Beck Wissen - Antimaterie - Auf der Suche nach der Gegenwelt
größere Raumestiefen auch qualitativ neuartige Objekte und Strukturen entdeckt. Die große Revolution des Nicolaus Copernicus bestand im 16. Jahrhundert bekanntlich noch in der Feststellung, daß nicht die Erde, sondern die Sonne im Zentrum des Universums steht. Heute würde jeder Realschüler über diese Behauptung lächeln. Die ehemals sphärisch gedachte Himmelskugel, an deren Innenfläche die physikalisch nicht näher interpretierbaren Sterne festgeheftet schienen, erwies sich nämlich nach und nach als irreal die Vorstellung eines uns umgebenden Raumes brach sich Bahn.
Der Blick durch ein Fernrohr ist der Blick in unterschiedliche Raumestiefen; die Sterne unseres Gesichtsfeldes befinden sich in den verschiedensten Entfernungen. Dabei stellte sich schon um die Mitte des 18. Jahrhunderts heraus, daß die fernen Sonnen keineswegs willkürlich verteilt sind, sondern sich in einem abgeplatteten Gebilde befinden, das wir als Milchstraßensystem bezeichnen. Das von jedem Punkt der Erde aus sichtbare, unregelmäßig geformte Band der Milchstraße besteht aus einem dichten Gewimmel weit entfernter Sterne, wie große Teleskope verdeutlichen. Die Anordnung dieser Sterne, d. h. die von der Erde aus sichtbare scheinbare Verteilung, ist ein klarer Hinweis auf die abgeplattete Struktur dieses Sternsystems.
Erst im 20. Jahrhundert gelang es, die großräumige tatsächliche Verteilung der Sterne einigermaßen zutreffend zu erkennen, so daß wir heute ein Bild unserer weiteren kosmischen Heimat vor uns haben, das im wesentlichen der Wirklichkeit entspricht, im Detail allerdings noch zahlreiche Lücken aufweist: Das Sternsystem besteht aus etwa 200 Milliarden Sonnen unterschiedlicher Massen und Helligkeiten. Die Gesamtmasse des Systems ist allerdings wesentlich größer, wenn man die Objekte außerhalb der galaktischen Scheibe mit einbezieht sowie die Materie im Raum zwischen den Sternen und einen noch nicht unmittelbar nachgewiesenen Anteil dunkler Materie.
Der seitliche Anblick des gesamten Systems von rd. 100000 Lichtjahren Durchmesser ähnelt einer Diskusscheibe. Die Abplattung, d.h. das Verhältnis von Durchmesser zu Dicke, beträgt etwa 1:7. Im Draufblick bietet das Sternsystem einen spiralförmigen Anblick (Spiralnebelsystem). Das gesamte Sternsystem befindet sich in Rotation. An der Position unserer Sonne, etwa 30000 Lichtjahre vom Zentrum entfernt, beträgt die Rotationsdauer etwa 200 Millionen Jahre. Unsere Sonne bewegt sich demnach mit einer Geschwindigkeit von rd. 250 km/s um das Zentrum des Sternsystems.
Die schrittweise Entdeckung dieses Sternsystems war für viele Astronomen die Erkenntnis des Universums schlechthin. So wie Copernicus die Sonne mit ihren Planeten für das Universum hielt, das von einer sternübersäten Fixsternsphäre begrenzt wurde, galt nun das Milchstraßensystem als Inbegriff des Kosmos.
Doch auch dieses scheinbar wohlgefügte Bild ließ sich nicht halten. Zu Beginn der zwanziger Jahre unseres Jahrhunderts war die instrumentelle Technik so weit fortgeschritten, daß es erstmals gelang, früher für nebelartig gehaltene Objekte in Einzelsterne aufzulösen, allen voran den Andromeda-Nebel. Somit konnte man nun auch die Erkenntnisse, die man über Sterne unseres eigenen Systems gewonnen hatte, auf jene des Andromeda-Nebels anwenden. Unter anderem gelang es auf diesem Wege, die Entfernung des Andromeda-Nebels erstmals zu bestimmen. Das Ergebnis kam einer Revolution in der Astronomie gleich: Der Andromeda-Nebel befand sich weit außerhalb unseres Milchstraßensystems, wenn auch der Zahlenwert der Distanz später noch erheblich korrigiert werden mußte. Das Milchstraßensystem war also keineswegs das Universum, sondern nur ein Baustein des Ganzen. Zahllose weitere Sternsysteme wurden nun zum Gegenstand der Forschung, wobei sich zeigte, daß auch die Galaxien - wie die Einzelsterne - eine große Schwankungsbreite ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Dimensionen und Massen aufweisen. Die vom Milchstraßensystem bekannte Spiralstruktur, die auch den Andromeda-Nebel kennzeichnet, war nur eine unter anderen morphologischen Realitäten. Daneben fand man elliptisch geformte Gebilde, aber auch völlig irreguläre Galaxien sowie Balkenspiralen und linsenförmige Sternsysteme. Die Durchmesser liegen zwischen 6000 und knapp 200000 Lichtjahren, während die Massen in einem Bereich von 10 Millionen bis 1000 Milliarden Sonnenmassen variieren. Auch die Galaxien sind nicht gleichmäßig im Universum
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