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Bedroht

Bedroht

Titel: Bedroht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Koppel
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Achseln.
    »Männer blättern es höchstens mal durch«, sagte sie. »Sie interessieren sich hauptsächlich für die Kreuzworträtsel. Und Sie? In welcher Branche sind Sie, Sven? Ihr Name ist doch Sven, oder?«
    Er nickte.
    »Wir haben eine Werbeagentur, ein kleineres Unternehmen. Wir sind zu dritt.«
    »Irgendwelche schicken Accounts?«, fragte Anna.
    »Durchaus.«
    Er nannte eine große Modefirma und einen bekannten Reiseveranstalter.
    »Wir sind hier, um ein gutes Geschäftsjahr zu feiern und etwas Golf zu spielen.«
    Sissela lachte.
    Das Gespräch ging entspannt weiter, und sie redeten sich warm.
    Anna musste zugeben, dass die Männer nicht so penetrant waren, wie angetrunkene Männer auf Geschäftsreisen es häufig sind. Sie konnten zuhören. Einer der beiden war sogar ganz witzig. Aber im Übrigen war es wie immer. Sie und Sissela standen im Mittelpunkt, Trude dank ihrer unnahbaren Schönheit etwas abseits. Die meisten Männer wurden in ihrer Nähe unsicher. Das änderte sich, als der dritte Mann auftauchte.
    »Da ist er ja. Das ist Erik. Erik Månsson, unser neuer Star.«
    Selbst Trude verschlug es für einen Augenblick die Sprache.
    Erik war Werbetexter und erst vor Kurzem bei Sven und Olof eingestiegen. Er hatte auf seinem Zimmer gerade erfolglos versucht, einen Rotweinfleck von seinem Hemd zu entfernen. Jetzt trug er Jeans und T-Shirt, Kleidung, die verriet, dass er extrem durchtrainiert war. Trudes Schönheit focht ihn nicht weiter an. Sie sah vermutlich aus wie die meisten Frauen, mit denen er Umgang hatte. Außerdem war er wesentlich jünger als die beiden anderen.
    Anna seufzte innerlich. Sie konnte sich den Rest des Abends lebhaft vorstellen. Sissela würde exaltiert über Witze lachen, die nicht lustig waren, sich eine Locke um den Zeigefinger wickeln und mit der Zungenspitze über die Unterkante der Schneidezähne fahren, um das Interesse des jungen Mannes zu wecken. Um dann, wenn ihr das wider Erwarten gelingen sollte, im letzten Moment einen Rückzieher zu machen. Trude hingegen würde keine Sekunde zögern, falls sich die Gelegenheit bot.
    Anna irrte sich. Es wurde ein richtig netter Abend. Irgendwann hatte die Flirterei ein Ende. Alle nahmen ihre Brieftaschen hervor und zeigten Fotos von Ehepartnern und Kindern. Erik, der Single und kinderlos war, verdrehte bei dem Spektakel die Augen, aber sie hatten die Schwelle der Tagungsliaisons überschritten, waren erwachsene Menschen, die sich einen netten Abend machten.
    »Sie kommen also aus Stockholm?«, fragte Sissela Erik.
    »Ja.«
    »Und bei welchen Agenturen waren Sie schon?«, hakte sie weiter nach.
    »Bei gar keiner.«
    »Das heißt, Sie sind neu im Geschäft?«
    »Ja.«
    »Wo haben Sie vorher gearbeitet?«
    »Bei Hemköp an der Fischtheke.«
    Sissela lachte.
    »Im Ernst?«
    Erik nickte. Sissela konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
    Irgendwann begab Anna sich auf die Toilette. Als sie wieder rauskam, wartete Erik vor der Tür. Als sie sich auf dem engen Flur an ihm vorbeischob, küsste er sie flüchtig und verschwand auf der Toilette.
    Anna ging verwirrt zu den anderen zurück und nahm Platz. Die Stimmung war recht ausgelassen. Erik kam ebenfalls wieder und nahm ihr gegenüber Platz. Ein rascher fragender Blick, mehr nicht. Sissela begab sich zum Rauchen an die frische Luft, Sven und Olof leisteten ihr Gesellschaft. Trude konnte den Toilettenbesuch nicht länger aufschieben, was hieß, dass Anna allein mit Erik zurückblieb, der sie betrachtete.
    »Zimmer achtzehn. Komm vorbei, wenn du Lust auf Gesellschaft hast.«
    »Ich bin verheiratet«, sagte Anna, »und habe eine zehnjährige Tochter.«
    »Ich weiß«, erwiderte er. »Du hast uns die Fotos gezeigt.«
    Die Raucher kehrten zurück, Erik erhob sich.
    »Wisst ihr was, ich gehe jetzt ins Bett«, sagte er und zog sich zurück.
    Trude kehrte von der Toilette zurück. Sie hatte sich frisch geschminkt, das Haar gekämmt, den BH zurechtgerückt und sicherheitshalber einen Knopf ihrer Bluse geöffnet.
    »Wo ist Erik?«
    Vielleicht war es das berauschende Gefühl, diesmal die Auserwählte zu sein. Anna war diese Art von Aufmerksamkeit nicht gewohnt. Möglicherweise war es aber auch eine Reaktion darauf, dass ihre Kolleginnen meinten, sie sei so brav. Oder es war einfach das Begehren, ein Augenblick emotionaler Verwirrung.
    »Gott, bist du langweilig«, sagte Sissela, als Anna sich eine Viertelstunde später verabschiedete.
    Weder sie noch Trude machten Anstalten, es ihr gleichzutun.
    Anna ging auf

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