Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt

Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt

Titel: Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter B. Hermann
Vom Netzwerk:
Grundlage der Allgemeinen Relativitätstheorie einen statischen, immer gleichbleibenden Kosmos gar nicht geben. Vielmehr muß der Kosmos entweder expandieren oder kontrahieren, sich ausdehnen oder zusammenziehen. Dies bedeutet, daß man in den Spektren von Sternsystemen Hinweise auf Radialbewegungen vom Beobachter weg oder auf den Beobachter zu finden sollte - eine Schlußfolgerung, die den meisten Fachexperten ausgesprochen absurd erschien. Da die Allgemeine Relativitätstheorie damals ohnehin im lebhaften Streit der Meinungen stand, sah man in diesen Forderungen eher ein Anzeichen für ihre Unbrauchbarkeit zur Lösung kosmologischer Probleme.
    Doch man hatte sich getäuscht. Die extragalaktische Forschung erbrachte bald den unanfechtbaren Beweis dafür, daß sich die Galaxien tatsächlich im Durchschnitt vom Beobachter entfernen. Der Nachweis wurde durch den sogenannten Doppler-Effekt geführt: Bewegt sich eine Lichtquelle vom Beobachter fort, so erscheint sie etwas rötlicher als in Wirklichkeit, bewegt sie sich auf ihn zu, erscheint sie bläulicher. Die scheinbare Frequenzveränderung wird durch die Verschiebung der Linien im Spektrum der Objekte gegenüber einem Laborspektrum ohne Radialbewegung festgestellt. Solche Linienverschiebungen hatte der amerikanische Astronom Slipher bereits um das Jahr 1912 gefunden, als die extragalaktische Natur der Nebel noch gar nicht gesichert war. Die Beobachtungsdaten gestatteten aber damals noch keine allgemein anerkannten Schlüsse. Eine Wende brachte das Anfang der 20er Jahre in Betrieb genommene Hooker-Teleskop des Mt. Wilson Observatory mit seinem für damalige Verhältnisse enormen Spiegeldurchmesser von 250 cm. Mit diesem Instrument war es möglich, lichtschwächere und somit weiter entfernte Objekte zu erfassen sowie Spektren größerer Dispersion zu erzeugen. Als nun E. Hubble und M. Humason Ende der 20er Jahre die Spektren von 65 extragalaktischen Objekten unterschiedlichster Entfernung zusammenstellten, fanden sie eine lineare Beziehung zwischen den Rotverschiebungen in den Spektren dieser Galaxien und deren Entfernung.
    Offensichtlich bedeutete dies eine Bestätigung der Idee des Evolutionskosmos entsprechend den Schlußfolgerungen, die Friedmann aus der Allgemeinen Relativitätstheorie gezogen hatte. Doch die Konsequenzen dieser Entdeckung der Nebelflucht waren noch tiefgreifender: Wenn sich die Galaxien alle voneinander entfernen und dies mit einer um so größeren Geschwindigkeit, je weiter sie voneinander entfernt sind - wie mußte dann der Kosmos früher einmal beschaffen gewesen sein? Konnte man das Evolutionsgeschehen in die Vergangenheit zurückrechnen? Unter der Annahme, daß die gegenwärtig beobachtete Ausdehnung des Raumes, deren Indiz die Galaxienflucht ist, auch schon früher stattfand, ergab sich zwangsläufig, daß der Kosmos in fernster Vergangenheit viel kleiner, die Massen viel dichter und die Temperatur viel höher gewesen sein mußten. Auf diese Weise entstand eine der bedeutendsten Theorien über die Geschichte des Universums, die Vorstellung vom Urknall (Big Bang). Vor einer berechenbaren Zeit, die etwa 15 Milliarden Jahre in der Vergangenheit liegt, war alle Masse des Universums in einem einzigen Punkt vereinigt, herrschten unendliche Dichte und Temperatur. Natürlich konnte es damals keine Sternsysteme und Sterne gegeben haben. Diese mußten das Produkt später einsetzender Vorgänge sein. Auch Atome konnten unter den zum „Zeitpunkt Null“ herrschenden Bedingungen nicht vorhanden gewesen sein. Diese Schlußfolgerungen erschienen höchst exotisch und waren außerdem für den Augenblick der „Singularität“ keiner physikalischen Auslotung zugänglich. Selbst Quantenphysik und Relativitätstheorie versagten für den Moment des Beginns der Expansion.
    Deshalb entschlossen sich manche Astrophysiker, nach alternativen Interpretationsmöglichkeiten der beobachteten Expansion zu suchen. Einerseits wurde gefragt, ob die beobachteten Doppler-Verschiebungen in den Spektren der Galaxien nicht möglicherweise auch andere Ursachen haben könnten als die Radialbewegungen dieser Objekte. Man sprach von eventuellen, aber nicht näher faßbaren „Alterungserscheinungen“ des Lichts. Die Astrophysiker Bondi, Gold und Hoyle setzten die „Steady-State-Hypothese“ gegen den Evolutionskosmos. Danach sollte das Universum zwar - wie beobachtet - expandieren, jedoch sollte dieser Zustand schon immer und für alle Zeiten andauern, ohne das es Veränderungen

Weitere Kostenlose Bücher