Beim Blick in deine Augen
deren Grenzen so oft verschwammen.
„Worum geht es?“, fuhr er seinen Berater an. „Und belästige mich nicht mit irgendwelchen Nebensächlichkeiten, Vasili – ich bezahle eine Menge Leute dafür, sich darum zu kümmern.“
Vasili sah gequält aus, so als sei allein die Vorstellung, er könnte seinen Arbeitgeber wegen einer Nebensächlichkeit stören, eine Beleidigung für ihn. „Das ist mir bewusst, kyrios . Aber ich habe gerade eine Nachricht von Miss Johansson erhalten.“
Bei der Erwähnung von Ingrid lehnte sich Constantine in seinem Stuhl zurück und presste seine Finger in einer nachdenklichen Geste gegeneinander. Er wusste, was in der Presse stand.
Das, was dort immer behauptet wurde, wenn er mehr als einmal mit einer Frau fotografiert wurde. Dass er kurz davor stand zu heiraten, wie es die meisten anderen in seinem Alter bereits getan hatten.
„Und?“, fragte er. „Was hat Miss Johansson gesagt?“
„Sie bat mich, Ihnen auszurichten, dass Sie erst später kommen wird.“
„Hat sie gesagt, warum?“
„Irgendetwas wegen eines Fotoshootings, das noch nicht beendet ist.“
„Oh, tatsächlich?“, meinte Constantine leise, und in seine schwarzen Augen trat ein Ausdruck, bei dem Vasili instinktiv wachsam wurde.
Constantine löste seine Finger voneinander und legte sie flach auf den großen Schreibtisch. Das leise Trommeln von zwei Fingern auf der glatten Fläche war das einzige äußere Zeichen des Ärgers, der in ihm aufstieg.
Ingrids Kühle war eine jener Eigenschaften, die sein Interesse geweckt hatten – das und natürlich ihre Schönheit. Sie war promovierte Politologin, sprach fünf Sprachen fließend – und mit ihrer Größe von etwas mehr als ein Meter achtzig war sie eine der wenigen Frauen, die ihm in die Augen sehen konnten. Als sie sich kennenlernten, war ihr ausweichendes Verhalten, wenn es um das Arrangieren von Verabredungen ging, faszinierend für ihn gewesen – wahrscheinlich, weil er das nicht kannte. Die meisten Frauen verfolgten ihn mit der Leidenschaft von Jägern, die eine verheißungsvolle Beute im Visier hatten.
Aber während der vergangenen Monate war Constantine klar geworden, dass Ingrids ausweichendes Verhalten Teil eines Spiels war – eines Gesamtkonzepts, mit dem sie ihn einfangen wollte. Bis jetzt hatte Constantine mitgespielt. Weil er tief in seinem Innern wusste, dass es höchste Zeit wurde, zu heiraten. Und sicher war doch eine Ehefrau, die kaum emotionale Ansprüche stellte, genau die richtige für einen Mann wie ihn?
Er wollte keine Frau, die wie eine Klette an ihm hing und glaubte, die Welt drehe sich nur um ihn. Nein, Ingrid entsprach fast allen seiner anspruchsvollen Kriterien. Sie war bis jetzt mit Bravour durch jeden Ring gesprungen, den er ihr hinhielt. Sogar seinem Vater gefiel sie. Und obwohl das Verhältnis der beiden Männer nie eng gewesen war, hatte Constantine ihm diesmal zugehört.
„Warum zum Teufel heiratest du sie nicht?“, hatte er seinen Sohn angekrächzt, wo er ihn früher – bevor er alt und krank wurde – angeschrien hätte. „Und sorgst dafür, dass ich einen Enkel bekomme?“
Gute Frage – wenn man von den närrischen Ansichten seines Vaters über die Liebe absah. Kam nicht irgendwann eine Zeit, in der jeder Mann sesshaft werden und eine eigene Familie gründen musste? Und brauchte er nicht tatsächlich einen Erben für das Karantinos-Vermögen? Constantine runzelte die Stirn. Die Umstände schienen ihn vor sich herzutreiben wie ein ruderloses Boot – und doch zögerte er aus irgendeinem unerfindlichen Grund, die vernünftige Entscheidung zu treffen, die blonde Schwedin zu heiraten.
Wie lange war es her, seit sie sich gesehen hatten? Constantine dachte zurück an die nervenaufreibenden und hektischen letzten Wochen, in denen er vor allem von dem aktuellen Geschäftsabschluss in Atem gehalten worden war. Es war eine Ewigkeit her, seit Ingrid und er zusammen im Bett gewesen waren, stellte er fest. Sie beide reisten im Moment kreuz und quer über den Atlantik, während ihre Karrieren immer steiler bergan stiegen.
„Wann wird sie denn kommen?“
„Sie hofft, vor Mitternacht“, antwortete Vasili.
„Dann hoffen wir, dass es stimmt“, bemerkte Constantine, während erneut ein Anflug von Ärger in ihm aufstieg. Er wandte sich wieder einem Stapel Papiere zu, mit dem er gerade beschäftigt war. Und wie immer bot ihm die Arbeit eine Zuflucht vor den viel komplizierteren zwischenmenschlichen Beziehungen. Denn Constantine
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