Im Licht der Träume: Drei Romane in einem Band (German Edition)
Prolog
LIEBSTER. Mein Geliebter. Gewähr mir Einlass in deine Träume. Öffne mir dein Herz und hör mich an. Calin, ich brauche dich so sehr.Wende dich jetzt nicht von mir ab, sonst ist alles verloren. Ich bin verloren. Die Liebe. Meine Liebe.
Calin bewegte sich unruhig im Schlaf, schmiegte sein Gesicht ins Kissen. Fühlte sie dort. Ihre Haut, weich und zart. Die Hände, sanft und wohltuend. Und glitt dann in Träume über, beseelt von kühlen, stillen Nebelschleiern, von feuchten tiefgrünen Hügeln, die sich unendlich weit erstreckten. Und von einem betörenden Frauenduft.
Die Burg ragte auf einer Klippe empor, ein silbern schimmernder Stein, der sich in den stürmischen Himmel bohrte, das Fundament von dunstigen, stetig wabernden Nebelschwaden umgürtet wie von einem Fluss. Er ritt auf seinem Pferd, und das Zaumzeug klirrte kampfeshell in der Luft, als er die grünen Hügel hinter sich ließ und den kahlen, hohen Fels erklomm. Donner grollte vom Westen her über das Meer. Und hallte in seinem Kriegerherzen wider.
Hatte sie auf ihn gewartet?
Seine Augen, grau wie der Stein der Burg, verengten sich spähend, suchten Fels und Nebel nach einem Schlupfloch ab, wo sich ein Feind verstecken könnte. Selbst als er sein Pferd den zerklüfteten Pfad zur Klippe hinauflenkte, war
ihm bewusst, dass er den stechenden Geruch nach Krieg und Tod mit sich führte, der ebenso in seine Poren gesickert war wie die Erinnerungen daran in seinen Geist.
Weder Körper noch Geist würden jemals wieder ganz gereinigt davon sein.
Seine Schwerthand lag leicht und zum Ziehen bereit auf dem Griff seiner Waffe. An solchen Orten war ein Mann immer wachsam. Hier knisterte die Luft vor Magie, die beschützend oder bedrohlich sein konnte. Hier heckten Elfen böswillige Streiche aus oder tanzten im Reigen, und Hexen gingen ihren Zauberkünsten nach, die zum Wohle oder zum Schaden gereichten.
Auf dem Gipfel der einsamen Klippe, hoch über der rasenden See stand die Burg, verschwiegen und voller Geheimnisse. Und kein Mann ritt auf diesem Pfad, ohne das Wispern alter und neuer Geister zu hören.
Hatte sie auf ihn gewartet?
Die Pferdehufe klapperten hell über den Fels, bis sie schließlich ebenen Grund erreichten. Als er zu Füßen des Wachtturms anhielt, zerriss ein Blitz mit blendend weißem Lichtschein den schwarzen Himmel.
Und da stand sie, stand einfach da, heraufbeschworen aus sturmzerpeitschter Luft. Ihr Haar ein Flammenmeer über einem taubengrauen Umhang, die Alabasterhaut rosig angehaucht, der großzügige Mund von einem wissenden Lächeln umspielt. Und Augen so blau wie ein Leben spendendes Gestirn und mit eben solcher Macht erfüllt.
Sein Herz machte einen Sprung, sein Blut wallte auf vor Liebe, Lust, Sehnsucht.
Sie kam zu ihm, watete durch knietiefen Nebel. Ihre
Schönheit war überwältigend. In ihre Augen blickend, schwang er sich aus dem Sattel, hungrig nach der Frau, die Zauberin und Geliebte war.
»Caelan vom Geschlecht der Farrell, weit bist du gereist im Dunkel der Nacht. Was ist dein Begehr?«
»Bryna, die Weise.« Seine trockenen, aufgesprungenen Lippen zeigten ein Lächeln, das Antwort auf ihr Lächeln war. »Ich begehre alles.«
»Nur alles?« Ihr Lachen war tief und vertraut. »Nun, dann begehrst du genug. Ich habe auf dich gewartet.«
Ihre Arme umschlangen ihn, ihr Mund hob sich seinem entgegen. Er zog sie näher an sich, ausgehungert nach ihrer Gestalt und brennend vor Verlangen nach allem, was sie ihm geben würde, und nach mehr.
»Ich habe auf dich gewartet«, wiederholte sie atemlos, während sie ihr Gesicht an seine Schulter schmiegte. »Diesmal währte es fast zu lang. Seine Macht wächst, während meine abnimmt. Ich kann ihn nicht allein bekämpfen. Alasdair ist zu stark, seine dunklen Kräfte sind zu gierig. Oh, Geliebter. Mein Liebster, warum hast du mich aus deinen Gedanken, aus deinem Herzen ausgeschlossen?«
Er schob sie von sich. Die Burg war verschwunden – nur Ruinen waren geblieben, verlassen und schartig vernarbt. Sie standen im Schatten vergangener Zeiten, vor einem kleinen Haus voller Blumen. Die Luft war getränkt vom Duft der Blüten, schwer und betäubend. Die Frau lag in seinen Armen. Und der Sturm holte Atem, sammelte seine Kräfte für den gewaltsamen Ausbruch.
»Die Zeit wird knapp«, mahnte sie ihn. »Du musst kommen, Calin, du musst zu mir kommen. Das Schicksal kann
nicht verleugnet, ein Bann nicht gebrochen werden. Ohne dich an meiner Seite wird er siegen.«
Er schüttelte den
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