New York - Love Story
Es soll der perfekte Abend werden, besser gesagt: die perfekte Nacht. Das perfekte erste Mal eben!
Ich habe mich bis ins kleinste Detail vorbereitet, natürlich
mit Majas Hilfe. Meine beste Freundin ist nämlich die Expertin
in Liebesdingen, zumindest theoretisch.
»Niki, du brauchst ein sexy Outfit«, hat sie mir erklärt, als
ich ihr von meinem Plan erzählt habe, und ist mit mir shoppen
gegangen. Einige Stunden später hielt ich ein rotes Nichts in
meinen Händen, für das ein halbes Monatstaschengeld draufgegangen
ist, in dem ich aber – laut meiner besten Freundin –
»unwiderstehlich« wirken würde. Maja hat mir auch gezeigt,
wie ich mich schminken muss: wasserfeste Wimperntusche –
»sonst siehst du morgens aus wie eine Eule« – und knallroter
Lippenstift, passend zu den Dessous.
Nun räkele ich mich also nur in einem Spitzenhöschen und
einer Corsage mit Push-Up für meinen zu klein geratenen
Busen auf Simons Bett und fühle mich eher unangenehm unbekleidet
als unwiderstehlich. Stumm verfluche ich Maja für ihre etwas übertriebene Styling-Beratung und schiele nervös
zu dem Digitalwecker auf dem Bücherregal. Schon kurz vor
zehn. Simon muss jeden Augenblick kommen.
Mario, einer von Simons fünf Mitbewohnern, hat mich
vorhin in die Wohnung gelassen. Mit Simon bin ich um zehn
hier verabredet, wenn er von seiner Band-Probe kommt, aber
ich brauchte noch ein bisschen Zeit für die Vorbereitungen.
Auf dem Bett habe ich Rosenblätter verteilt, und im ganzen
Zimmer stehen Kerzen, die ein schummriges Licht verbreiten
und den Raum aufheizen. Ich zittere trotzdem. Liegt das
bloß an der vielen nackten Haut oder habe ich etwa Angst?
Nein, unmöglich! Ich will es wirklich, wiederhole ich mein
Mantra für diesen Abend. Ich will endlich mit Simon schlafen.
Immerhin sind wir schon seit fast sechs Monaten zusammen
und er ist meine große Liebe. Meine erste große Liebe.
Ginge es nach Simon, hätten wir es schon längst getan.
Nicht dass er mich gedrängt hätte, jedenfalls hat er nichts gesagt.
Aber seine Annäherungsversuche, wenn wir rumknutschen
oder kuscheln, sind immer eindeutiger geworden. Ich
hingegen wollte mir erst sicher sein, dass er der Richtige ist,
und warten. Auf den perfekten Zeitpunkt. Und der ist jetzt
gekommen, denke ich. Heute, an seinem einundzwanzigsten
Geburtstag.
Noch ein Blick zum Wecker. Schon Viertel nach zehn. Wo
bleibt Simon bloß? Vermutlich trinkt er mit seinen Kumpels
noch ein Bier nach der Probe, wie so häufig am Freitagabend.
Und gerade an seinem Geburtstag kann er sich wohl kaum sofort verabschieden. Andererseits haben wir ausgemacht,
dass wir noch etwas zusammen unternehmen und zu zweit
ein wenig feiern. Was das sein wird, davon hat Simon natürlich
keine Ahnung.
Mein rechtes Bein fängt an zu kribbeln. Bei dem Versuch,
möglichst lasziv auf dem Bett zu liegen, ist es eingeschlafen.
Ich ändere meine Position, Blut schießt zurück in das Bein
und das Kribbeln wird schmerzhaft. Hektisch wippe ich mit
dem Fuß.
In meinem Kopf entsteht ein Bild von mir selbst auf dem
Bett voll Rosenblüten. Manchmal sehe ich eine Situation als
Zeichnung oder Gemälde vor mir, das müssen die Künstlergene
sein, die ich von meinen Eltern geerbt habe. Ob ich wohl
einen schönen, kitschigen Ölschinken abgäbe? Nein, wohl
doch eher eine Karikatur!
Halb elf. Dass Simon sich mal verspätet, ist ja nichts Neues.
Aber ausgerechnet heute? Ich angele neben dem Bett nach
meiner Tasche und krame mein Handy heraus. Simon hat mir
vielleicht getextet, wo er steckt und wann er kommt. Nein.
Keine neuen Nachrichten. Kurz überlege ich, ihm eine SMS
zu schicken, lasse es dann aber lieber bleiben, um ihn nicht zu
nerven. Er mag es nicht besonders, wenn ich ihm hinterhertelefoniere
oder ihn mit Nachrichten bombardiere. Ich lasse
das Handy zurück in die Tasche gleiten und warte weiter.
Viertel vor elf. Ich habe Durst. Am liebsten würde ich in die
Küche gehen, um mir ein Glas Wasser zu holen. Aber als ich
bereits an der Tür stehe, fällt mir ein, dass es keine gute Idee ist, in diesem Outfit in Simons WG herumzulaufen. Wäre ja
möglich, dass einer seiner Mitbewohner auch gerade in die
Küche will. Bleibt nur der Sekt übrig, den ich meiner Mom
aus der Vorratskammer stibitzt und zusammen mit zwei stilvollen
Kelchen auf dem Tisch neben Simons Schlagzeug drapiert
habe. Beherzt greife ich nach der Flasche und lasse den
Korken knallen.
Eigentlich wollte ich den Schampus zusammen mit Simon
trinken. Nachdem wir
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