Bekenntnisse eines perfekten Ehemanns
Überschwemmung schon gediehen ist. Die Überschwemmung durch schwedische Nymphen.
Auf den Kinoplakaten meine ich.
Unsere Kinos haben auf ihre alten Tage endlich den Sex entdeckt. Statt Romantik und Exotik bieten sie uns - spät, aber doch - die nackte Wahrheit. Man kann keinen Schritt mehr machen, ohne vom Anblick einer blonden Sexbombe überwältigt zu werden, die gerade von einem Gorilla überwältigt wird. Bei näherem Zusehen entpuppt sich der Gorilla manchmal als Mensch. Aber das spielt keine Rolle. Die Rolle wird von der Sexbombe gespielt.
Gesprächsweise machte ich eine Bemerkung darüber zu unserem Wohnungsnachbarn Felix Seelig, und er sagte ja, wirklich, es ist kaum noch zum Aushalten. Jeden Morgen auf seinem Weg ins Büro bekommt er’s mit diesen nackten Weibsfiguren zu tun, alle in natürlicher Größe und in übernatürlicher Deutlichkeit, man weiß gar nicht, wohin man zuerst wegschauen soll.
Kein Zweifel, ich mußte mir selbst ein Urteil bilden. Zuerst betrachtete ich ausführlich eines der deutlichsten Plakate. Es war, sozusagen, ein Brustbild. Dann wandte ich mich den Aushängekästen zu. Auch dort gab es Brustbilder, nur in kleinerem Format, was die Bilder betraf. Ich dachte an den verheerenden Einfluß dieser Bilder auf unsere Jugend und beschloß, den verheerenden Einfluß des ganzen Films auf mich wirken zu lassen. Im nächsten Augenblick stand ich vor der Kassa und vor einem neuen Problem: Wie benimmt sich ein allseits respektierter Familienvater, der einen Pornofilm sehen will?
Ich hatte so etwas schon einmal gemacht, in New York, in sicherer Entfernung vom heimischen Herd, und nur weil mir in der Hetzjagd meiner beruflichen Verabredungen eine unverhoffte freie Stunde vergönnt war. Also ging ich ins nächste Kino, und da spielten sie zufällig einen Pornofilm. Es war grauenhaft. Bei meinem Eintritt war die Leinwand von einer Nahaufnahme ausgefüllt, ein sechs Meter großer Frauenmund öffnete sich zwei Meter weit und vollzog etwas Sinnliches in Farbe. Ich stürzte geschlossenen Auges auf die Straße hinaus, litt noch wochenlang unter einer schweren Impotenzneurose und war fest entschlossen, mir nie wieder einen Pornofilm anzusehen.
Und jetzt stand ich also vor dem Eingang zu einem heimischen Kinopalast und erwog den Ankauf einer Eintrittskarte.
Man muß zugeben, daß Kinobesitzer in aller Welt auf Väter Rücksicht nehmen: Die erste Vorstellung läuft bereits am Vormittag, wenn die strebsamen Söhne in der Schule sind. Trotzdem hielt ich es für besser, noch ein wenig zu warten.
Die erste Hürde war die Dame an der Kassa. Da ich befürchtete, daß sie mich vom Fernsehen her erkennen werde, veränderte ich mein Äußeres, indem ich freundlich dreinsah. Es klappte.
Im dunklen Zuschauerraum fand ich ohne Mühe einen guten Platz, ließ mich nieder und beobachtete mit Interesse, wie eine blonde Sexbombe, die mit dem Kopf nach unten an der Wand hing, von einem übellaunigen Neger geohrfeigt wurde. Gerade als ich mich in der Handlung zurechtzufinden begann, erschien auf der Leinwand die Ankündigung »Demnächst in diesem Theater«, und es wurde hell.
Lauter Lumpen, diese Kinobesitzer. Aus schnöder Habgier, nur um ein paar jämmerliche Tafeln Schokolade verkaufen zu können, setzen sie ihre Besucher den schlimmsten Gefahren aus und unterbrechen die Vorstellung. Es ist genau diese Art von schlechtem Management, die den wirtschaftlichen Niedergang herbeiführt. Ich rutschte in meinem Sitz nach vorn, so weit ich konnte, und begann mich vorsichtig umzusehen. Der Saal war zur Hälfte gefüllt, und die Hälfte bestand zur Gänze aus Männern mittleren Alters, nur da und dort ...
Um Himmels willen. Giora. Der Schulkamerad und beste Freund meines Sohnes Amir. Vierzehnjährig beide. Dort sitzt er. Statt in der Schule sitzt er in einem Pornofilm, trotz ausdrücklichem Jugendverbot. Wie komme ich von hier weg?
Ich nehme die Brille ab und verstecke mich hinter einer groß entfalteten Zeitung. Vor meinem geistigen Ohr ertönt die Stimme Amirs, der mich zu Hause mit den Worten begrüßt:
»Papi! Was höööre ich?«
Und dazu grinst er.
Wenn nur die Pause schon vorbei wäre! Sobald es dunkel wird, verschwinde ich.
Das ist leichter gedacht als getan. Inzwischen hat nämlich der Film begonnen und ist gar nicht so schlecht.
Man könnte ihn beinahe als gut bezeichnen. Die ersten Szenen sind jedenfalls vielversprechend. Sie schildern den Alltag einer durchschnittlichen schwedischen Familie. Die
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