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Bekenntnisse eines perfekten Ehemanns

Bekenntnisse eines perfekten Ehemanns

Titel: Bekenntnisse eines perfekten Ehemanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Sprach-kenntnisse klarzumachen, daß meine Frau an mir besonders meine schönen Haare liebt, weshalb ich es gern nicht zu kurz trage. Hier, so bedeutete ich ihm mit unmißverständlichen Gebärden, sollte er nur eine Kleinigkeit wegschnipseln, hier eine noch kleinere, und hier überhaupt nichts. Dabei sprach ich so langsam, wie jemand, der nicht Rumänisch kann, rumänisch spricht.
    Der Immigrant hörte mir aufmerksam zu, denn er kam aus Polen. Infolge dieses geographischen Irrtums verwandelte er mich in einen stoppelhaarigen Matrosen, verpaßte er mir eine völlig überflüssige Shampoo-Massage und entleerte eine halbe Flasche Kölnischwasser auf mich. Von einem Normalfriseur hätte ich mir so etwas nie gefallen lassen. Aber Taddeusz, wie gesagt, war erst seit einer Woche im Lande und hätte jede Mißfallensäußerung von meiner Seite mit Recht als feindseliges, unjüdisches Verhalten empfunden.
    Die dritte Runde, abermals einige Wochen später, startete verheißungsvoll. Als ich eintrat, war der Neueinwanderer damit beschäftigt, die Barthaare eines anonymen Patriarchen zu stutzen, während Grienspan, der verläßliche Glatzkopf, vollkommen frei daneben stand. Schon hatte ich mich in seinen Sessel gesetzt, als Grienspan sich unvermittelt seines weißen Kittels entledigte und »Schluß für heute« sagte. Er wurde, wie ich im Spiegel sah, durch einen mir bisher unbekannten Dritten ersetzt, einen jungen Orientalen, der auf den Namen Schabbataj hörte.
    »Was ist gefällig?« fragte er in gutturalem Hebräisch. »Ein Haarschnitt, der Herr?«
    Ich befand mich in einer zwiespältigen Lage. Eigentlich hätte ich den Einwanderer Taddeusz vorgezogen, der sich ja schon als schweigsamer Handwerker bewährt hatte, und Schweigsamkeit ist eine von mir sehr geschätzte Eigenschaft. Andererseits hätte mein Beharren auf seine Dienste sehr leicht als Vorurteil gegen die orientalische Bevölkerungsgruppe unseres Landes wirken können, und nichts lag mir ferner. Grienspan, den ich in der Hoffnung auf einen Vermittlungsvorschlag flehend ansah, vertiefte sich in die Lektüre der Abendzeitung. Ich war allein auf mich gestellt.
    »Ich trage mein Haar eher lang«, informierte ich Schabbataj. »Tun Sie Ihr Bestes.«
    »In Ordnung, Boß, ich verstehe, Ihr Wunsch ist mir Befehl«, sprudelte Schabbataj, und sein Redefluß versiegte auch während der Behandlung nicht. Doch siehe da: nachdem ich über seinen Lebenslauf und über die wichtigsten Phasen der Geschichte Marokkos unterrichtet war, hatte er mehr Haar auf meinem Haupt gelassen als irgendeiner seiner Vorgänger in den letzten Jahren. Es war, alles in allem, eine angenehme Überraschung.
    Anfang April kam ich wieder und fand mich einer Situation ausgesetzt, die ich sofort als höchst gefährlich durchschaute: Grienspan war intensiv mit der Lockenpracht eines jugendlichen Avantgardisten beschäftigt, und ebenso intensiv lagen Taddeusz und Schabbataj auf Auslug nach einem Opfer. Tatsächlich deuteten sie beide gleichzeitig auf ihre leeren Sessel und ließen im Duett ihr »Bitte sehr« hören.
    Mit einem derart gordischen Knoten hatte ich es noch nie im Leben zu tun gehabt. Vom humanistischen Standpunkt aus gab es hier überhaupt keine Lösung. Wen immer ich wählte - dem andern bliebe nichts übrig als der Selbstmord.
    Nun, einer von beiden mußte es sein, oder eigentlich werden. Es wurde Schabbataj.
    Kaum saß ich in seinem Sessel, als ich meine Wahl auch schon bitter bereute. Taddeusz krümmte sich wie unter der Einwirkung eines elektrischen Schocks, obwohl er vermutlich gar nicht wußte, was das war. Mit kleinen, schlurfenden Schritten zog er sich in den Hintergrund des Gewölbes zurück, von wo alsbald ein leises Schluchzen erklang. Ich tat, als hörte ich nichts. Aber vor meinen geschlossenen Augen erstand die Vision von der Heimkehr des Taddeusz, und es umringten ihn seine Kinder und fragten: »Papo, dlazsego placzesz?«
    Und es antwortete ihnen Taddeusz: »Er hat den Andern gewählt .«
    Im übrigen schien auch Schabbataj unter der von mir so brutal herbeigeführten Entscheidung zu leiden. Er schnitt mein Haar, wie Taddeusz es geschnitten hätte: stoppelkurz.
    Diesen tragischen Zwischenfall galt es möglichst bald wiedergutzumachen. Möglichst bald war allerdings sehr lange, weil ich warten mußte, bis mein Haar nachgewachsen war, damit ich Taddeusz für die ausgestandene Unbill entschädigen könnte.
    Als ich den Zeitpunkt endlich gekommen sah, machte ich mich auf den Weg. Mein

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