einem guten Grund an«, sagte ich nicht gerade leise zu Trey. Ich stand auf. »Das ist doch totaler Quatsch. Alle haben abgestimmt, und das ist das Ergebnis. Ein vollkommen demokratischer Prozess.«
Um mich herum schossen einige Daumen in die Höhe, einige sagten: Genau, Mann – allen voran Anna oder Hannah. Aber mir fiel auf, dass viele, vor allem die Hässlichen, still waren.
Das Mädchen machte ein paar Schritte auf mich zu. »Es sind Schafe, die der Herde folgen. Sie wählen die sogenannten beliebten Leute, weil es einfach ist. Oberflächliche Schönheit: Blonde Haare, blaue Augen« – sie schaute mich an – »das sieht man schon von Weitem. Aber wenn jemand tapferer, stärker, klüger ist, dann ist das nicht so einfach zu erkennen.«
Sie nervte mich, also fiel ich über sie her. »Wenn man so klug ist, warum überlegt man sich dann nicht, wie man besser aussehen könnte? Du kannst abnehmen, eine Schönheitsoperation durchführen lassen, du kannst dir sogar das Gesicht runderneuern oder die Zähne bleichen lassen.« Ich betonte das du in dem Satz, damit sie wusste, dass ich es wirklich persönlich meinte und nicht nur so allgemein. »Mein Vater ist der Typ, der im Fernsehen die Nachrichten vorliest. Er ist der Meinung, dass einem der Anblick von hässlichen Menschen erspart bleiben sollte.«
»Findest du das auch?« Sie zog eine ihrer dunklen
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