Befohlenes Dasein
sich ihnen getrost anvertrauen kann. Man hat auch noch nichts darüber gehört, daß im Verlauf der letzten hundert Jahre bei einem Raumflug etwas passiert oder daß gar das Raumschiff nicht am Bestimmungsort angekommen wäre.
Die beiden Ankommenden haben ihren berühmten Kollegen vom Kidor schon von weitem erkannt. Sie winken ihm von der Leiter der Raumscheibe schon von weitem zu, und er erwidert ihren Gruß, obgleich er sie noch nie persönlich gesehen hat. Doch das Bild Kamanas ist durch alle Zeitungen und Lichtspielhäuser der Galaxis gegangen, es ist also nicht schwer, ihn zu erkennen.
Dann sind sie die Leiter herabgestiegen und stellen sich vor.
„Professor Fellh von der galaktischen Universität Da-lun – Professor Gra-koh – beide von der astronomischen und geologischen Fakultät.“
„Ich freue mich sehr, meine Herren Kollegen“, begrüßt sie Kamana. „Ich danke Ihnen, daß Sie die weite Reise nicht gescheut haben, und hoffe, es Ihnen durch reiche Forschungsergebnisse entgelten zu können.“
„Wir erwarten nichts, lieber Kollege Kamana“, erwidert Fellh, der ein Hüne von Gestalt ist und durchdringende blaue Augen besitzt. „Wir können deshalb nicht enttäuscht werden. Sie wissen selbst, daß wir – was die Herkunft unserer Lebensräume anbetrifft – wissenschaftlich vor unübersteigbaren Mauern stehen. Es kommt ein Punkt, an dem es einfach nicht mehr weitergeht. Wenn wir nur ein kleines Stückchen weiterkämen, so wäre das schon als großer Erfolg zu werten.“
Der schnelle Wagen Kamanas bringt die beiden Forscher zum Bungalow am Rand der Stadt. Die beiden Professoren vom Da-lun schauen entzückt in die Runde, als sie die buntgefärbten Springbrunnen und die verborgenen Blumenpfade erblicken. Ein ganzes Leben lang schwebte ihnen eine Reise zum Kidor – und gar zu dessen Hauptstadt Kidora – als unerfüllbarer Wunschtraum vor. Das Orionsystem trat als eines der letzten der Galaktischen Union bei, weil es zivilisatorisch noch verhältnismäßig rückständig war. So ist es nicht verwunderlich, wenn den beiden Professoren schon der Anblick der Hauptstadt der Regierung als lohnender Reiseerfolg erscheint.
Mit tiefen Verbeugungen begrüßen die Orion-Menschen auch Antonio Stia, der sich pünktlich eingefunden hat und bereits einen Imbiß für die fernen Gäste bereitgestellt hat. Das Gespräch bewegt sich um das Problem der Erschaffung der Welt. Antonio Stia, der belesene Reporter, ist der Meinung, daß man schon einen bedeutenden Schritt weitergekommen sei, wenn es gelänge, fünf Millionen Jahre zurückzublicken. Profes sor Fellh möchte diese Ansicht nicht teilen. „Wir haben noch keine einleuchtendere Erklärung gefunden als den sogenannten Urknall“, sagte er. „Ungeheure Mengen von Wasserstoffatomen haben sich so stark verdichtet, daß es eine ungeheuerliche Explosion gab, bei der das Helium entstand. Diese Explosion ließ Milchstraßen und Sternennebel kreisförmig ins All hineinfliegen, zuerst mit gewaltiger Anfangsgeschwindigkeit, später immer mehr ermattend. Wir wissen doch, daß sich die Sternnebel immer mehr voneinander entfernten und daß sie einem unbekannten, außen gelegenen Punkt zustreben. Wie lange dieser Flug in die Tiefen des Alls noch anhalten wird, ist noch völlig unbekannt. Doch das eine dürfte feststehen: eines Tages werden alle diese ins All enteilenden Milchstraßen zum Stillstand gekommen sein. Was werden Sie dann tun, Kollege Kamana?“
„Gewiß“, antwortet dieser, „sie werden wieder umkehren und dann langsam zum Ausgangspunkt zurückkehren, wie ein geworfener Stein in der Luft wieder umkehrt, um wieder zurückzufallen. Das ist alles einleuchtend. Es ist auch einleuchtend, daß dann das Spiel der Explosion und des Auseinanderstrebens von neuem beginnt.“
„Und das Leben?“ fragte Stia.
„Das spielt nur eine untergeordnete Rolle, Freund Antonio Stia. Das Leben wird sich von neuem bilden und entwickeln.“
„Woher?“ fragt Stia rasch.
„Wir wissen es nicht“, meint Fellh. „Es ist das der Punkt, an dem unsere Forschungsarbeit nicht mehr weiterkommt. Wir sprechen heute so viel von den Motilitäts-Elektronen, von jenen kleinsten Partikeln, aus denen die Bewegung besteht. Aber woher stammen diese? Haben sie sich selbst gebildet, sind sie eine uns unbekannte Ehe eingegangen – oder was ist es?“
„Das Grundelement ist doch der Wasserstoff“, wirft jetzt Professor Gra-koh ein. „Ich habe schon die Version gehört, daß sich der
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