Bekenntnisse eines perfekten Ehemanns
ist entzückt. Die letzte Ansichtskarte, die sie mir im Sommer schrieb, war von echter Herzlichkeit getragen. Wir sind stolz, daß es uns gelungen ist, die Probleme unseres täglichen Zusammenlebens mit den Mitteln der Vernunft und des guten Willens aus der Welt zu schaffen. Deshalb möchte ich Ihnen einen Rat geben, meine Freunde: Bevor Sie mit der Idee einer Scheidung zu spielen beginnen, bevor Sie erwägen, aus dem Hafen der Ehe auszulaufen, oder an irgendeine andere mondäne Lösung denken, sollten Sie eine gemeinsame Anstrengung unternehmen, die kleinen, unwesentlichen Schwierigkeiten, mit denen Sie es zu tun haben, im gegenseitigen Einverständnis zu beseitigen. Dann werden Sie eine ebenso glückliche Ehe führen wie ich.«
Gustav Schlesinger lehnte sich in seinen Sessel zurück und bot sich nicht ohne Selbstgefälligkeit unseren neidischen Blicken dar.
»Trotzdem«, sagte Ingenieur Glick. »Ich bleibe dabei, daß es mit dem ehelichen Zusammenleben in unserer Zeit nicht mehr richtig funktioniert. Ihr Fall ist eine Ausnahme.«
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Massive Massage
»Gibt es eine glückliche Ehe außerhalb der Ehe?«
Diese Frage stellt sich auch der vollkommenste Ehemann von Zeit zu Zeit. Ich, für meinen Teil, lese daher regelmäßig die Annoncen, die im »Kleinen Anzeiger« unserer Tageszeitungen unter der Chiffre »Körperpflege« oder »Verschiedenes« immer üppiger ins Kraut schießen. »Kraut« ist vielleicht kein passender Ausdruck, aber »üppig« kommt in manchen Texten ganz ausdrücklich vor. Zum Beispiel teilt mir eine »Exotin mit üppiger Oberweite« mit, daß sie meinen Anruf erwartet, oder es ist, im Gegenteil, »Marilyn, schlank, blond, langbeinig«, die sich mir als Masseuse empfiehlt. Vergebens denke ich darüber nach, inwieweit die Tatsache, daß Marilyn blond und nicht brünett ist, ihre Massage beeinflußt, und was die Oberweite einer Exotin mit ihrer Knet-Technik zu tun hat. Wie, frage ich mich, kommt das zu dem? Und warum hat man noch nie ein Inserat gelesen, in dem sich ein schlanker, sonnengebräunter Buchhalter um einen Posten bewirbt? Das Ganze ist also sehr geheimnisvoll. Was meint die vollschlanke Sandra, wenn sie mir »individuelle Behandlung in privater Atmosphäre« anbietet? Will sie damit sagen, daß sie, solange ich bei ihr bin, keinen anderen Rücken reiben wird? Und was heißt »privat«? Hatte sie etwa die Absicht, mich vor Zuschauern zu massieren? Die dunkelhäutige Schoschana hingegen, die mir »Halt! Überraschung!« zuruft - bläst sie ein Papiersäckchen auf, um es plötzlich dicht an meinem Ohr zu zerknallen? Oder macht sie mir eine Trillerpfeife zum Geschenk?
Noch tiefer beeindruckt mich die schmiegsame Lily, die mich schon beim Frühstückskaffee wissen läßt, daß sie auch noch nach Mitternacht zu einer Spezialmassage bereit ist. Man muß sich vorstellen, wie diese humanitäre Bereitschaft sich in der Praxis auswirkt. Da erwacht man beispielsweise um drei Uhr früh mit Schmerzen im Genick, und während man sich ankleidet, beruhigt man die aufgestörte Gattin: »Das alte Rheuma, Liebling. Dieser verdammte Ventilator im Büro. Ich mach nur rasch einen Sprung zur schmiegsamen Lily. Schlaf ruhig weiter ...«
Früher oder später erhebt sich die Frage, wie eine echte Masseuse klarstellen soll, daß sie wirklich massiert. Vielleicht durch ein Inserat des folgenden Wortlauts: »Frau Selma Friedländer, Anfang 50, häßlich, Brillenträgerin, bietet Heilmassage ohne jede Überraschung.« Oder soll sie sich einen anderen Beruf suchen?
Man muß sich jedoch darüber klar sein, daß die Kunst der Massage schon am Anfang der Menschheitsgeschichte stand, daß schon Adam, sofort nachdem Eva seiner Rippe entsprungen war, sich auf die Suche nach einer Masseuse machte, um die schmerzhafte Entsprungstelle ihren lindernden Händen anzuvertrauen. Mit anderen Worten: die Masseusen gehören zum ältesten Beruf der Welt, und es ist kein Wunder, daß sie sich gewerkschaftlich organisieren wollen.
Ich für meine Person habe allerdings nie verstanden, warum zwei erwachsene Menschen verschiedenen Geschlechts, wenn es sie drängt, von dieser Verschiedenheit Gebrauch zu machen, für die dazu nötige Zeitdauer nicht in aller Form heiraten und sich nach einer oder zwei Stunden nicht scheiden lassen sollten. Wem entstünde dadurch ein Schaden? Unsere hypokritische Gesellschaft gestattet jeder Frau, die ihre Seele dem Teufel oder einer politischen Partei verkauft, den Käufer
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