Bei Null bist du Tod
Stirn. »Er könnte Sie verletzen. Ich zeige ihm, was er wissen muss.«
»Kommt nicht in Frage. Du könntest dich vergessen. Und zum hundertsten Mal: Ich bin vielleicht nicht so gut wie du, aber ich bin absolut in der Lage, auf mich selbst aufzupassen.«
»Das weiß ich.«
»Dann geh jetzt wieder in den Stall.«
Jock schüttelte den Kopf und stapfte zu den großen Felsen am Ende des Turnierplatzes hinüber. »Ich bleib noch hier sitzen und guck zu.«
MacDuff schaute ihn resigniert an, dann drehte er sich zu Mario um. »Kommen Sie um zwei Uhr wieder her. Jetzt ist kein günstiger Zeitpunkt.«
Nach kurzem Zögern las Mario sein Hemd vom Boden auf. »Um zwei.« Er zog eine Grimasse, als er an Jane vorbeiging. »Merkwürdig. Verdammt merkwürdig.«
Sie war vollkommen seiner Meinung, war jedoch so fasziniert von dem, was sich zwischen Jock und MacDuff abspielte, dass Mario längst um die Burgmauer herum verschwunden war, als ihr einfiel, dass sie eigentlich nur hergekommen war, um mit ihm zu reden.
»Ich kann mich nicht daran erinnern, Sie hierher gebeten zu haben«, sagte MacDuff, während er sich den Schweiß von Brust und Armen wischte. »Was wollen Sie hier?«
»Ich wollte Mario überreden, mit dem Blödsinn aufzuhören.«
»Es wäre kein Blödsinn, wenn die Zeit nicht so knapp wäre. Es ist sogar vernünftig. Sein Bedürfnis nach Rache ist absolut verständlich.« Sein Blick wanderte in die Richtung, in die Mario verschwunden war. »Und er wird sogar ganz gut werden, wenn er lange genug überlebt. Sein letzter Angriff hat mich kalt erwischt.«
»Mich hat Jock kalt erwischt.« Sie schaute zu dem Jungen hinüber, der völlig reglos in einiger Entfernung auf den Felsen saß. Als er ihren Blick bemerkte, strahlte er übers ganze Gesicht. Sie konnte nicht glauben, dass dasselbe Gesicht noch einen Moment zuvor, als sein Arm um Marios Hals lag, kalte Entschlossenheit ausgedrückt hatte. Sie musste sich einen Ruck geben, um sein Lächeln zu erwidern, dann wandte sie sich wieder MacDuff zu. »Er hätte ihn umgebracht, stimmt’s?«
»Ja.« Er zog sich einen Pullover über. »Innerhalb weniger Sekunden. Jock ist sehr schnell.«
Sie schüttelte fassungslos den Kopf. »Ich würde es nicht glauben, wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte – Er wirkt so gutmütig.«
»Oh, das ist er auch. Wenn er nicht gerade einen Mord begeht.«
Ihre Augen weiteten sich angesichts der Verbitterung in seiner Stimme. »Mord? Aber er war doch nur sauer, weil er dachte, Mario würde Sie verletzen.«
Er antwortete nicht.
»So war es doch, oder?«
Er schwieg eine Weile und zuckte dann die Achseln. »Er war nicht verärgert. Er war im Einsatz, und diesmal ging es um mich.«
»Wie bitte?«
»Er fühlt sich verpflichtet, für meine Sicherheit zu sorgen. Ich habe ihm das irgendwann einmal zugestanden, weil ich nicht wusste, ob ich ihn würde am Leben halten können, ohne ihm ein Ziel zu geben. Jetzt ist er stärker und ich versuche ihn wieder davon abzubringen. Aber das ist gar nicht so einfach.«
»Ihn am Leben halten«, wiederholte sie.
»Er hat dreimal versucht, sich das Leben zu nehmen, nachdem ich ihn von diesem Scheißkerl Reilly weggeholt habe.«
Reilly. Der Mann, um den sich alles drehte, um dessen Gunst Trevor mit Grozak stritt.
»Sie haben wohl schon von Reilly gehört.« MacDuff schaute Jane mit zusammengekniffenen Augen an. »Hat Trevor Ihnen von ihm erzählt?«
Sie nickte. »Aber er hat mir nichts von einer Verbindung zwischen Reilly und Jock oder Ihnen erzählt.«
»Er weiß nichts von der Verbindung zu Jock. Er weiß lediglich, dass ich Reilly ebenfalls zu fassen kriegen will.« Er schaute zu Jock hinüber. »Und zwar tot.«
»Und warum erzählen Sie das ausgerechnet mir?«
»Weil Jock Sie mag und weil Sie bereit sind, ihm zu helfen. Ich dachte, ich könnte ihn unter Kontrolle halten, aber irgendwann bin ich vielleicht mal nicht in der Nähe, dann wäre es gut, wenn Sie ein bisschen über ihn wüssten, damit Sie ihn lenken können. Ich will Sie da nicht blind hineinlaufen lassen.«
»Ist er … verrückt?«
»Nicht mehr, als wir alle es wären, wenn wir das durchgemacht hätten, was er hinter sich hat. Er blendet bestimmte Dinge einfach aus; in manchen Momenten wird er regelrecht kindlich. Aber es geht ihm von Tag zu Tag besser.«
»Welche Dinge versucht er denn zu verdrängen?«
MacDuff antwortete nicht gleich. »Ich weiß, dass er mindestens zweiundzwanzig Menschen getötet hat. Wahrscheinlich
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