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Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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natürlich von Agenten, von denen die Hälfte Maschinenpistolen trug, die Läufe zur Decke gerichtet. Dann erblickte er die Marines, die draußen standen, die meisten in unvollständiger Uniform. Einige bibberten in ihren roten T-Shirts über tarnfarbenen ›Mehrzweck‹-Hosen.
    »Wir wollten zusätzliche Sicherheit«, erklärte Price. »Ich habe die Kaserne um Unterstützung gebeten.«
    »Yeah.« Ryan nickte. Niemand würde es unziemlich finden, daß der Präsident der Vereinigten Staaten in einer solchen Zeit von Marineinfanteristen umgeben war.
    Sie waren fast Kinder, die meisten von ihnen. Ihre glatten, jungen Gesichter ließen nicht die geringste Regung erkennen – ein gefährlicher Zustand für bewaffnete Leute. Wie Wachhunde hatten sie den Parkplatz ständig im Blick, und ihre Gewehre hielten sie fest umklammert. Als Ryan hinaustrat, nahmen sie Haltung an und salutierten. Also halten auch sie es für wirklich. Den Gruß erwidernd, nickte Ryan und winkte dann den nächststehenden Wagen heran, einen HMMWV.
    »Capitol Hill«, befahl Präsident John Patrick Ryan knapp.
    Die Fahrt ging schneller, als er erwartet hatte. Die Polizei hatte alle Hauptstraßen gesperrt, und die Feuerwehrautos waren bereits da.
    Vermutlich war allgemeiner Alarm ausgegeben worden, was auch immer das brachte. Der Suburban des Secret Service – die Kreuzung von einem Kombi mit einem Kleinlaster – fuhr mit Blaulicht und heulender Sirene voraus, während die Schutztruppe schwitzte und vermutlich heimlich fluchte ob der Dummheit von ihrem neuen »Boß« – interne Bezeichnung für den Präsidenten.
    *
    Das Heck der 747 war noch bemerkenswert intakt – zumindest das Seitenruder war noch als solches zu erkennen, wie die Befiederung eines Pfeiles, der tief in der Seite eines getöteten Tieres steckte. Das überraschende für Ryan war, daß das Feuer immer noch brannte. Das Capitol war ein Gebäude aus Stein gewesen, doch innen gab es Schreibtische aus Holz, Unmengen von Papier, und Gott allein wußte, was sonst noch, das der Hitze und dem Sauerstoff anheimfiel. In der Luft kreisten Militärhubschrauber, umschwirrten die Szene wie Motten; ihre Rotoren das orangefarbene Licht zum Boden zurück. Rotweiße Fahrzeuge der Feuerwehr waren überall, ihre Lichter blinkten auch rot und weiß und verliehen dem aufsteigenden Qualm und Dampf zusätzliche Farbe.
    Feuerwehrleute hetzten umher, und auf dem Boden schlängelte sich zu jedem Hydranten der Umgebung ein Gewirr aus Schläuchen, die den Pumpfahrzeugen Wasser zuführten. Viele Schlauchkupplungen waren nicht ganz dicht, so daß Wasser herausspritzte und schnell in der kalten Nachtluft gefror.
    Der Südflügel des Capitol war verwüstet. Die Stufen waren noch erkennbar, aber Säulen und Dach waren weg, und der Plenarsaal selbst war ein Krater, verborgen hinter dem rechteckigen Rand aus Steinen, deren weiße Farbe verbrannt und rußgeschwärzt war. Im Norden war die Kuppel eingefallen; sie war während des Bürgerkrieges aus Schmiedeeisen errichtet worden, und einige der tortenstückähnlichen Abschnitte hatten sich irgendwie ihre Form bewahrt. Die Feuerbekämpfungsmaßnahmen richteten sich vor allem hierhin, wo das Zentrum des Gebäudes gewesen war. Aus zahllosen Wasserkanonen, manche am Boden, andere auf Schiebeleitern oder Hebebühnen, wurde Wasser gespritzt, in der Hoffnung, ein weiteres Ausbreiten des Feuers zu verhindern.
    Doch das wirkliche Drama der Szenerie brachten die zahlreichen Krankenwagen zum Ausdruck, die Rettungsmannschaften zu bitterer Untätigkeit verdammt. Bei leeren Tragbahren standen sie da und konnten nichts tun, als auf die weiße Seitenflosse zu starren mit dem von Feuer geschwärzten, aber noch deutlich erkennbaren roten Kranich. Japan Air Lines. Der Krieg mit Japan war doch beendet, glaubte jeder. War das hier ein einzelner, letzter Akt von Widerstand oder Rache? Oder nur ein abscheulich ironischer Unfall? Auf Jack wirkte die Szenerie wie ein Autounfall, wenn auch in viel, viel größeren Dimensionen, und für die Männer und Frauen der Notdienste war es dieselbe Geschichte wie so oft – sie kamen zu spät. Zu spät, um das Feuer rechtzeitig zu löschen. Zu spät, um Leben zu retten, wie sie es geschworen hatten. Zu spät, um überhaupt etwas ausrichten zu können.
    Der HMMWV fuhr dicht an die südöstliche Ecke des Gebäudes heran und hielt unmittelbar vor den vielen Feuerwehrautos, und noch ehe Ryan überhaupt aussteigen konnte, war er wieder von einem Trupp

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