Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt
fokussiert. Um diese Schwierigkeit zu umgehen, werden Teilchen unterschiedlicher elektrischer Ladung in einem ringförmigen Gebilde (Speicherring) gegenläufig herumgeführt. Die Wahrscheinlichkeit für Zusammenstöße steigt enorm an, denn die Teilchen laufen in der Kollisionsmaschine mehrere hunderttausendmal je Sekunde herum. Ohne diesen Trick müßte man jahrelang warten, ehe einige der für die Forschungen gewünschten Treffer zustande kommen würden. Ein Unterschied zum klassischen Synchroton besteht darin, daß man die Untersuchungseinrichtungen für die eintretenden Wechselwirkungen der kollidierenden Teilchen unmittelbar am Speicherring anbringen muß. Bei den üblichen Kreisbeschleunigern werden die hochenergetischen Teilchenströme nach Verlassen des Ringes in z. T. recht weit entfernte Laboratorien geführt.
Heute gibt es zahlreiche große Beschleunigeranlagen in aller Welt, vor allem in den USA, Europa, Japan, Rußland und China. Was wir heute über den Aufbau der Mikroweit wissen, verdanken wir zu einem wesentlichen Teil diesen technischen Hilfsmitteln.
Das moderne Bild der Mikroweit
Mitunter wiederholen sich methodische Wege der Wissenschaft auf verschiedenen Gebieten und zu verschiedenen Zeiten in ähnlicher Weise. So entstand z.B. mit der Entdeckung immer neuer chemischer Elemente die Frage, ob es nicht einen inneren Zusammenhang dieser vielen Substanzen mit teilweise extrem unterschiedlichen, teils aber auch ähnlichen Eigenschaften gäbe. Besonders nachdem man in der Lage war, die relativen Atommassen exakt zu bestimmen, rückte das Problem einer sinnvollen „Sortierung“ der Elemente immer mehr in den Vordergrund. Versuche in dieser Richtung waren bereits im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts unternommen worden, z.B. in Gestalt der sogenannten Triaden, wie etwa Lithium - Natrium - Kalium, bei denen die Atommasse des mittleren Elements das arithmetische Mittel der beiden anderen beträgt. Ende der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts gingen der Russe Mendelejew und der Deutsche Lothar Meyer systematisch vor und suchten nach einer funktionalen Beziehung zwischen den spezifischen Eigenschaften der verschiedenen Elemente und deren Atomgewicht. Das Ergebnis war nach langem Probieren das Grundschema des heutigen Periodensystems der Elemente. Bald lernte man verstehen, welche inneren Zusammenhänge des Atomaufbaus jeweils zu diesen unterschiedlichen Eigenschaften der Elemente führen. Man hatte letztlich alle Elemente der Natur (einschließlich noch gar nicht entdeckter Elemente) auf ein einfaches Grundprinzip zurückgeführt.
In einer ganz ähnlichen Lage befanden sich die Physiker, nachdem neben den Elementarteilchen Proton, Neutron und Elektron immer weitere, z. T. sehr kurzlebige Elementarteilchen entdeckt wurden, die man zunächst auf keinerlei Weise in einem System unterbringen konnte. Woher kamen die Neutrinos, die beim radioaktiven Betazerfall plötzlich in Erscheinung traten? In welchen Zusammenhang waren die Pionen und Myonen einzuordnen? Vollends verwirrend war die bedeutsame Entdeckung, daß weder das Neutron noch das Proton als wirklich elementar betrachtet werden konnten. Ähnlich wie einst Rutherford gezeigt hatte, daß Atome aus noch kleineren Bausteinen bestehen, gelang es im Jahre 1974, auch für die Protonen und Neutronen Bausteine experimentell nachzuweisen. Dies geschah vor dem Hintergrund einer schon mehr als zehn Jahre zuvor aufgestellten Hypothese der beiden amerikanischen Theoretiker Murray Gell-Mann und George Zweig. Angesichts des unübersehbaren „Partikelzoos“ von mehr als 200 verschiedenen Teilchen, die bei Experimenten mit großen Beschleunigern gefunden worden waren, waren die beiden Forscher davon überzeugt, daß letztlich ganz wenige Bausteine zur Erklärung der verwirrenden Vielfalt ausreichend sein würden. Sie gaben diesen Grundbausteinen den
Abb. 6: Die nach dem gegenwärtigen Wissensstand letzten Bausteine der Materie
zweifellos merkwürdigen Namen „Quarks“ - aus einem ebenfalls recht irrational anmutendem Grund: In dem Roman „Finnegans Wake“ von James Joyce kommt nämlich der Satz vor: „Three quarks for Master Mark“. Und da auch Gell- Mann und Zweig gerade drei der hypothetischen Teilchen benötigten, griffen sie auf das Wort „Quark“ zurück.
Was sollte es nun mit diesen „Quarks“ für eine Bewandtnis haben? Welche der inzwischen bekannten Tatsachen sollten mit ihrer Hilfe erklärt werden?
Ähnlich wie beim
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