Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt

Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt

Titel: Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter B. Hermann
Vom Netzwerk:
Spektren der Gase das eindrucksvollste Zeugnis ablegten. Ein junger deutscher Physiker, der damals 31jährige Wolfgang Pauli, hatte eine Erklärung: Jedes Elektron, das von radioaktiven Atomen spontan abgestrahlt wird, verfügt über die Maximalenergie. Aber diese geht nicht in jedem Fall auf das Betateilchen über, sondern verteilt sich statistisch auf das Betateilchen und ein weiteres, experimentell noch nicht nachgewiesenes Teilchen. Dadurch haben manche Betateilchen die Energie Null (bei ihnen ist die gesamte Energie auf das hypothetische Teilchen übertragen worden), andere die Maximalenergie (bei ihnen wird die gesamte Energie vom Betateilchen selbst mitgeführt), ein großer Teil aber verfügt über dazwischenliegende Energiewerte. Der italienische Physiker Enrico Fermi taufte das geheimnisvolle neue Teilchen „Neutrino“, weil es elektrisch neutral wie das Neutron, aber offenbar viel masseärmer sein mußte. Pauli war sich darüber im klaren, daß er einen geistigen Spagat gewagt hatte: Er hatte etwas, das nicht vorhanden ist, mit etwas anderem erklärt, das man nicht nachweisen konnte - ein Elementarteilchen aus der Not geboren! Obschon die Neutrinos bis heute geheimnisumwittert geblieben sind -so weiß man z.B. noch immer nicht, ob sie eine (winzige) Masse besitzen oder nicht - handelt es sich bei ihnen doch um reale Teilchen, die allerdings erst im Jahre 1956 wirklich nachgewiesen werden konnten. Doch noch war man mit dem Entdecken neuer Elementarteilchen nicht am Ende.
    Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte man eine aus dem Weltall kommende energiereiche Teilchenstrahlung gefunden. Die Erforschung dieser „kosmischen Höhenstrahlung“ bescherte im Jahre 1936 ein weiteres Elementarteilchen, das exakt die Ladung des Elektrons aufwies, dieses aber an Masse etwa um den Faktor 200 übertraf. Es erhielt wegen der Mittelstellung seiner Ladung zwischen Elektron und Proton die Bezeichnung „Mesotron“. Später wurde es jedoch umgetauft -zunächst in Meson, bis man herausfand, daß es davon zwei Sorten gibt, das Pi-Meson (oder Pion) und das p-Meson (oder Myon). Die Theoretiker bemühten sich um die Klärung der Rolle dieser Teilchen in der Mikrophysik und forderten gelegentlich auch noch weitere, bislang nicht entdeckte Teilchen, von denen sie sogar die erwarteten Eigenschaften beschrieben. Doch mit den bis dahin üblichen Hilfsmitteln konnte man nicht mehr tiefer in die Geheimnisse dieser Miniwelten eindringen - das Fernrohr für die Mikroweit mußte her - eine Art Mikroskop, das allerdings mit den Gesetzen der klassischen Optik nichts mehr zu tun hatte.
     
     
Karussells für Winzlinge
     
    Die wichtigsten Hilfsmittel für die Erforschung der Mikroweit sind die Teilchenbeschleuniger. Dabei handelt es sich um technische Einrichtungen, mit deren Hilfe elektrisch geladene Teilchen, wie z.B. Protonen oder Elektronen auf hohe Geschwindigkeiten beschleunigt werden können. Die Wechselwirkung dieser mit hoher Energie versehenen Partikel mit anderen Teilchen gibt dann auf komplizierte Weise Aufschluß über die Verhältnisse in der Mikroweit.
    Die einfachsten Teilchenbeschleuniger sind die uns bereits bekannten Gasentladungsröhren, wie sie in den Laboratorien der Physiker des 19. Jahrhunderts benutzt wurden. Die aus der Katode austretenden Elektronen werden im elektrischen Feld zur Anode hin beschleunigt. Welche Energie die Elektronen dabei aufnehmen, hängt von der Spannung ab. Ist die Anode durchbohrt, so können die durch das Loch gelangenden Elektronen durch eine zweite Anode weiter beschleunigt werden. Durch diesen Trick einer stufenweisen Beschleunigung gelingt es, Elektronen sehr hohe Energien unter Verwendung kleiner Spannungen zu erteilen. Natürlich können auch andere elektrisch geladene Teilchen auf diese Art zu hochenergetischen Partikeln werden.
    Die soeben geschilderte stufenweise Beschleunigung elektrisch geladener Teilchen ist die Grundlage des Linearbeschleunigers.
    Eine wegweisende Idee zur Vereinfachung des Beschleunigungsverfahrens hatte im Jahre 1928 der amerikanische Physiker Ernest Orlando Lawrence. Er probierte seine Idee als junger Mann erstmals mit Hilfe einer winzigen Metalldose aus, die nicht größer war als eine Käseschachtel. Lawrence wollte erreichen, daß man sehr hohe Teilchenenergien zur Verfügung hatte, ohne sehr hohe Spannungen zu benötigen und sehr lange Anordnungen bauen zu müssen. Er sagte sich: Warum sollen die Teilchen eigentlich nicht immer wieder dieselbe Wegstrecke

Weitere Kostenlose Bücher