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Bei Anbruch der Nacht

Titel: Bei Anbruch der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kazuo Ishiguro
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Sie sprachen nur über die Musik.
    Am vierten Tag nach seiner Rückkehr verhinderte eine Serie kleiner Missgeschicke – unter anderem ein Leck im Wasserkasten seiner Toilette -, dass er zur gewohnten Zeit ins Excelsior ging. Als er am Café vorbeikam, dämmerte es bereits, die Kellner hatten die Kerzen auf den Tischen angezündet, und wir hatten von unserem abendlichen Set schon etliche Nummern hinter uns. Er winkte uns, überquerte den Platz zum Hotel hinüber, und das Cello ließ ihn aussehen, als hinkte er.
    Er bemerkte, dass der Empfangschef kurz zögerte, ehe er in ihrer Suite anrief. Als sie ihm dann die Tür öffnete, begrüßte sie ihn herzlich, aber irgendwie anders, und bevor er den Mund aufmachen konnte, sagte sie rasch:
    »Tibor, ich freue mich sehr, dass Sie gekommen sind. Gerade habe ich Peter alles von Ihnen erzählt. Ja, richtig, Peter hat mich schließlich gefunden!« Dann rief sie ins Zimmer: »Peter, er ist da! Tibor ist da! Und hat sogar sein Cello mitgebracht!«
    Als Tibor eintrat, erhob sich ein breiter, ergrauender, schlurfender Mann mit pastellfarbenem Polohemd aus einem Sessel. Er umfasste Tibors Hand mit sehr festem Griff und sagte: »Ah, ich weiß alles über Sie! Eloise ist überzeugt, dass Sie ein großer Star werden.«
    »Peter ist hartnäckig«, sagte sie. »Ich wusste, dass er mich über kurz oder lang finden würde.«
    »Ich finde jeden«, bestätigte Peter. Dann zog er einen Stuhl für Tibor herbei, nahm eine Flasche Champagner aus dem Eiskübel auf der Kommode und schenkte ihm ein Glas ein. »Kommen Sie, Tibor, feiern Sie mit uns unser Wiedersehen.«
    Tibor, dem nicht entgangen war, dass ihm Peter seinen angestammten »Cellostuhl« angeboten hatte, nippte am Champagner.
Eloise war irgendwohin verschwunden, und eine Zeit lang machten Tibor und Peter, die Gläser in der Hand, Konversation. Peter schien recht nett und stellte eine Menge Fragen – wie es für Tibor gewesen sei, in einem Land wie Ungarn aufzuwachsen, und ob es ein Schock gewesen sei, als er zum ersten Mal in den Westen kam.
    »Sie haben so ein Glück«, sagte Peter. »Ich würde liebend gern ein Instrument spielen. Würde es gern lernen. Vielleicht ein bisschen zu spät jetzt, nehme ich an.«
    »Oh, es ist doch nie zu spät«, sagte Tibor.
    »Da haben Sie recht. Es ist nie zu spät. ›Zu spät‹ ist immer bloß eine Ausrede. Nein, die Wahrheit ist, ich bin ein viel beschäftigter Mann, und ich sage mir, ich habe zu viel zu tun, um Französisch zu lernen, um ein Instrument zu lernen, um Krieg und Frieden zu lesen. Lauter Dinge, die ich immer tun wollte. Eloise hat als Kind Musik gemacht. Sie hat Ihnen sicher davon erzählt?«
    »Ja. Soweit ich begriffen habe, ist sie ein vielfältiges Naturtalent.«
    »Oh, ganz bestimmt. Jeder, der sie kennt, sieht es sofort. Sie besitzt so viel Feingefühl! Sie ist diejenige, die Musikunterricht nehmen sollte. Gegen sie bin ich Mr Wurstfinger!« Er hielt seine Hände hoch und lachte. »Wie gern würde ich Klavier spielen, aber was wollen Sie mit solchen Händen anfangen? Die taugen, um in der Erde zu wühlen, was meine Vorfahren generationenlang getan haben. Aber diese Dame hier,« – er deutete mit seinem Glas zur Tür – »sie hat wahrlich Feingefühl.«
    Eloise tauchte endlich wieder auf. Juwelenbehängt und in einem dunklen Abendkleid trat sie aus dem Schlafzimmer.
    »Peter, erzähl Tibor keine langweiligen Geschichten«, sagte sie, »er interessiert sich nicht für Golf.«

    Peter hob abwehrend die Hände und sah Tibor bittend an. »Verteidigen Sie mich, Tibor! Habe ich ein einziges Wort über Golf verloren?«
    Tibor sagte, er müsse jetzt gehen; er sehe, dass sie beide ausgehbereit seien, und er wolle sie nicht aufhalten. Sie protestierten beide, und Peter sagte:
    »Schauen Sie mich an. Sehe ich etwa aus wie zum Dinner gekleidet?«
    Und Tibor, obwohl er ihn absolut korrekt gekleidet fand, lachte ein bisschen, wie es offensichtlich von ihm erwartet wurde. Dann sagte Peter:
    »Sie dürfen nicht gehen, bevor Sie uns nicht was vorgespielt haben. Ich habe so viel über Ihr Spiel gehört!«
    Verwirrt begann Tibor tatsächlich seinen Cellokasten zu öffnen, doch Eloise sagte fest, in einem ihm unbekannten Tonfall:
    »Tibor hat recht. Es ist spät geworden. In dieser Stadt halten einem die Restaurants den Tisch nicht ewig frei, wenn man nicht pünktlich ist. Peter, zieh du dich inzwischen um. Und vielleicht rasierst du dich auch? Ich begleite Tibor hinaus. Ich möchte kurz unter vier

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