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Bei Einbruch der Nacht

Bei Einbruch der Nacht

Titel: Bei Einbruch der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Buch
     
    Camille, Komponistin, sehr zart, sehr jung, ein Gesicht wie eine ägyptische Königin, Jeans und Stiefel selbst bei großer Hitze, lebt mit dem kanadischen Grizzly-Forscher Lawrence einen Sommer lang in einem abgeschiedenen Bergnest in den provenzalischen Alpen. Während Lawrence die Wölfe beobachtet, die aus den Abruzzen herüberkommen, sitzt Camille an ihrem Keyboard, sucht musikalische Inspiration für eine Seifenoper, klempnert ein bißchen bei den Leuten und entspannt sich bei der Lektüre von Werkzeugkatalogen.
    Da passiert etwas Ungeheuerliches, das uralten Aberglauben wieder lebendig werden läßt: Ein riesiger Wolf, nein, ein Wolfsmensch, so sagen die Leute, zieht nach Einbruch der Dunkelheit mordend durch die Dörfer, reißt Schafe und hat durch seinen gewaltigen Biß in der letzten Nacht die Bäuerin Suzanne getötet. Verzweifelt über die Gleichgültigkeit der Polizei, machen sich Suzannes halbwüchsiger Sohn und ihr wortkarger alter Schäfer in einem klapprigen Viehtransporter allein an die Verfolgung des Mörders. Und sie überreden Camille, den stinkenden Wagen zu fahren. Ein Roadmovie über gefährliche Bergstraßen Richtung Norden beginnt, aber immer sind weitere Morde schon passiert, wenn das ungleiche Team an den mutmaßlichen Orten eintrifft. Erschöpft geben die drei auf, und Camille entschließt sich schweren Herzens, einen Profi hinzuzuziehen: Kommissar Adamsberg aus Paris, den Mann, den sie so sehr geliebt hat und mit dem sie doch nicht leben konnte.
     
Autor
     
    FRED VARGAS, Jahrgang 1957, lebt in Paris. Hauptberuflich ist sie als Archäologin in einem Forschungsinstitut tätig. Sie hat einen zehnjährigen Sohn und schreibt fast ausschließlich in ihren Ferien. Für ihre „rom.pols" hat sie das seit der Kindheit vertraute Diminuitiv Fred (für Frédérique) gewählt; Vargas nennt sie sich nach der von Ava Gardner gespielten „Barfüßigen Gräfin". „L'Homme à l'envers", in deutscher Übersetzung der vierte Roman der Autorin, gelangte unmittelbar nach seinem Erscheinen im Frühjahr 1999 auf die französischen Bestsellerlisten und wird demnächst verfilmt.
     

Am Dienstag gab es in Ventebrune in den Alpen vier Schafe mit durchgebissener Kehle. Am Donnerstag neun in Pierrefort. »Die Wölfe«, sagte ein Alter. »Sie steigen zu uns ins Tal herunter.«
    Der andere leerte sein Glas und hob die Hand. »Ein Wolf, Pierrot, ein Wolf. Ein Tier, wie du noch nie eins gesehen hast. Es steigt zu uns ins Tal herunter.«

1
    Zwei Männer kauerten im Gestrüpp.
    »Willst du mir vielleicht meine Arbeit erklären?« flüsterte der erste.
    »Ich will gar nichts«, antwortete sein Begleiter, ein großer Kerl mit langen blonden Haaren, der Lawrence hieß.
    Ohne eine Bewegung beobachteten die beiden Männer mit den Ferngläsern in der Hand ein Wolfspaar. Es war zehn Uhr morgens, und die Sonne brannte ihnen auf den Rücken.
    »Der Wolf da ist Marcus«, nahm Lawrence das Gespräch wieder auf. »Er ist zurückgekommen.«
    Der andere schüttelte den Kopf. Es war ein Mann aus der Gegend, klein, dunkle Haut, ein bißchen bockig. Er überwachte die Wölfe des Mercantour-Massivs { * } seit sechs Jahren. Er hieß Jean.
    »Das ist Sibellius«, murmelte er.
    »Sibellius ist wesentlich größer. Der hat nicht diese gelbe Strähne am Hals.«
    Verunsichert stellte Jean Mercier erneut sein Fernglas scharf und sah den Wolfsrüden, der dreihundert Meter östlich von ihrem Versteck um den ihm vertrauten Felsen strich und manchmal den Fang in den Wind hob, prüfend an. Sie waren sehr nah, zu nah, es wäre besser, sich etwas zurückzuziehen, aber Lawrence wollte um jeden Preis filmen.
    Deshalb war er da: um die Wölfe zu filmen und dann seine Reportage in Kanada loszuwerden. Aber seit sechs Monaten schob er seine Rückkehr immer wieder unter obskuren Vorwänden hinaus. Um die Wahrheit zu sagen: Der Kanadier setzte sich langsam fest. Jean Mercier wußte, warum. Lawrence Donald Johnstone, ein namhafter Spezialist für kanadische Grizzlybären, war einer Handvoll europäischer Wölfe verfallen. Und er konnte sich nicht dazu durchringen, das zu sagen. Na ja, ohnehin redete der Kanadier so wenig wie möglich.
    »Sie ist im Frühling zurückgekommen«, murmelte Lawrence. »Hat ihre Familie gegründet. Aber ich erkenn sie nicht wieder.«
    »Das ist Proserpina«, flüsterte Jean Mercier, »die Tochter von Janus und Juno, dritte Generation.«
    »Mit Marcus.«
    »Mit Marcus.« Mercier sah es endlich ein. »Und das Gute an der

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